Hamburg. Grimm-Klassiker als moderne Parabel über die Freundschaft. Noch bis 30. Dezember in der Komödie Winterhuder Fährhaus zu sehen.

Es war einmal „der mit dem Wolf tanzt“. Jetzt aber gehört der große Auftritt, jedenfalls in der Komödie Winterhuder Fährhaus, im Weihnachtsmärchen einem mutigen Mädchen, einer selbstbewussten jungen Frau, „die mit dem Wolf heult“: Rotkäppchen nämlich. Diesen Klassiker der Brüder Grimm erzählt Alexandra Kurzeja (Titelrolle und Regie), begabter Zögling und würdige Nachfolgerin des zu früh verstorbenen „Kindermusical-Königs“ Christian Berg, in ihrer zweiten eigenen Inszenierung als moderne Parabel über die Macht der Freundschaft.

Die Idee dazu hat Alexandra Kurzeja mit ihrem kongenialen Bühnenpartner Torben Padanyi entwickelt, der sowohl als netter Wolf als auch als Oberspießer Emmrich Schmidt überzeugt. Gemeinsam haben sie das Buch geschrieben und die Geschichte im idyllischen Pöselberg (reimt sich natürlich nicht ganz zufällig auf „Schnöselberg“) angesiedelt, einem Dorf, das gar nicht mehr schöner werden kann: die Hecken akkurat gestutzt, die Rosen in voller Blüte und die Schmidts und Meiers wahnsinnig freundlich zueinander.

Weihnachtsmärchen: Rotkäppchen ist ein Musicalspaß für die ganze Familie

Es sei denn, ein Fremder bedroht das kleine Glück, das dann ungefähr doch so fragil ist wie mancher Gartenzwerg im Vorgarten. Als Hund Waldi (Puppenbauer Matthias Weber schuf auch den beeindruckenden Wolf) vermeintlich entführt wurde, verdächtigt die Dorfgemeinschaft sofort den bösen Wolf, der im nahe gelegenen Wald sein Unwesen treiben soll.

Für die Bürgermeisterin (absolut wundervoll: Katrin Zierof), die nebenbei auch Rotkäppchens Mutter ist, steht die Lösung in bester Trump-Tradition fest: Man brauche eine „physische Barriere“. Politikersprech für Zaun, das lernen dann schon die Kleinsten. Ihr Motto: „Make Pöselberg safe again!“ Ist schließlich Wahlkampf. Jäger Tillmann ist dagegen verängstigt und entgeht nur durch Atemübungen (Jonathan Steinbiss bringt das Publikum regelmäßig zum Lachen) einer Ohnmacht.

Weihnachtmärchen: Winterhuder Fährhaus zeigt modernes „Rotkäppchen“

Die Lage eskaliert, als Rotkäppchen („Mir wird hier alles zu eng, da draußen muss doch noch mehr sein“) aufbricht, um ihre Super-Oma „Granny Smith“ (herrlich: Tamara Wörner) in deren unkonventioneller Wald-WG zu besuchen, in der die coole Großmutter mit einer sprechenden Fliegenpilz-Prinzessin und einem rappenden Apfel, DJ Macintosh, wohnt. Unterwegs, so viel ist bekannt, begegnet Rotkäppchen dem Wolf. Es treffen Welten aufeinander, Mensch und Tier, aber auch jede Menge gegenseitiger Vorurteile („Du weißt gar nichts über mich!“).

Das Ensemble: Katrin Zierof (v.l.), Tamara Wörner, Alexandra Kurzeja, Jonathan Steinbiß und Torben Padanyi.
Das Ensemble: Katrin Zierof (v.l.), Tamara Wörner, Alexandra Kurzeja, Jonathan Steinbiß und Torben Padanyi. © G2 Baraniak | G2 Baraniak

Zum romantisch-rockigen Bühnenspaß, der noch bis zum 30. Dezember Familien mit Kindern ab vier Jahren begeistert, wird die fantasievolle Inszenierung (Ausstattung: Ulrike Engelbrecht) durch die Musik von Arne Gedigk und Mats Sharma von Radau! Beide wirkten auch schon am Vorjahres-Weihnachtsmusical „Aschen Puttel“ sowie an Christian Bergs erfolgreichem „Hamburger Dschungelbuch“ mit.

Weihnachtsmärchen: Rotkäppchen für Kinder ab vier Jahren gut geeignet

Nach knapp zwei Stunden endet das Finale unter großem Geheule, denn die Kinder im Publikum sind aufgefordert, wie ein Wolf zu jaulen und damit zum guten Ausgang der Geschichte beizutragen. Die Moral wird am Ende in einen schmissigen Song verpackt: Wenn du kein Prinz bist, dann sei eben ein Anti-Held. Hauptsache, du bleibst kritisch – und du selbst. Eine schöne Botschaft, für Klein und Groß.

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Und: Auf Premierengeschenke hat das Ensemble verzichtet, dafür wurde gespendet – an den NABU für den Schutz der Wölfe.

Rotkäppchen – die mit dem Wolf heult, Weihnachtsmusical in der Komödie Winterhuder Fährhaus (Hudtwalckerstraße 13); noch bis 30.12., Karten für Kinder ab 16 Euro, für Erwachsene ab 21 Euro. www.komoedie-hamburg.de