Hamburg. Die US-Saxofonistin Lakecia Benjamin war so begeistert von Hamburg, dass sie ihrer Band auf der Bühne vorschlug, hierher umzuziehen.

Ihre Band hat schon Platz genommen und spielte den Intro-Song, als Lakecia Benjamin in einem goldenen Outfit auf die Bühne der Elbphilharmonie stürmt und ihre Begeisterung über das ausverkaufte Haus herausschreit. „I‘m a wild woman from New York“, ruft sie und fordert „Love“ und „Peace“. Dann setzt „die wilde Frau aus New York“ ihr Altsaxofon an den Mund und bläst die ersten Chorusse eines Stückes, das dem großen John Coltrane gewidmet ist.

Elbphilharmonie Hamburg: Lakecia Benjamin – die „wilde Frau aus New York“ sorgt

Der Sound ist erstaunlicherweise extrem mies, Klavier und Bass sind gar nicht zu hören, doch das ändert sich zum Glück im Laufe des 90-minütigen Konzerts. „Wir wollen Frauen im Jazz feiern,“ kündigt die Saxofonistin an und macht mit dem „Amerikkan Skin“ von ihrem Erfolgsalbum „Phoenix“ weiter.

Die Nummer ist gerade für einen Grammy nominiert worden – ebenso wie „Phoenix“ und die Komposition „Basquiat“ – und eine Hommage an die radikale schwarze Bürgerrechtlerin Angela Davis, die zur Black Panther Party gehört hat. Benjamin zeigt, dass sie nicht nur herausragend Saxofon spielen kann, sondern auch eine exzellente Rapperin ist. Sie zitiert Davis, die Ende der 60er-Jahre mehr Macht für das Volk und insbesondere für die Schwarze Bevölkerung in den USA gefordert hat.

Über die Elbphilharmonie Hamburg: „Dies ist der beste Ort, an dem ich je gespielt habe“

Die Musikerin, 1982 im New Yorker Viertel Washington Heights geboren, versteht sich als politische Künstlerin, aber sie ist auch eine formidable Entertainerin. Immer wieder lobt sie die Elbphilharmonie („Der beste Ort, an dem ich je gespielt habe“), das deutsche Essen („Kein Vergleich mit Frankreich, wo wir gerade herkommen“) und Hamburg („Hier riecht es einfach gut“). Die Begeisterung für die Hansestadt geht sogar so weit, dass sie zu ihrer Band sagt: „Wir sollten New York verlassen und hierher umsiedeln.“ Das hört das Hamburger Publikum natürlich gern: Endlich mal jemand, der nicht nach Berlin will, sondern Hamburg präferiert.

Das Hamburg-Debüt der New Yorkerin bleibt wild. Immer wieder hüpft und springt sie über die Bühne, treibt ihre exzellente Band an und bläst sich die Seele aus dem Leib. Ein Höhepunkt ist dabei ihre Interpretation von „My Favourite Things“, mit dem sie John Coltranes Ehefrau Alice ehrt. „Trane“ hat das Musical-Lied mit seiner Version berühmt gemacht, Benjamin zitiert nur das Thema und liefert eine gänzlich neue Bearbeitung ab. Sie lässt ihr Saxofon aufschreien, spielt eine energetische freie Improvisation und beendet die Nummer vor E.J. Stricklands Schlagzeug auf den Knien – was John Coltrane sicher gefallen hätte. Im Programm hat sie mit „Going Home“ auch ein Stück von Alice Coltrane; das berühmte „Amazing Grace“ spielt sie gemeinsam mit dem Pianisten Oscar Perez.

Als Zugabe gibt es Lakecia Benjamin „A Love Supreme“ von Coltranes

Lakecia Benjamin präsentiert sich in der Elbphilharmonie nicht nur als wilde, sondern auch als selbstbewusste Künstlerin. Ihr Auftritt ist ein Beispiel für Leidenschaft, überbordende Lebens- und Spielfreude, künstlerische Klasse und Entertainer-Qualitäten. Das Publikum im ausverkauften Großen Saal ist nach dieser Sternstunde des zeitgenössischen Jazz euphorisiert. Als Zugabe spielt sie Coltranes „A Love Supreme“ und jeder im Saal skandiert den Refrain mit.

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Danach eilt sie von der Bühne über die Treppen in Richtung Etage 13, klatscht sich mit ein paar Zuschauern ab, um dann am Merchandising-Stand CDs und Vinyl zu signieren und Selfies zu machen. Auch in Sachen Vermarktung ist Lakecia Benjamin ein Vollprofi.