Hamburg. Der Abend „Spuren im Sand“ hatte im Schmidtchen Premiere. In Gerburg Jahnkes Regie darf mit HP Lengkeit gesungen und gelacht werden.

Die große Geste, die stimmt schon mal. Mit weit ausgebreiteten Armen im dunklen Sakko betritt er zur Musik aus den Boxen im Kegel der Scheinwerfer den Saal, nimmt sogleich Tuchfühlung zu seinen (weiblichen) Fans auf. „Ute, Anika, Natascha“, er scheint sie alle zu kennen. Heinz-Peter „HP“ Lengkeit gibt die Lichtgestalt Howard Carpendale.

Aus der Haut des Sängers und Entertainers wird der Kabarettist und Schauspieler in den nächsten zwei Stunden so schnell nicht mehr rauskommen, obwohl er zum Ende der Show auch mal über sich selbst wird lachen müssen. Als „Haui“ (nicht „Howie“) hinterlässt er im Schmidtchen seine „Spuren in Sand“. So heißt der Abend, den Lengkeit mit Regisseurin Gerburg Jahnke geschrieben hat. Als Gastspiel des Ebertbad-Theaters Oberhausen soll es bis Ende Mai nicht nur Carpendale-Fans auf den Kiez locken.

Mit Spitzen gegen Trump: Carpendale-Persiflage im Schmidtchen

Es ist ein Schlager-Theater mit mal mehr, mal weniger ironischer Fallhöhe, wie es Freunde deutscher Titel in Hamburg schon aus den beiden Duo-Programmen von Liedgut-Lady Mary Roos (75) und Schmidt-Hausgrantler Wolfgang Trepper (62) kennen. Auch bei „Haui“ dreht sich die Geschichte um die Karriere einer Schlager-Ikone, basierend auf Fakten über den inzwischen 78-jährigen Carpendale, angereichert mit etwas Fiktion sowie gut und gern absurd überhöht.

Bevor Lengkeit „Hello Again“ sagt und singt, etwa mit der neuen Liedzeile „Ein Jahr lang war ich ohne Gissscht“, stellt er seinen Begleiter vor, den versierten Gitarristen Peter Engelhardt. Beide legen später zu „Frrremde oder Frrreunde“ ein rockiges Gitarren-Duett hin. Hauptdarsteller Lengkeit beherrscht das Timbre des Sängers ebenso wie dessen britischen Akzent: „Immer diese Gerrüssche“ .... Getreu Carpendales Maxime, dass in der Show die Ansagen sehr wichtig. sind, schmückt Lengkeit diese aus, führt das großteils verzückte Publikum trotz einiger verzichtbarer Kalauer („Was ist weiß und fliegt durch die Luft? Biene Mayo“) an die zwölf ausgewählten Songs heran.

„Dann geh doch“: Im Mitsingteil erweisen sich weibliche Carpendale-Fans textsicher

Einer gewissen Meta, in deren Wirtshaus im ostfriesischen Norddeich der gebürtige Südafrikaner und Hobby-Golfer erstmals hierzulande auftrat, widmet HP Lengkeit „Deine Spuren im Sand“. Denn: „Das größte Geschenk, das eine Frau einem Mann manchen kann, ist eine Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland“, spottet er. Und als Elvis-Imitator, der Carpendale vor seiner Schlager-Laufbahn ebenfalls gewesen ist, heimst Lengkeit mit hochgestelltem Kragen und ausgefeiltem Hüftschwung zu „Suspicious Minds“ den bis dato größten Applaus ein.

Was da noch kommen kann? Nun, ein ausführlicher angeleiteter Mitsingteil zu „Dann geh doch“, bei dessen Liedzeilen sich die Frauen (rund zwei Drittel der Besucher) im Schmidtchen als weitaus textsicherer erweisen. Natürlich „Tür an Tür mit Alice“, das fast ebenso mitgröltaugliche „Ti Amo“, aber auch eine überraschende und feine Interpretation von Ulla Meineckes „Die Tänzerin“.

Im Schmidtchen verteilt „Haui“ alias Darsteller HP Lengkeit Seitenhieb gegen Trump

Dabei verzichtet HP Lengkeit auch mal auf die große Pose, (noch) nicht aber auf seine Perücke. Auf die blonde Edel-Mähne hat der ausgereifte Kleinkünstler den ganzen Abend lang Wert gelegt, hat sie immer wieder geordnet, gehegt und gepflegt und ins rechte Licht gerückt Und hat ihr mit „Du bist meine Frisur“ sogar ein eigenes Lied gewidmet. „Meine Frisur hat noch keinen Krieg angefangen“, sagt „Haui“ mit einem Seitenhieb auf Donald Trump.

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Nackt steht Lengkeit auch nach einer Zugabe („My Way“) nicht da. Im Foyer gibt es für die Fans noch Selfies und haufenweise eigene Autogrammkarten. Nur keine CD.

„Spuren im Sand“ bis 20.4. und 22.–25.5., Mi 19.00, Do 19.30, Fr/Sa jew. 20.00, Schmidtchen (U St. Pauli), Spielbudenplatz 21/22; Karten ab 21,70 (zzgl. Gebühren) in der Hamburger-Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18–32; www.tivoli.de Abendblatt-Abonnentinnen und Abonnenten erhalten 20 Prozent Rabatt auf die Tickets. Infos unter www.abendblatt.de/treueprogramm