Hamburg. Heldenepos der Superlative: Ein Neunteiler erzählt vom Kampf der Amerikaner gegen Hitlers Deutsche. Mit Bomben – und Patriotismus.

Im Zweiten Weltkrieg gab es ein Geschwader der US Air Force, das man die „Bloody Hundredth“ nannte. Weil der Blutzoll jenes Air-Force-Verbandes so hoch war. Von 13 Flugzeugen, die am 10. Oktober 1943 Münster angriffen, kehrte nur eines zurück. Die amerikanische Strategie, Nazi-Deutschland mit Attacken aus der Luft in die Knie zu zwingen, war verlustreich. Aber am Ende half sie mit, Hitler zu besiegen.

Die am 26. Januar auf Apple TV+ startende neunteilige Serie „Masters of the Air“ (sie beruht auf wahren Geschehnissen, die der Historiker Donald L. Miller 2007 im gleichnamigen Buch darlegte) erzählt nun die Geschichte der legendären „Bomber Boys“, die unter widrigen Umständen Europa von deutscher Tyrannei befreiten. Mit viel Actionspektakel, mit Bomben, atemberaubenden Szenen in der Luft und patriotischer Absicht: Der Kampf fürs Gute hat es durchaus verdient, dass von ihm als Heldenepos erzählt wird.

Apple-TV-Serie „Masters of the Air“: Bomben auf Bremen und Berlin

Denn Helden waren die Amis fraglos. Allein schon, weil im Zweiten Weltkrieg im Vergleich zu heute mit anderen Mitteln gekämpft wurde. Präzisionsgeräte wie Drohnen gab es nicht. Navigatoren an Bord der Maschinen lotsten die Befreier durch dichten Nebel. War das Wetter besonders schlecht, steuerte man, so berichtet es die TV-Serie, schon mal aus Versehen Frankreich statt England an.

Unter Flakbeschuss versuchten die vom Stützpunkt in Großbritannien aus gestarteten Bomber, Berlin, Regensburg, Wilhelmshaven und andere Städte ihrerseits unter schweren Beschuss zu nehmen, im Visier zunächst vor allem: die kriegswichtige Industrie. Wenn die Flieger zum Stützpunkt zurückkehrten, gab es im besseren Falle nur Erfrierungen bei den Schützen zu beklagen. Im schlechteren Fall waren die Verletzungen schlimmer oder Crewmitglieder tot.

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„Masters of the Air“ bemüht sich, bei aller dramatischen Zuspitzung, authentisch vom Luftkrieg zu erzählen. Dabei ist vieles am Computer entstanden, Spezialeffekte bestimmen die Bildsprache. „Masters of the Air“ ist großes Actionkino mit aufregenden Szenen. Einschläge an den Maschinen, absaufende Triebwerke, abschmierende Flieger. Amerikaner, die mit dem Fallschirm aus abgeschossenen Fliegern über Feindesland abspringen, Notlandungen mit nur einem Triebwerk, ein Chaos-Ballett mit den schwerfälligen Boeings der Air Force und den wendigen Messerschmitts („Sturmvögel“) der Luftwaffe.

Die Nazi-Abwehr stand zunächst, Hitler-Deutschland wurde nicht an einem Tag erobert, bedauerlicherweise. „Verdammtes Bremen!“, heißt es einmal, weil sich die Bombardierung der U-Boot-Bunker und Werften so schwierig gestaltete.

„Masters of the Air“ auf Apple TV: Sinnstiftendes fürs US-Publikum

Besonders das immer nach sinnstiftenden Geschichten dürstende amerikanische TV-Publikum dürfte „Masters of the Air“ lieben. Die Operation Gomorrha, die Luftangriffe auf Hamburg zwischen dem 24. Juli und dem 3. August 1943, spielt in der Serie übrigens keine Rolle.

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Es gibt die klassische Erzählerstimme, die aus dem Off von den Ereignissen berichtet; seltener auch von den persönlichen Nöten weit weg von der Heimat, immer im Angesicht des Todes. Spät, als der Gegner endlich am Boden liegt, tritt das Ausmaß der deutschen Barbarei zutage, als die Erzählung auf die Konzentrationslager schwenkt. Die Deutschen bekamen, was sie verdienten, sagt der hochdekorierte amerikanische Bomberpilot Robert „Rosie“ Rosenthal (1917–2007), der in „Masters of the Air“ von Nate Mann verkörpert wird.

Amerikanische Helden: „Masters of the Air“ verschlang angeblich ein Budget in Höhe von 250 Millionen Dollar.
Amerikanische Helden: „Masters of the Air“ verschlang angeblich ein Budget in Höhe von 250 Millionen Dollar. © Robert Viglasky/Apple TV+ | Robert Viglasky

Dass ihre Bomben auch Frauen und Kindern den Tod brachten, beschäftigte die Air Force trotzdem; eine der ranghohen Hauptfiguren zitiert Nietzsche: „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“

Tom Hanks und Steven Spielberg produzierten „Masters of the Air“

Ohne Klischees kommt die Serie, die neben dem Heroismus schlaglichtartig die Grauen des Kriegs abbildet, keineswegs aus. Und sie bleibt hinter den Möglichkeiten des Storytellings insgesamt zurück: Die Charaktere sind meist oberflächlich angelegt. „Masters of the Air“ verlässt sich zu sehr auf die Kampfszenen, das sorgt bei allem visuellen Bombast auch für Ermüdung. Wer es war, der gegen die Nazis antrat, erfahren die Betrachtenden nicht: Dabei sind gerade amerikanische Serien oft so gut darin, ihren Protagonisten in Rückblenden biografische Tiefe zu geben.

Wie bei den ebenfalls von Tom Hanks und Steven Spielberg produzierten Weltkriegsserien „Band of Brothers“ (2001) und „The Pacific“ (2010) geht es in „Masters of the Air“ um den einen ganz sicher gerechten Krieg. Technisch ist dies eine High-End-Produktion, wie soll es anders sein: Das Budget lag Berichten zufolge bei bis zu 250 Millionen Dollar.