Hamburg. Am 20. April kommen 400 exklusive Vinylscheiben in ausgesuchte Plattenläden – auch in Hamburg. Was Fans zu diesem Tag wissen müssen.
Am 20. April findet weltweit – und auch in Hamburg – wieder der Record Store Day statt, für den die Plattenfirmen mehrere Hundert exklusive Vinylscheiben in die Läden bringen. Sammler frohlocken, doch mancher stört sich an den bisweilen hohen Preisen, die aufgerufen werden. Ob sich der Einkauf lohnt, ist tatsächlich nicht allgemein zu beantworten. Der Grad der Liebhaberei spielt ebenso eine Rolle wie das zur Verfügung stehende Budget.
Record Store Day: Abzocke oder Fest für Schallplatten-Fans?
Klar ist nur: Vinyl erlebt derzeit einen nicht für möglich gehaltenen Höhenflug. Wurden in Deutschland 2006 gerade mal 300.000 Vinylscheiben abgesetzt, lag der Absatz 2022 bereits bei 4,4 Millionen Exemplaren. Tendenz weiter steigend. Nach einer vom Bundesverband der Musikindustrie in Auftrag gegebenen Umfrage, gibt es in Deutschland derzeit hochgerechnet 3,9 Millionen „Vinyl-Sympathisant:innen mit Kaufbereitschaft“ sowie 5,9 Millionen „Vinylaffine Bestandsnutzer:innen“, also Menschen, die regelmäßig Platten aus ihrer Sammlung auflegen. Schätzungsweise eine Milliarde Vinyl-Schallplatten befinden sich in deutschen Haushalten – auch Aktionen wir der Record Store Day tragen dazu bei, den Vinyl-Trend weiter zu fördern. Wir haben dazu die zehn wichtigsten Fragen für Sie zusammengestellt – und die Antworten, na klar!
1. Was ist am Record Store Day eigentlich so besonders?
Für Plattensammler und Vinylfans generell ist der seit 2007 veranstaltete Record Store Day (RSD) einer der hohen Feiertage im Jahr, weil hier etwa 400 Titel in den Handel kommen, die es so bisher nicht als Platte gab. Verkauft werden diese Titel am 20. April (zunächst) ausschließlich in unabhängigen Plattenläden, also nicht bei Elektromarktketten oder Onlinehändlern. Der Grund: Diesen Läden soll potenzielle Kundschaft zugeführt werden, die nach dem RSD weiterhin hier einkauft. Vieles ist eine weltweite Erstveröffentlichung auf Vinyl, manches erscheint erstmals in einer bestimmten Vinylfarbe, was natürlich vor allem passionierte Sammler mit Komplettierungsgen interessiert. Allerdings haben diese Platten ihren Preis.
2. Welchen Preis haben die denn, ist das Abzocke oder ein Fest für Schallplatten-Fans?
Viele Titel liegen zwischen 30 und 40 Euro, für Doppelalben werden durchaus 60 Euro verlangt. Kritiker sehen den Record Store Day deshalb als Abzocke, bei dem stark überteuertes Vinyl in den Handel gebracht wird. Für den größeren Teil der Sammlerinnen und Sammler, die sich zum Record Store Day auf den Weg machen, dürfte diese Frage eine untergeordnete Rolle spielen. Sie sind einfach hinter den Platten her.
Schlager- und Klassikfans gehen beim Record Store Day leer aus
3. Welche Platten werden in diesem Jahr angeboten, wo ist der Andrang am größten?
Die komplette Liste findet sich unter recordstoreday.de. Dabei sind von Rock und Pop über Jazz, Metal und Reggae fast alle Genres vertreten. Schlager- und Klassikfans gehen beim RSD allerdings leer aus. Besonders beliebt sind natürlich die Platten der Weltstars, in diesem Jahr etwa zwei Alben der Rolling Stones sowie eine 7-Inch-Single von Olivia Rodrigo und Noah Kahan.
