Hamburg. Mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester überzeugt der US-Geiger das Publikum. Es folgt eine sehr ungewöhnliche Zugabe.

Über einen solchen Artist in Residence wie den amerikanischen Geiger Joshua Bell kann sich das NDR Elbphilharmonie Orchester in dieser Saison aber wirklich freuen. Mit seiner charmanten, unprätentiösen und alle inspirierenden Art begegnet er jeder und jedem Einzelnen im Orchester auf Augenhöhe und findet zu ganz neuen Formen des Zusammenspiels.

Am Donnerstag füllte er gleich den ganzen ersten Teil des Konzerts aus und spielte das wundervolle Poème für Violine und Orchester des Franzosen Ernest Chausson und das von lauter virtuosen Klippen sowohl für den Solisten als auch für das Orchester durchzogene Violinkonzert Nr. 5 a-Moll op. 37 des Belgiers Henri Vieuxtemps.

NDR Elbphilharmonie Orchester: Geiger Joshua Bell findet neue Formen des Zusammenspiels

Und weil er danach dann auch noch Lust zu einer alles andere als gewöhnlichen Zugabe hatte, bat er die Solo-Harfenistin des Orchesters, Anaëlle Tourret, mitsamt ihrem nicht leicht zu transportierenden Instrument nach vorn, um allein mit ihr das Arrangement eines Nocturnes von Chopin für Violine und Harfe zu präsentieren. Dabei löste sich die Harfe immer wieder von ihrer Begleitfunktion und übernahm selbst Figuren aus der melodieführenden Violinstimme.

Für die Frische und Klangfarbenpracht in Vieuxtemps Werk, das nicht nur ein Konzert für Violine, sondern in seiner brillanten Instrumentierung auch gleich ein Konzert für Orchester ist, war aber auch der kalifornische Dirigent Ryan Bancroft verantwortlich, der sein Debüt beim NDR Elbphilharmonie Orchester feierte.

Ryan Bancroft: US-Dirigent feierte sein Debüt beim NDR Elbphilharmonie Orchester

Ohne Taktstock dirigierend holte er unglaubliche Kontraste etwa zwischen den kleinteiligen Bläsersoli und den wildesten Soli Bells nach bester Paganini-Manier heraus. In Chaussons Poème, das sich an die Novelle „Das Lied der triumphierenden Liebe“ von Iwan Turgenjew anlehnt, gelang es dem gerade zum Chef des Royal Stockholm Philharmonic Orchestra ernannten Dirigenten, die zwischen Sehnsucht und Furcht vor Enttäuschung erfüllte Gefühlswelt eines Liebenden so plastisch einzufangen, dass man ein Herzklopfen und mit aufsteigenden Figuren verborgene Fragezeichen heraushören konnte.

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Meisterhaft dirigiert war auch Alexander Zemlinskys Fantasie „Die Seejungfrau“ nach Andersens Märchen, bei der aus dunklen Tiefen von Posaunen und Basstuba das imaginäre Geschöpf mit wellenartigen Bewegungen von gleich vier Flöten begleitet emportauchte.