Hamburg. Die Performanceguppe Frauen und Fiktion zeigt im Lichthof Theater ihr neustes Stück und stellt dabei die Frage: Was bedeutet es zu erben?

Großtante Antonida ist gestorben. Beziehungsweise: Sie ist gerade dabei, zu sterben. Nimmt man zumindest an. Jedenfalls trauert man schon einmal. Und überlegt sich, was von Antonida bleibt. Was sie hinterlässt. Natürlich gibt es etwas zu erben, Materielles: Möbel, Schmuck, den Hauspapagei Marvin. Und sonst? Sollte man ein Lebenswerk weiterführen? Ein Erbe ist auch immer ein Rätsel, meint Charlotte Pfeifer, und der erste Schritt ist, herauszufinden, was das eigentlich für ein Rätsel ist.

Die Performanceguppe Frauen und Fiktion beschäftigt sich in ihrer Reihe „Cash Club“ seit zwei Jahren mit finanziellen Fragen. Nach der Konferenz „Wir reden über Geld“ (Mai 2022) ist „Die bitteren Tränen einiger ehrlicher Erb*innen“ die zweite Produktion, die das Kollektiv am Lichthof Theater zeigt. Was durchaus stimmig ist: Die Menschen, die aktuell am Beginn ihres Berufslebens stehen, dürfen nicht darauf hoffen, durch eigene Arbeit große Reichtümer anzuhäufen, sie dürfen auf ein Erbe hoffen.

Theater Hamburg: Die große Frage nach dem Erben

Auf der Bühne heißt das, dass sich Pfeifer entlang literarischer Vorbilder überlegt, wie man sich mit dem Prinzip Erbe anfreundet. In Dostojewskis „Der Spieler“, in Tschechows „Der Kirschgarten“: überall verhinderte Erben. Die Unklarheit des eigenen Besitzes freilich in die Lethargie führt.

Sollte man das Prinzip von vornherein ablehnen? Der Linksanarchist Michail Bakunin hatte gefordert, das Erben abzuschaffen, allein: Bakunin forderte auch das Verbot von Grundbesitz, weiß Pfeifer, und das war ebenso erfolglos. Also muss man irgendwie mit der Aufgabe, die einem hier gestellt ist, umgehen. Und erst mal einen Sekt köpfen.

Theater Hamburg: Performancegruppe bezieht Publikum mit ein

Der Abend zumindest verzettelt sich hier auf eine ganz reizende Weise. Das Publikum wird gefragt, was es denn mit einem geerbten Fabergé-Ei anstellen würde. Antwort: verkaufen. Bloß keine Aufgabe annehmen. Pfeifer singt ein Lied, räkelt sich auf der Bühne, wechselt das Kostüm (Felina Levits), das ist schön anzusehen, ebenso wie die Lichtstimmungen, die hübschen Videoverfremdungen (Paula Reissig).

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Es führt nur nirgendwo hin. Der Abend funktioniert, aber er funktioniert vor allem wegen der atemberaubenden Bühnenpräsenz Pfeifers, nicht, weil Sahba Sahebis Regie eine echte Idee hätte. Das Rätsel Erbe: Es wird hier nicht gelöst. Es wird nicht einmal wirklich überlegt, was gelöst werden will.

„Cash Club II – Die bitteren Tränen einiger ehrlicher Erb*innen“ wieder am 15., 16. März, 20.15 Uhr, 17. März, 18 Uhr, Lichthof Theater, Mendelssohnstraße 15b, Tickets unter www.lichthof-theater.de