Hamburg. Hamburger Film- und TV-Star spielt in der Uraufführung „Es ist nur eine Phase, Hase“ erstmals in der Komödie Winterhude. Ein Wagnis?
Franzbrötchen sind ja typisch Hamburg und für viele ein hiesiger kulinarischer Genuss. Katja Studt hat zum morgendlichen Gespräch im Theaterfoyer gleich zwei von einer lokalen Bäckerei-Kette mitgebracht. Ohne Rosinen. Die gebürtige Hamburgerin scheint die Atmosphäre in der Komödie Winterhuder Fährhaus zu genießen, sie ist schließlich nicht zum ersten Mal hier.
Katja Studt kennt das 35 Jahre alte Haus – bisher jedoch nur in der Rolle der Zuschauerin. Wenn das Stück „Es ist nur eine Phase, Hase“ an diesem Freitag, 19. Januar, Uraufführung feiert, ist das für sie mithin eine doppelte Premiere. Von Nervosität ist bei ihr an diesem frühen Vormittag (noch) nichts zu spüren, eher von einer entspannt-konzentrierten Vorfreude. Und doch ist das Theater beinahe Neuland. Erst zum zweiten Mal in ihrer Karriere wagt sich die bekannte Film- und Fernsehschauspielerin auf eine Bühne.
TV-Star Katja Studt debütiert in der Komödie Winterhude: „Humor hilft“
Runde 50 Jahre alt ist die unprätentiöse Künstlerin – sie trägt an diesem Morgen Wollpullover und Jeans – im vergangenen August geworden. „Wenn ich etwas mache, möchte ich auch zu 1000 Prozent wissen, wie es geht“, erläutert Katja Studt. „Wie entsteht das Stück, wie lässt sich bezüglich der inneren Haltung der Figur gut in die Handlung finden?“ Dafür hat sie mit ihren vier Kolleginnen und Kollegen, unter ihnen Ex-James-Bond-Bösewicht Götz Otto („Der Morgen stirbt nie“), zunächst drei Wochen lang in Berlin geprobt, danach folgten in Hamburg noch mal zwei.
In der Hauptstadt hatte Katja Studt bei Freunden gewohnt. Sie ist viel herumgekommen, seit sie vor 30 Jahren in der Titelrolle der ZDF-Weihnachtsserie „Clara“ populär wurde und Regisseur Tom Tykwer die damals 20-Jährige für sein düsteres Spielfilm-Debüt „Die tödliche Maria“ engagierte; dafür erhielt Studt den Max-Ophüls-Preis als beste Nachwuchsdarstellerin. Später überzeugte sie sowohl im Thriller-Drama „Mörderinnen“ als auch in der Komödie „Bella Martha“, es folgte eine Hauptrolle in der ARD-Hauptabendserie „Die Stein“. Mehr als drei DIN-A4-Seiten lang ist ihre Filmografie inzwischen, zuletzt angereichert etwa mit Nebenrollen in den Roman-Verfilmungen von „Der goldene Handschuh“ und „Was man von hier aus sehen kann“.
Katja Studt: „Ein Augenzwinkern allein funktioniert auf der Bühne nicht“
„Ich bin Autodidaktin“, gibt Katja Studt ununwunden zu. Sie genießt es und ist dankbar, mal wieder in ihrer Heimatstadt zu agieren. Dafür steht die alleinerziehende Mutter zweier Töchter (zehn und 14 Jahre) fast täglich um sechs Uhr auf. 2005 hatte sie das erste und bisher einzige Mal in Hamburg gespielt. An den Kammerspielen gab sie in Gil Mehmerts Inszenierung nach Aki Kaurismäkis Film „Der Mann ohne Vergangenheit“ an der Seite ihres ebenso TV-bekannten Kollegen Steffen Wink („Bin ich schön?“, „Barfuss“) den rettenden Engel Irma von der Heilsarmee..
Ein Unterschied zum Film ist Katja Studt bewusst. „Ein Augenzwinkern allein funktioniert auf der Bühne nicht“, hat sie erkannt. Spiele sie jetzt nicht zu groß, zu übertrieben, hat sie sich stattdessen während der Proben gefragt. Sie reflektiert ihr Schaffen. Schon bevor sie mit dem Ensemble um Regisseurin Ute Willing in der Woche vor der Uraufführung von kleinen Saal im ehemaligen Theater Kontraste in den großen mit fast 600 Sitzplätzen gewechselt ist.. Willing inszeniert an der Komödie Winterhude nach „Arthur & Claire““ (2021) zum insgesamt vierten Mal.
Über eine Anzeige im Hamburger Abendblatt kam sie 1987 zum Fernsehen
„Es ist nur eine Phase, Hase“, für das Fährhaus adaptiert vom österreichischen Komödien-Spezi Stefan Vögel („Achtung Deutsch!“, „ Die Niere“, „Arthur & Claire“), basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von Maxim Leo und Jochen Gutsch. Wie es der Zufall wollte, hatte sie ihn schon vor ihrem Engagement gelesen. Das Stück behandelt das Thema Alterspubertät am Beispiel eines verheirateten Paares, verkörpert von Otto und Katja Studt. „Ich kann mich gut in meine Figur hineinversetzen, weil uns beide der Pragmatismus verbindet“, sagt sie. Ihren Bühnenmann will sie zum 50. Geburtstag mit einer Party überraschen, der erhält vom Chef jedoch den „goldenen Handschlag“ . „Humor hilft“, beschreibt Katja Studt lächelnd sowohl ihre private als auch die Bühnensituation.
Und hätte sie 1987 als Gyymnasiastin nicht zufällig eine Anzeige im Hamburger Abendblatt entdeckt, in der für ein Fernsehprojekt Nachwuchsdarstellerinnen gesucht wurden, wer weiß, ob sie überhaupt heute hier säße. In Dieter Wedels ARD-Dreiteiler „Wilder Westen inclusive“ debütierte Katja Studt als Tochter des vom ehemaligen Thalia-Theater-Intendanten Peter Striebeck (heute 85) gespielten Hamburger Meteorologen Küssling. Für die aufwendige Urlaubs-Satire reiste sie mit der Fernseh-Crew durch die USA.
TV-Star Katja Studt in der Komödie Winterhude – wie ein „Bühnen-Überraschungs-Ei“
Am Set sei man bei den Aufnahmen oft nur mit seiner Rolle beschäftigt, hat sie bei ihren vielen Drehs festgestellt. „Hier am Theater, fühlt es sich an wie eine gemeinsame Reise, das Stück muss sich bei unserer Arbeit entwickeln. Das Ganze gleicht einem großen Bühnen-Überraschungs-Ei“, sagt Katja Studt und muss selbst ein wenig lachen über ihre Formulierung. In den Schoko-Eiern steckt in der Plastikverpackung ja meist eine Gimmick-Figur oder ein kleiner Bausatz. „Es ist nur ein Phase, Hase“ indes wird von Menschen ausgebrütet. Und das ist täglich Arbeit.
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Schon zum zweiten Mal kommt die Regieassistentin ins Foyer und drängt zur Vormittagsprobe. Kurz nach halb elf fängt Katja Studts Arbeitstag jetzt erst richtig an. Mit Franzbrötchen, aber ohne Rosinen. Die möge sich das Publikum herauspicken.
„Es ist nur eine Phase, Hase“ Uraufführung Fr 19.1., 19.30, bis 25.2., Di–Sa jew. 19.30., So 18.00, an ausgewählten Terminen auch 15.30, Karten ab 28,75 (zzgl. Gebühren) in der Hamburger-Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18–32, T. 040/30 30 98 98; www.komoedie-hamburg.de