Hamburg. Die Hamburger Sängerin galt als der kommende Superstar, doch dann musste sie gegen Ängste kämpfen. Jetzt trat sie im Bahnhof Pauli auf.
Musik kann stützen und stärken. „Ich bin so froh, dass ich euch und mir selbst mit meinen Songs helfen kann“, sagt Zoe Wees gegen Ende ihres Konzerts. Die Hamburger Sängerin macht auf ihrer „Therapy Sessions Tour“ Station im Bahnhof Pauli. 400 Fans stehen dicht an dicht in dem Kellerclub. Einige haben sogar extra auf Klappstühlen vor dem Eingang gewartet. Und doch sorgt es für Verwunderung, dass Zoe Wees in solch einer kleinen Location auftritt.
Zoe Wees im Bahnhof Pauli: Mit intimen Konzerten gegen psychischen Druck
Nach dem großen Karriereschub durch ihre Single „Control“ vor vier Jahren und Auftritten in US-Shows von James Corden bis Jimmy Kimmel schien ihr Weg geradewegs in die großen Arenen zu führen. Doch das lange angekündigte Debütalbum ließ auf sich warten und erschien schließlich im November 2023 bei der renommierten Plattenfirma Capitol Records. Der Titel „Therapy“ weist die Richtung: Flankierend erschienen Videoclips, in denen Zoe Wees mit ihrer Hamburger Therapeutin Manuela Hein über ihre Ängste und Panikattacken spricht. Also galt es, den Druck herauszunehmen. Sichere Räume zu schaffen. Sich in einem intimen Rahmen zu verbinden.
Im Bahnhof Pauli, der einer U-Bahn-Station nachempfunden ist, geht es tief hinab in die Gefühlswelt. Aber immer wieder auch hoffnungsvoll empor. Diese Offenheit spricht ein äußerst gemischtes Publikum an. Die ganz jungen Fans warten mit ihren Eltern direkt neben der Bühne, auf der drei große weiße und von Blättern umrankte Buchstaben stehen: ZOE. Eine verwunschene Selbstbehauptung.
In einem Song entschuldigt sich Zoe Wees bei ihrer Mutter
„Geht’s euch gut?“, ist das Erste, was Zoe Wees fragt, als sie ins Rampenlicht tritt. Noch bevor sie einen Ton anstimmt. Aufeinander achtgeben – diese Praxis durchzieht den gesamten Abend. Bis zu dem Punkt, als es einem Fan in der ersten Reihe zwischenzeitig nicht gut geht und Zoe Wees kurz das Konzert unterbricht, um für Wasser und Hilfe zu sorgen.
Ihre Show beginnt sie mit „Sorry For The Drama“, einer Entschuldigung an ihre alleinerziehende Mutter. „Ich bin sehr nervös, ich zittere ein bisschen“, sagt Zoe Wees. Nahbar ist sie und zugleich glamourös in ihrem weißen Minirock-Outfit mit silbernen Ketten. Weiß-rosa Strähnen fließen unter einer Mütze hervor. „Ich bin sehr froh hier zu sein in meiner Heimatstadt.“ Umgeben von ihren Lieben. Das Musikleben sei ihr Traum, aber einsamer, als sie dachte. Von diesem Zwiespalt erzählt die 22-Jährige in der eindringlichen Powerballade „Hold Me“.
Zoe Wees singt sich aus ihren Krisen heraus, singt sich Kraft herbei
Ihren Gesang holt sie in diesen Songs tief aus ihrem Innern. Die Koloraturen ihrer beeindruckenden Stimme nutzt sie dabei nicht kunsthandwerklich. Im Vordergrund steht die Emotion. Stark und zugleich verletzlich. Mitunter scheint sie in ihren Gesang hineinzuweinen. Dann wiederum drückt sie Trauer und Wut voller Wucht heraus. Sie singt sich aus ihren Krisen heraus, singt sich ihre eigene Identität und Kraft herbei. Begleitet von Gitarre, Piano sowie von extra Wumms aus der Anlage.
Mitunter wünscht man sich, ihre Stimme noch purer zu hören. Doch der Popsound gibt Schub. Zoe Wees badet regelrecht in dieser Energie. Immer wieder winkt sie einzelnen zu, nimmt Blumen entgegen und umarmt einen traurigen Fan, bevor sie „Hold Me Like You Used To“ anstimmt, einen Song für ihre Uroma. „Wir schaffen das“, sagt sie. Eine aufrichtige Wärme.
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Ihren Hit „Girls Like Us“ singt sie gemeinsam mit der Londoner Musikerin Persia Holder, die mit ihren Soulsongs am Piano ein berührendes Vorprogramm gestaltet hat. Und bei „Control“ schickt das Publikum mit Luftballonherzen und Taschenlampenlichtern viel Liebe in Richtung Bühne. Ein intimer Abend mit großer Leuchtkraft.