Hamburg. Psychotherapeutin und Ex-Wasserschutzpolizist lassen in „Tod an den Landungsbrücken“ kenntnisreich im Barkassen-Milieu ermitteln.
Als die Sonne durch die Wolkendecke bricht, haucht der Mann sein Leben aus. Der Tote war Kapitän einer Barkasse, erschlagen liegt er jetzt an Bord seines Schiffes direkt an den Hamburger Landungsbrücken. „Tod an den Landungsbrücken“ heißt denn auch das kriminalistische Debüt des in Hamburg lebenden Autoren-Ehepaars Angélique Kästner und Andreas Kästner.
Bei den beiden Kästners kommt so einiges zusammen, was hilfreich sein kann, will man sich in die weite Welt der Kriminalliteratur hinauswagen. Sie, gebürtige Hamburgerin, ist Psychotherapeutin und hat Erfahrungen im Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes gesammelt; er, geboren in Wismar, arbeitete nach seiner Ausbürgerung aus der DDR gut 20 Jahre lang als Hauptkommissar bei der Hamburger Wasserschutzpolizei.
So viel Hamburger Hafen war noch in einem Kriminalroman
Der Hafen ist Andreas Kästner in gewisser Weise zur zweiten Heimat geworden, jedenfalls spricht das im ersten Teil des Romans aus jeder Seite. Die Stärke dieses umfangreichen Wissens über die Abläufe im Hafen und bei der Wasserschutzpolizei ist allerdings anfangs die Schwäche dieses ansonsten gelungenen Debüts – denn der Wille, jenes Wissen den Lesern und Leserinnen bis ins kleinste Detail hinein zu vermitteln, legt sich wie ein Mantel auf die eigentliche Geschichte. So recht vermag sie sich unter dieser Last erst einmal nicht zu entwickeln.
Und auch Jonna Jacobi, die ermittelnde Kommissarin, kommt kaum aus dem Staunen heraus, was der Wasserschutzpolizist Tom Bendixen ihr so alles über den Hafen und seine Arbeit zu erzählen weiß. Dabei arbeitet Jonna seit rund 30 Jahren bei der Kripo, sollte Stadt und Hafen eigentlich in jener Zeit gut kennengelernt haben, schließlich steht sie kurz vor der Pensionierung …
Ist der Krieg zwischen rivalisierenden Barkassenunternehmen das Motiv?
Als Jonna und Tom mutmaßen, dass der Krieg zwischen rivalisierenden Barkassenunternehmen ein mögliches Motiv für den Mord an Kapitän Lutteroth liefern könnte, wendet sich das Blatt letztlich dramatisch – und die Geschichte nimmt Fahrt auf. Isabell Lutteroth, die junge und in tiefe Verzweiflung gestürzte Witwe des Kapitäns, ist plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Dabei hätte sie bei aller Trauer schlussendlich wohl sogar profitiert vom Tod ihres Mannes.
Barkassen hin, Barkassen her – am Ende steckt natürlich etwas ganz anderes hinter dem Mord. Das beginnen die Ermittler spätestens in dem Moment zu ahnen, als sie an Bord eines Schiffes illegale Militaria entdecken und der ganze Nebel an Lügen sich langsam zu lichten beginnt.
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So viel Hafen war vermutlich noch nie in einem Hamburg-Krimi wie in diesem lesenswerten Debüt. Allerdings: Der zweite Roman ist ja häufig der schwierigere, heißt es. Das wird sich zeigen. „Tod im Schatten der Elbflut“ heißt das Buch, Ende des Jahres soll es offenbar erscheinen.