Hamburg. Dem Theater für Kinder gelang es, mit Puccinis Spätwerk auch die Kleinsten bei der Stange zu halten – trotz mitunter schwieriger Akustik.

Es gehört schon ein wenig Mut dazu, ausgerechnet Puccinis Spätwerk „Turandot“ in eine Oper für Kinder ab sechs Jahren zu verwandeln. Abgesehen von der Mordlust einer psychopathischen Prinzessin, bei der sich kein heiratswilliger Mann auch nur eine falsche Antwort auf ihre kaum zu lösenden Rätselfragen erlauben darf, ist die wegen Puccinis Tod unvollendet gebliebene Oper eigentlich handlungsarm und könnte Kinder schnell langweilen, weil sich das Drama ja hauptsächlich in den zwischenmenschlichen Beziehungen abspielt.

Das Theater für Kinder an der Max-Brauer-Allee aber fand Wege, auch die kleinsten Besucherinnen und Besucher so bei der Stange zu halten, dass sie nach Arien wie „Tu che gel sei ginta“ voller Begeisterung klatschten und gespannt darauf warteten, ob die grausame Prinzessin am Ende über den ihr ergebenen Prinzen Kalaf siegen würde. Als die von Lilia-Fruz Bulhakova wirklich hinreißend gesungene Liù nach dem Verrat in Tränen ausbrach, fragte gleich ein kleiner Junge: „Mama, weint die jetzt in echt?“

„Turandot“ als Kinderoper im Allee Theater: Witzige Einlagen treiben Handlung voran

Kindgerecht waren vor allem das farbenprächtige Bühnenbild von Katrin Reimers und Kerstin Feuerhelms fantasievolle Kostüme erst recht der drei Minister Ping, Pang und Pong, die die Lacher immer auf ihrer Seite hatten. Die mit Kindertheater überaus erfahrene Regisseurin Nora Schumacher gab Leonhard Geiger, Christian Richard Bauer und Cornelius Lewenberg in diesen Rollen alle Freiheiten, die Handlung durch witzige Einlagen voranzutreiben.

Der sechsjährige Fritz aus Oldenfelde fand Lewenberg als Pong am besten, weil der den meisten Blödsinn machte, die Kollegen mal zur Seite schubste oder bei einer kleinen Menschenpyramide auf ihren Schultern saß. Die Minister verbargen sich auch unter der Maske eines chinesischen Drachen, der bei den Fragen Turandots immer drohend über die Szene lief. Der Drache war zudem ein Element des Bühnenbildes, das aus vielen Teilen eines Drachenkörpers bestand, die wie bei einem Bilderbuch aus Wechselbildern immer verschoben wurden.

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Barbara Haas stützte sich in ihrem Libretto auf Friedrich Schillers Bühnenfassung nach einer Vorlage Gozzis aus dem Jahr 1802 sowie Teile des Märchens der persischen Sammlung „Tausendundein Tag“. Das funktionierte prächtig, weil sich die Charaktere in vielen gesprochenen Dialogen den Kindern besser darstellten als in den Arien.

Komarschelas Stimme trägt in trockener Akustik nicht wirklich

Natascha Dwulecki gelang es, sowohl den Stolz als auch die Stärke dieser frühen Feministin der Märchenwelt in der Titelrolle herauszuarbeiten. Stimmlich war sie Bulhakova aber eher unterlegen. Bei Berus Komarschela als Kalaf fürchtete man sich etwas, ob er der großen „Nessun dorma“-Arie, die allerdings wie viele andere Arien auch auf wesentliche Teile zusammengekürzt war, gewachsen war. In der trockenen Akustik des Allee Theaters trug seine Stimme nicht wirklich, obwohl er den heiklen Schluss dieser Arie dann doch noch sicher erreichte.

Marius Adams musikalische Bearbeitung für Klavier, Flöte und Schlagwerk war rundum gelungen. Dazu trug ganz wesentlich der Schlagzeuger Claudio von Hassel bei, der mit Gongschlägen oder teilweise parallel zu den Stimmverläufen harten Xylofonschlägen die Atmosphäre von Puccinis Partitur auf ein Instrumentaltrio übertrug.

Nachdem Prinzessin und Prinz sich dann endlich in den Armen lagen, sagte die zehnjährige Mika aus dem schleswig-holsteinischen Büchen auf unsere Frage, wie es ihr gefallen habe: „Ich fand es einfach cool, und ich kann die Prinzessin Turandot total verstehen, dass sie das so gemacht hat.“ Und Fritz aus Oldenfelde meinte: „Ach, jetzt ist das Stück schon zu Ende, und ich muss wieder nach Hause. Echt schade!“