Hamburg. Im Thalia Theater las die Autorin aus dem vierten „Tintenwelt“-Roman vor einer begeisterten Fangemeinde mit vielen offenen Fragen.

„Diesen Applaus habe ich mir noch gar nicht verdient“, kokettiert Cornelia Funke, als sie auf der Bühne des Thalia Theaters vor ihr begeistertes junges und jung gebliebenes Publikum tritt, sichtlich gerührt von diesem warmen Empfang. „Ein Superpublikum“, findet auch Moderatorin Julia Westlake. Wobei: Die Weltbestsellerautorin mit mehr als 20 Millionen verkauften Büchern und Wohnsitz in der Toskana hat sich ihre üppigen Vorschusslorbeeren sehr wohl schon verdient: unter vielem anderen mit vier famosen „Tintenwelt“-Romanen über die Abenteuer des Buchbinders Mo und dessen Tochter Meggie. Um den aktuellen Band „Die Farbe der Rache“ geht es an diesem Sonntagvormittag im ausverkauften Theater.

Ursprünglich war die Lesung für November 2023 geplant. Doch da ereilte Cornelia Funke nicht nur Corona, sondern in dem Zuge auch eine Ohrenentzündung; „Auch heute noch tut mein rechtes Ohr komische Dinge“, erzählt sie, ganz unprätentiös in langem Rock und roter Strickjacke, das Haar nachlässig zum Zopf gebunden, und bittet daher um Verzeihung, dass während der Signierstunde am Ende keine Fotos gemacht werden. „Ich bin noch etwas wackelig und möchte nicht, dass mir am Ende die Puste ausgeht.“

Thalia Theater: Cornelia Funke, ein Weltstar zum Herzausschütten

Zur Verstärkung und weil es gute Tradition geworden ist, hat die Autorin ihren langjährigen Freund, den Schauspieler und Hörbuchsprecher Rainer Strecker, mitgebracht. Zusammen mit ihm liest sie einige Passagen aus dem Buch, und von der ersten Minute an ist es im Saal mucksmäuschenstill. „Schwarz war die Welt. Es war Nacht in Ombra. Nur die Mauern der Burg färbten sich rot, als hätte die untergehende Sonne sich zwischen ihnen versteckt. Auf den Zinnen standen Wächter aus Feuer zwischen Soldaten aus Fleisch und Blut.“

Cornelia Funke und Rainer Strecker amüsieren sich prächtig beim Gespräch im Thalia Theater.
Cornelia Funke und Rainer Strecker amüsieren sich prächtig beim Gespräch im Thalia Theater. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Beide springen in ihren Dialogen zwischen den Figuren Staubfinger, Orpheus, Violante, Feuertänzer und Fenoglio gekonnt hin und her; es ist eine wahre Freude, ihrem Tanz der Wörter, der mal kapriziös-schrill und mal sonor-grummelnd, intoniert wird (bei Strecker mit vollem Körpereinsatz), zuzusehen. Immer wieder müssen die beiden übereinander lachen. „Die Dinge und die Figuren aus dem Papier befreien“, so formuliert es der Schauspieler im anschließenden Gespräch mit der Moderatorin. „Cornelias Geschichten sind wie Pop-up-Bücher. In ihren Sätzen ist so vieles verborgen.“ Woher denn ihre Geschichten überhaupt kämen, will Julia Westlake wissen. „Sie springen mich einfach an“, antwortet Cornelia Funke. Sie habe sehr umtriebige Antennen.

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Und ein offenes Ohr für ihre treuen Leserinnen und Leser. Nicht nur bei der Umschlaggestaltung für „Die Farbe der Rache“ durften sie mitentscheiden. Auch während der Pandemie fragte die Autorin: „Womit kann ich euch helfen?“. Als Antworten kamen: „Wie geht es in der ‚Tintenwelt‘ weiter, und was machen ‚Die wilden Hühner‘?“. So kam ein Buch zum anderen. Auch im Theater können und sollen sich die Gäste beteiligen. „Wie schreibe ich meine erste Geschichte auf?“, oder „Wie schaffst du es, bei all den Krisen hoffnungsvoll zu bleiben?“, wollen die Mädchen und Jungen wissen. „Eine Geschichte musst du mit viel Geduld, Liebe und Hingabe füttern und dann tausendmal umschreiben“, lacht Cornelia Funke. „Und das, was mir am meisten hilft, wenn ich an der Welt verzweifle, sind Freunde.“