Hamburg. Choreografin Adrienn Hód und Kompanien Hodwork und Unusual Symptoms begeistern mit inklusiver Tanzperformance „Harmonia“.

Die zehn Tänzerinnen und Tänzer verteilen sich auf der an allen vier Seiten von Zuschauerreihen umgebenen Kampnagel-Bühne. Und bearbeiten einander gegenseitig. Körper mit und ohne Handicap verschmelzen dabei. Mal werden Muskeln massiert, dann wieder kommt es zu athletischen Verrenkungen, in denen ein Körper den anderen trägt, alles ist ein Biegen, Tragen, Dehnen.

Es geht stark weiter mit dem inklusiven Schwerpunkt beim diesjährigen Festival Fokus Tanz #10 „Sorry Not Sorry“ auf Kampnagel. Mit „Harmonia“ gastiert eine außergewöhnliche Tanzperformance der Choreografin Adrienn Hód und ihrer Kompanie Hodworks in Kooperation mit Unusual Symptoms, der Tanzkompanie des Theaters Bremen. Diese hat auch die Jury der diesjährigen Bestenschau, der Tanzplattform 2024, überzeugt.

Kampnagel: Sinnlich-lustvolle Verrenkungen beim Festival Fokus Tanz

Selten hat man Tanzende so selbstverständlich und scheinbar mühelos in ihrer Einzigartigkeit miteinander agieren sehen. Dabei wummert ein basslastiger, immer lauter werdender Rhythmus und treibt die Tanzenden zu immer anspruchsvolleren Hebe- und Dehn-Figuren und zu raffinierter Bodenarbeit an. Nora Ronge etwa stützt sich auf den im Rollstuhl sitzenden Florent Devlesaver und weitet die Beine zum Spagat in der Luft.

Szene aus der Tanzperformance „Harmonia“ der Kompagnie Hodworks in Kooperation mit Unusual Symptoms auf Kampnagel.
Szene aus der Tanzperformance „Harmonia“ der Kompagnie Hodworks in Kooperation mit Unusual Symptoms auf Kampnagel. © Jörg Landsberg | joerg landsberg

Je lauter die Musik wird, desto freier bewegt sich das Ensemble, die Textilien fallen bis auf die Sport-Dessous. Der Rollstuhl wird in Einzelteile zerlegt und kurzerhand zum Fitness-Werkzeug. Gegenüber verknäulen sich Young-Won-Song und Paulina Porwollik kunstvoll ineinander.

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Ist der erste, lange Part geschafft, werden die Kleider wieder übergeworfen. Die Stimmung ist aufgekratzt, denn nun legen die Ensemblemitglieder individuelle Soli hin – je nach Geschmack zu einem hochgepitchten Soundtrack aus Klassikern der 1980er-Jahre, von Gloria Estefans „Conga“ bis zu Bananaramas „Cruel Summer“. Andor Rusu wirft seinen Körper zu Boden und dreht ihn noch im Fallen. Leisa Prowd legt eine laszive Stuhl-Performance hin. Die Dynamik und die Fröhlichkeit der Tanzenden ist ansteckend, alle Barrieren und Hierarchien lösen sich auf. Und das auf eine lustvolle, sinnliche und auch selbstironische Weise. Herausragend.

Fokus Tanz #10 „Sorry Not Sorry“, bis 2.3., Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten unter T. 27 09 49 49; kampnagel.de