4. Und wenn ich gar keinen Plattenspieler besitze?
Kein Problem: Der RSD kann ein guter Anlass sein, sich einen Plattenspieler zuzulegen. Einfache, aber für den Start völlig ausreichende Exemplare gibt es bei Fachhändlern wie Hifi Klubben (in Hamburg an der Stadthausbrücke 1–3, an der Eppendorfer Landstraße 7 und an der Großen Bergstraße 223) schon ab 229 Euro.
5. Welche Hamburger Plattenläden nehmen am Record Store Day teil?
Zehn Hamburger Schlallplattenläden beteiligen sich in diesem Jahr am Record Store Day. Und zwar: Back Records (Wohlwillstraße 24), Cruise Records (Seilerstraße 56), Freiheit & Roosen (Kleine Freiheit 80), Ju-Ju Trumpet (Erikastraße 50a), Michelle Records (Gertrudenkirchhof 10), OTAKU Records (Bleicherstraße 3), Plattenkiste (Gärtnerstraße 16), Remedy Records (Stellinger Steindamm 2), Selekta Reggae Record Shop, (Schulterblatt 18) und Zardoz Schallplatten (Marktstraße 55).
Besonders begehrt sind Platten von Weltstars wie den Rolling Stones
6. Lohnt es sich, vor dem Eingang eines Plattenladens zu übernachten?
Das hat es tatsächlich schon gegeben, doch in der Regel reicht es, maximal eine Stunde vor Ladenöffnungszeit (kann jeweils unterschiedlich sein!) anzustehen, um als eine oder einer der ersten den Laden betreten zu können und noch die freie Auswahl zu haben. Wichtig: Kaum ein Laden bestellt alle 400 Titel, sondern meist nur das, was seine Stammklientel interessiert. Bei der Plattenkiste dürften also vor allem Rock- und Metalfans zum Zuge kommen, beim Selekta Reggae Record Shop vor allem Freunde jamaikanischer Klänge. Läden wie Michellle oder Zardoz haben ein breit gefächertes Programm im Angebot.
7. Kann ich meine Wunschplatten auch online reservieren?
Das geht nicht, denn die potenziellen Käuferinnen und Käufer sollen ja persönlich am 20. April in die Plattenläden gehen und idealerweise später dort zu Stammkunden werden.
Von manchen Platten gibt es nur wenige Hundert Exemplare
8. Was kann ich tun, wenn meine Wunschplatten in den Hamburger Läden bereits ausverkauft sind?
Händler wie imusic, die auch einen sehr großen Onlineshop (imusic.de) haben, verkaufen am Tag nach dem Record Store Day übrig gebliebene Exemplare im Internet. Hier heißt es schnell sein, denn von den meisten Titeln gibt es weltweit nur einige Hundert bis wenige Tausend Exemplare. Ausnahmen sind Olivia Rodrigo/Noah Kahan, Pearl Jam und die Taylor-Swift-Vorband Paramore mit jeweils 15.000 Scheiben.
9. Und wenn Geld bei mir keine Rolle spielt?
Dann können Ebay oder die Plattensammler-Plattform Discogs helfen. Allerdings sind die Preise hier bisweilen extrem hoch. Im vergangenen Jahr wurde beim Record Store Day ein Doppelalbum von Taylor Swift veröffentlicht. Ladenpreis: 60 Euro. Bei Discogs derzeit im Angebot zu Preisen von 315 bis 2000 Euro, bei Ebay werden für „Folklore: The Long Pond Studio Sessions“ mindestens 399 Euro verlangt. Da darf Geld dann tatsächlich keine Rolle spielen.
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10. Gibt es in Hamburg spezielle Konzerte am Record Store Day?
In den vergangenen Jahren gab es auch in Hamburg immer wieder In-Store-Konzerte, also Auftritte in einem Plattenladen. In diesem Jahr ist stattdessen ein großes Konzert im Gruenspan geplant. Hier tritt am 20. April (20 Uhr) die Berliner Stoner-Rock-Band Kadavar auf. Karten kosten 40,15 Euro im Vorverkauf. Etwas kurios: Von Kadavar gibt es gar keine aktuelle Record-Store-Day-Veröffentlichung.