Hamburg. Satirische Songs und Erfahrungsberichte über lesbische Beziehungen und den Besuch einer Hetero-Party. Coremy sorgt für gute Unterhaltung.
„Rasiert“ ist ja mittlerweile ein hübsch mehrdeutiges Wort. Klar, es geht um die Entfernung von Körperbehaarung. Oder darum, diese als Frau eben einfach wunderbar wild wuchern zu lassen. Die junge Komikerin Coremy aus Trier weiß davon herrlich süffisante Lieder zu singen. So auch bei der heftig umjubelten Premiere ihres Soloprogramms mit eben jenem Titel: „Rasiert!“ Der Begriff heißt ja, Rap und Jugendsprache sei Dank, auch so viel wie: grandios abliefern und kurz einmal die Weltherrschaft erlangen über eine Situation. Dementsprechend ruft Coremy – stilecht mit kurzem Strubbelhaar, Stirnband und in lässiger Klamotte – in den vollen Saal: „Heute wird das Centralkomitee Hamburg rasiert.“ Und ob!
Coremy im Centralkomitee Hamburg: TikTok-Bekanntheit witzelt über Gen Z
Von Anfang an lädt Coremy die lauschige Comedy-Bühne in St. Georg wortgewandt mit ihrem impulsiven Charme auf. Und zwar, wie sie betont: „Mit mehr als 60 Sekunden Zeit“. Eine Anspielung auf Internetformate wie TikTok, mit denen sie sich bereits eine glühende Fangemeinde ersungen hat. Und, ja: Coremy kann auch auf der Langstrecke euphorisieren. Mit satirischen Songs wie „Gap Year“ über globale Selbstverwirklicher der Gen Z, süffisant vorgetragen im Sopran an Akustikgitarre. Am Flügel singt sie dann über Dating, lesbische Beziehungen und den Besuch einer Hetero-Party. Da kommt im karnevalsfremden Hamburg sogar Schunkelstimmung auf.
Wie es sich für eine gute Humoristin gehört, nimmt sie sich selbst mindestens genauso aufs Korn wie andere. Dabei besticht sie mit einer Bandbreite von Ballade bis Hip-Hop. Mit einem Protestlied, das Sozialkritik geschickt mit einer Persiflage auf das Genre verquickt. Oder mit dem Rap „Drama Epik Lyrik“, mit dem sie ihre Schulzeit gepflegt ad acta legt.
Coremy bewarb sich sogar schon für ESC-Vorentscheid
Spielerisch verbindet Coremy loses Mundwerk und starke Stimme, menschenfreundliche Energie und einen beherzt bösen Blick auf ihre Lebensrealität als queer-feministische Künstlerin. Stumpfe Männer-Frauen-Witze? Das schaffe sie einfach nicht. Obwohl die sich doch bestimmt besser verkauften. Doch Coremy versteht es, ihr Publikum jenseits von genormten Klischees mitzureißen. Fehlen darf da auch nicht ihr ballermannartiger Hit „Wir werden Letzter“, mit dem sie sich 2023 beim ESC-Vorentscheid bewarb.
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Stets frisch mit eingebunden: das Publikum. Immer wieder plaudert Coremy kurz mit den Gästen, bindet sie in ihre Stand-up-Einlagen ein, animiert die Menge zum Mitsingen und baut so vor allem viel Nähe auf. Zum Dank gibt’s am Ende Standing Ovations.