Miljan und Nora haben mit weiteren Jugendlichen den Schreibwettbewerb „Claras Preis“ gewonnen. Ihre Geschichten sind tiefgründig.
Eine kreative Handlung aus den Tiefen der Temporallappen bauen, Charaktere entwickeln, die Geschichte im Auge behalten – und das dann noch alles in einen möglichst schönen Text verpacken, ohne sich zu verlieren. Das Talent zum literarischen Schreiben ist ein Geschenk: Und die zwölf Jugendlichen, die den Kurzgeschichtenwettbewerb „Claras Preis“ am Sonnabend verliehen bekamen, haben bei der Bescherung scheinbar ordentlich abgesahnt.
Am Sonnabend fand die offizielle Preisverleihung im Oetinger Kulturdeck in der Max-Brauer-Allee in Altona statt. Es war das erste Mal, dass der „Claras Preis“ in Deutschland vergeben wurde. Die Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren konnten sich mit ihren Geschichten gegen insgesamt 350 Mitbewerber durchsetzen: darunter auch die Hamburgerin Nora Niederstadt und der Hamburger Miljan Ehlers.
Claras Preis Hamburg: Schreiben gibt Miljan Halt
„Schreiben gibt Sinn, Halt, Entspannung. Es ist ein bisschen wie Selbsttherapie“, verrät Miljan, der in Eppendorf zur Schule geht. Seine Kurzgeschichte handelt vom jungen Deen, der in der Vergangenheit viel Leid erleben musste – doch sobald ihm es möglich ist, darüber zu sprechen, kann er das Erlebte verarbeiten.
Miljan will damit eine klare Aussage verbreiten: Insbesondere während der Corona-Pandemie hätten Jugendliche „viel Mist“ durchmachen müssen. Doch oft sei die Gelegenheit ausgeblieben, darüber zu sprechen: Der Alltag sei einfach weitergegangen. Der 17-Jährige hält das für gefährlich: „Wir müssen darüber reden. Wenn wir es kaputt schweigen, macht es uns kaputt.“
Claras Preis: Noras Geschichte spielt im Jahr 2089
Miljan hatte zuvor noch nicht viel Erfahrung im literarischen Schreiben – anders als Nora: „Ich schreibe schon so lange, wie ich mich erinnern kann“, sagt die 17-Jährige, die in Altona zur Schule geht. Ihre Kurzgeschichte handelt von dem Szenario, dass Menschen aufgrund des Klimawandels auf den Mars umziehen müssen: Doch nur eine Million Personen haben Platz, es wird gelost. Ein Vater bleibt alleine auf der Erde zurück, Mutter und Tochter dürfen auf den Mars. Nora erzählt die Geschichte des einsamen Mannes. Die zehnköpfige Jury des „Claras Preis“, bestehend aus Autorinnen, Wissenschaftlern und Kunstschaffenden haben Noras Geschichte als eine der besten Zwölf ausgewählt.
Cornelia Funke ist Schirmherrin des Wettbewerbs
Initiiert und organisiert wurde der deutsche „Claras Preis“-Wettbewerb von Literaturdidaktin Lisa König, dem Professor für französische Literatur an der Hochschule Freiburg, Olivier Mentz, sowie Imke Ahrens, Projektleiterin beim Dressler Verlag. Und nicht zu vergessen die populäre Schirmherrin: Cornelia Funke.
Die „Tintenherz“-Reihe, die „Reckless“-Bücher und „Der Herr der Diebe“: Die Bücher der bekannten Kinder- und Jugendbuchautorin schmücken im Oetinger Kulturdeck am Sonnabend den Raum. Funke selbst ist online zugeschaltet – doch die Preisträgerinnen und der Preisträger (außer Miljan sind die Gewinnerinnen ausschließlich weiblich) werden sie noch persönlich kennenlernen.
Funke lädt die Gewinnenden zum Wokrhsop in die Toskana ein
„Was für mich das Allerwichtigste beim Geschichtenschreiben ist: Ob man dem Leser ins Herz greifen kann“, so Cornelia Funke. Und das haben die zwölf Jugendlichen geschafft: Sie alle dürfen in kleinen Gruppen im nächsten Frühjahr für ein paar Tage zu einem Schreibworkshop in die toskanische Stadt Volterra zu Funke. Zudem werden die Kurzgeschichten im Herbst 2024 als Sammelband im Dressler Verlag erscheinen.
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Die Stimmung am Abend ist heiter bis noch heiterer – stolze junge Menschen, noch stolzere Eltern und Snacks und Getränke tragen zur fröhlichen Stimmung bei. Doch der Ursprung von „Claras Preis‘“ ist düster: Vorbild der deutschen Version ist der französische Wettbewerb Prix Clara, der seit 2007 stattfindet. Namensgeberin Clara war ein zwölfjähriges Mädchen, das liebend gerne las und schrieb – doch plötzlich aufgrund eines Herzproblems verstarb.
Clara Preis Hamburg: Erlöse gehen an medizinische Forschung
Bernard Spitz, der Vater des gestorbenen Mädchens und Mitinitiator des Prix Clara, ist am Sonnabend ebenfalls vor Ort. Seine Redebeiträge werden vom Französischen ins Deutsche übersetzt. Die Erlöse der Kurzgeschichten-Bände gehen sowohl in Frankreich als auch in Deutschland in die Forschung zu Herzproblemen bei Kindern.
Wann die nächste Ausschreibung zu „Clara Preis“ in Deutschland startet, ist noch unklar: Initiatorin König geht davon aus, dass die nächste Runde in anderthalb bis zwei Jahren startet. Neben Frankreich und Deutschland gibt es den Wettbewerb auch bereits in Italien: In Zukunft ist eine europäische Version geplant.