Hamburg. Das Festival „Fokus Tanz #8“ verbindet auf Kampnagel ganz unterschiedliche Stile. Wie „House of Brownies“ die Tanzszene aufmischt.
Grazile Ballett-Posen, gespickt mit Armbewegungen aus der Voguing-Ballroom-Tradition, das Ganze vielleicht noch auf High Heels mit einem Schuss Drag. Damit besticht unter anderem derzeit das Kollektiv „House of Brownies“. Die Idee dahinter ist ungewöhnlich: Ensemblemitglieder des Hamburg Balletts wie Pascal Schmidt fanden sich mit schwarzen und People-of-Color-Tänzerinnen und Tänzern zwischen Hamburg, Leipzig und Wuppertal zusammen. Und mischen gemeinsam die Tanzszene auf.
Schmidt probt derzeit auf Kampnagel für das neue Stück des ivorischen Choreografen Franck Edmond Yao mit dem Titel „Transformation“ (2. bis 5.3.), in dem Tanzstile wie Afro Contemporary und Afrobeat, aber auch Voguing (Tanzstil der queeren Subkultur aus der New Yorker Ballroom-Szene der 1970er-Jahre) zerlegt und neu zusammengesetzt werden. Sie ist Teil des diesjährigen Tanz-Schwerpunktes „Fokus Tanz#8“ auf Kampnagel zum Thema „Fusion aus Hip-Hop, Voguing, African, Ballett und anderen Stilen“ bis zum 5. März.
Kampnagel Hamburg: „Ballett ist schwierig. Punkt“
Auch darin geht es um eine subversive Dekonstruktion verschiedener Tanzstile. Pascal Schmidt, geboren in Nepal, aber schon früh Kosmopolit, hat ursprünglich auf Jamaika mit Modern Dance begonnen. Ein Stipendium ermöglichte ihm eine vierjährige Tanzausbildung in Mannheim. Es folgten drei Jahre im Bundesjugendballett und zwei weitere als Teil des renommierten Hamburg Balletts John Neumeiers. „Ballett ist schwierig. Punkt“, sagt Schmidt lachend in der Erinnerung an lange Acht-Stunden-Trainingstage. „Mein Vorteil war, dass ich spät mit dem Ballett angefangen habe. Weil ich älter war als meine Kommilitonen, hatte ich ein besseres Verständnis für meinen Körper.“
Schmidt tanzte im „Weihnachtsoratorium“ einen der Heiligen Drei Könige und in der „Bach Suite“ auch bei Gastspielen etwa in New York. „Ich habe viel Glück gehabt.“ Doch dann kam kurz vor der Pandemie eine Phase, in der Schmidt eine Pause einlegen, sich nach dem Trainingsstress selbst wiederentdecken wollte. Mit gleichgesinnten Ballett-Tänzerinnen und -tänzern entstand „House of Brownies“ zunächst als Freundesgruppe, die durch die Clubs zog. Schließlich kam es zu einem Auftritt bei der Black Pride Leipzig. „Da haben wir gesehen, wir werden gebraucht“, sagt Schmidt. „Wir wollen Schwarze und People of Color hervorheben.“
Kampnagel Hamburg: Genres treffen aufeinander
Kampnagel-Tanzdramaturgin Melanie Zimmermann geht es in der diesjährigen Ausgabe des Festivals „Fokus Tanz#8“ darum, unterschiedliche Genres aufeinandertreffen zu lassen. Von Afro, House bis zu Hip-Hop-Stilen. „Begriffe wie Streetdance oder Urban sind irreführend, weil sie meist für eine Vielzahl von verschiedenen Stilen stehen. Eine Künstlerin des Festivals, Gifty Lartey, benutzt daher den Überbegriff ‚Black Dance Cultures‘, weil viele Stile in der Schwarzen Community entwickelt wurden“, so Melanie Zimmermann. „Am Ende geht es auch um den Abbau der künstlich errichteten Grenzen zwischen dem zeitgenössischen Tanz und Tänzen der Black Dance Cultures.“
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Viele Tänzerinnen und Tänzer, die keinen Zugang zu Akademien haben, würden über das Internet lernen. Das Wissen über Tanz stamme nicht nur aus der Vergangenheit, sondern sei plural und multiperspektivisch. Die Fusion Dance Battle liefert am 5. März zum großen Finale des Festivals die Gelegenheit, zum Beispiel einen Ballett-und einen Hip-Hop-Tänzer zusammen auf einer Bühne zu erleben.
„Fokus Tanz #8“ bis 5.3., Kampnagel, Jarrestraße 20–24, Karten unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de