Hamburg. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen interpretiert Schubert und Brahms. Mancher lässt sich davon ganz schön aufschrecken.
Wenn Paavo Järvi Sinfonien der Wiener Klassik dirigiert, entwickeln diese Werke eine Energie, von der vermutlich selbst ihre Komponisten vor 200 Jahren nicht zu träumen gewagt hätten. Das hat er mit der Deutschen Kammerphilharmonie bereits bei seinem Beethoven-Projekt, aber auch bei vielen selten gespielten Haydn-Sinfonien und zuletzt am Mittwoch bei den ersten beiden Sinfonien des bei der Entstehung erst 17-jährigen Franz Schubert in der Elbphilharmonie unter Beweis gestellt.
Elbphiharmonie Hamburg: Wie Järvi Schuberts Schwächen ausgleicht
Auch wenn diese Frühwerke, wie Johannes Brahms, der diese Werke mal als Herausgeber für den Verlag Breitkopf & Härtel zu betreuen hatte und ihre Schlichtheit beklagte, noch nicht ausgereift waren, werden manche ihrer Schwächen durch Järvis fantastische Interpretation ausgeglichen. Die langsame Einleitung der Sinfonie Nr. 2 D 125 ließ er mit einem kraftvollen Auftakt beginnen, aus dem sich ein heller Triller in der Flöte löste, der zu einem wundervoll zart gespielten lyrischen Abschnitt überleitete.
Doch das währte auch nur kurz, denn gleich schossen die Streicher im Allegro vivace mit rasenden Läufen davon. Wenn Järvi die nervöse Unruhe dann auch noch in ein extremes Pianissimo zurückdrängte, nur um die Wirkung eines straff gespannten Neuaufbaus zu steigern, war man von den Kontrasten geradezu verblüfft. Toll war es auch, wie die Kammerphilharmonie im Mittelteil des dritten Satzes von Schuberts Erster einem Fagott-Solo die Bühne bereitete und am Ende dieses Parts so stark verlangsamte, dass die Rückkehr zum schwungvollen Allegro einen fast aufschrecken ließ.
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Elbphilharmonie: Ersatz-Geigerin spielt Brahms
Nicht minder großartig klang das Violinkonzert D-Dur op. 77 von Brahms, für das die Geigerin Veronika Eberle als Vertreterin der ursprünglich vorgesehenen Nicola Benedetti, die ihr Kind erwartet, eingesprungen war. Mit der schlanken Besetzung der Kammerphilharmonie verlor das sonst so markig und massiv wirkende sinfonische Werk seine ganze Schwere, und Eberle konnte alle Nuancen ihres komplexen Violinparts bravourös freilegen.