Hamburg. Warum der Abend „The Symphonic Music of Wayne Shorter“ keine gelungene Würdigung der verstorbenen Jazzikone war.

Es sei ein „struggle“, also ein Ringen, um Komposition und Improvisation zusammenzubringen, sagte Terri Lyne Carrington. Als Schlagzeugerin war sie am Dienstag in der ausverkauften Elbphilharmonie Teil eines großen Projektes mit dem Titel „The Symphonic Music of Wayne Shorter“. Der große Jazz-Saxofonist, am 2. März dieses Jahres im Alter von fast 90 Jahren gestorben, gilt als einer der größten Instrumentalisten und Komponisten der Jazzgeschichte. Er hat nicht nur für seine Combos wie die Fusion-Band Weather Report oder sein Quartett Musik geschrieben, sondern auch für große Orchester.

Zu seinem 90. Geburtstag am 25. August sollte exakt das Programm, das in Hamburg nun von den Hamburger Symphonikern und einem Quartett plus der Sängerin Esperanza Spalding aufgeführt wurde, gespielt werden. Shorter erlebte den Tag nicht mehr, in der Elbphilharmonie ist dieses geplante Geburtstagsprogramm zum ersten Mal komplett zu hören.

Konzert Elbphilharmonie: Orchester und die Jazzmusiker harmonierten leider nicht

Leider ging diese großartige Idee nicht auf. Lag es daran, dass das Orchester und die zur Weltklasse zählende Jazz-Combo nur eine gemeinsame Probe hatten? Oder lag es generell an dem Problem, dass die vier Virtuosen es schon dynamisch sehr schwer haben, sich gegen die 67 Musiker und Musikerinnen des Orchesters durchzusetzen. Jedenfalls war von der Meisterschaft eines Ravi Coltrane, der mit seiner Band vor ein paar Monaten das Publikum mitgerissen hat, nichts zu hören. Auch Danilo Pérez (Klavier) und John Patitucci (Bass), beide langjährige Mitglieder in Shorters Quartett, und Carrington kamen an diesem Abend nicht so zum Zuge, wie sich das mancher Jazzfan gewünscht hätte.

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Von den amerikanischen Künstlern konnte nur Esperanza Spalding ihre Qualitäten als Sängerin zeigen. Bekannt geworden ist sie eigentlich als Bassistin, doch in Hamburg übernahm sie die Vokalparts in der Suite Nr. 1 aus Shorters 2021 uraufgeführter Oper „Iphigenie“ und in der 25-minütigen Komposition „Gaia“. Auf Shorters Wunsch hat sie dafür ein Libretto geschrieben. Nonverbaler Gesang mündete in Worte, eine Narration im eigentlichen Sinne fand nicht statt, es ging vor allem um Klänge. Spalding erwies sich dabei als Sängerin mit großem Stimmumfang und erinnerte in ihrem Gesang an ihre ältere Kollegin Abbey Lincoln.

Rundell gelang es nicht, die Feinheiten von Shorters Kompositionen herauszuarbeiten

Die Symphoniker Hamburg wurden von Clark Rundell geleitet, der die Uraufführung von „Iphigenia“ 2021 in Boston dirigiert hat. Doch Rundell gelang es nicht, die Feinheiten von Shorters Kompositionen herauszuarbeiten. Große Teile des Konzertes blieben ein Klangbrei. Zu keinem Zeitpunkt an diesem Abend erreichte die Musik magische Momente, die Shorters Kompositionen eigentlich auszeichnet. Aber vielleicht passen die zwei Welten aus sinfonischen Kompositionen und improvisierten Jazzklängen nicht zusammen. Spalding hat Wayne Shorter einmal als „magisches Kraftfeld“ bezeichnet, an diesem Abend war davon nichts zu spüren.