Hamburg. Samara Joy wurde vom Publikum im Kleinen Saal begeistert gefeiert. Keine Frage: Diese Frau ist dem Weg zum Gipfel des Jazzgesangs.

Was für eine Stimme! Drei Oktaven hat Samara Joy mühelos drauf. Die Jazzsängerin aus der New Yorker Bronx, erst 23 Jahre alt, schafft es auf der Tonleiter in schwindelerregende Höhen, aber sie kommt genauso mühelos in die tiefen Register. Bei ihrem ausverkauften Konzert im Kleinen Saal der Elbphilharmonie überzeugen ihre ungewöhnlichen Phrasierungen noch mehr als ihre perfekte Intonation.

Sensationelles Elbphilharmonie-Debüt von Samara Joy

Joy hat eine Reihe von Klassikern des amerikanischen Vocal Jazz im Repertoire wie Carmen McRaes „Del Sasser“, Nancy Wilsons „Guess Who I Saw Today“ oder Betty Carters „Tight“, das bei ihr zu einer tour de force wird. Hundertprozentig verlassen kann sie sich dabei auf ihr exquisites Trio mit dem ebenfalls jungen und grandiosen Pianisten Luther Allison und der erfahrenen Rhythmusgruppe aus Bassist Michael Migliore und Schlagzeuger Evan Sherman.

Die vier Musiker aus New York zünden ein Feuerwerk aus überraschenden Rhythmuswechseln, kurzen Soli und ungewöhnlichen Interpretationen. Samara Joy reicht es nicht, den großen Vorbildern des Jazzgesangs wie Sarah Vaughan und Betty Carter nachzueifern, sie will eigene Akzente setzen, und sie schreibt eigene Lyrik. So nimmt sie sich Charles Mingus‘ „Reincarnation Of A Lovebird“ vor, das dieser als Hommage an den großen Saxofonisten Charlie Parker geschrieben hat. Joy textet dazu und besingt Parker, den alle nur „Bird“ nannten, als Engel.

Samara Joy kann gar nicht fassen, was da gerade mit ihr geschieht

Die junge Sängerin gehört zu den Traditionalistinnen im Jazz, doch das bedeutet nicht, ein gefälliges Konzert mit lässigem Swing abzuliefern, das ihr freundlichen Beifall garantieren würde. Wenn sie Thelonious Monks Stücke „‘Round Midnight“ und „San Francisco Holiday“ interpretiert, wagt sie große Tonsprünge und erntet dafür enthusiastischen Jubel des begeisterten Publikums. Von Bar-Jazz ist ihr Auftritt meilenweit entfernt. Sie ist ein Energiebündel, das manchmal noch gar nicht fassen kann, welche steile Karriere es gerade hinlegt – was sie in ihren ehrlichen Moderationen immer wieder betont.

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In der Bestenliste des US-Fachmagazins „Downbeat“ ist Samara Joy gerade mit großem Abstand zur besten Nachwuchssängerin und zur besten Jazzkünstlerin überhaupt gewählt worden. Dem Hamburger Publikum zeigt sie, warum Fans und Kritiker sich gleichermaßen vor Lob überschlagen. Gleich zwei Zugaben erklatscht sich das Publikum, was das Quartett sichtlich überrascht. Nach „Sweet Pumpkin“ beendet Samara Joy ihr Elbphilharmonie-Debüt mit „Social Call“ und verspricht: „Ich komme wieder“! „Wo wird sie in 15 Jahren sein?“, fragt eine Besucherin nach Ende des Konzerts. Die Antwort: auf dem Gipfel des Jazzgesangs.