Hamburg. Der TV-bekannte Kabarettist („Nuhr im Ersten“) entlarvt im Lustspielhaus den aktuellen Diskurs – eins seiner besten Programme seit Langem.

Im Vorjahr hat Andreas Rebers (65) den Münchhausen-Preis der Stadt Bodenwerder erhalten. Wer da an einen Sinnverwandten des „Lügenbarons“ denkt, kommt bei Rebers auf seine Kosten, indem der bereits zuvor vielfach ausgezeichnete Kabarettist, Autor und Komponist seine Programme stets mit viel Fantasie gestaltet. Im Hamburger Lustspielhaus ist Rebers in diesen November-Tagen „rein geschäftlich“.

Sein derart betitelter 19. Solo-Streich ist insbesondere im ersten Teil eines seiner besten, auch persönlichsten Programme seit Langem. Denn Rebers, als regelmäßiger Gast bei „Nuhr im Ersten“ oft der einzige Künstler, der satirisch aus dem Rahmen fällt, seziert dank genauer Beobachtungsgabe die realen Verhältnisse. „Jedes Arschloch hat ‘nen Style, Geiz ist cool, Geiz ist geil“, stimmt Rebers zur Begrüßung am E-Piano gleich mal schön-ironische Liedzeilen an.

Andreas Rebers im Lustspielhaus in Hamburg: „Woher kommt dieser Hass?“

Reicht es für die Zukunft? Diese Frage stellt sich der Wahl-Münchner, im Weserbergland als „elftes von acht Kindern“ (sic!) einer schlesischen Mutter aufgewachsen, in den folgenden mehr als zwei Stunden. Rebers‘ Themenspektrum reicht dabei von der Verdrängung des Zweiten Weltkriegs in seiner Kindheit bis zur deutschen Gegenwart. Er selbst gibt sich noch relativ optimistisch. „Wir sind nicht weit gekommen, aber wir haben es weit gebracht – immerhin vom Herrenmenschen zum Moralweltmeister.“

Da sind die Grünen nicht weit, etwa Katrin Göring-Eckardt. Sie kämpfe ja dafür, dass auch ein Syrer deutscher Kanzler werden könne. „Warum kein Portugiese?“, fragt Rebers. „Woher kommt dieser Hass?“

Gekonnt treibt er so den aktuellen Diskurs auf die Spitze. Heißt: „Behauptungen aufstellen und solche widerlegen, die niemand aufgestellt hat.“ Deutsche Geschichte ist (s)ein Thema, wenn etwa AfD-Frontfrau Alice Weidel jetzt festgestellt habe, „dass Deutschland den Krieg verloren hat“. Und offenbar die Befreiung vom NS-Terror verdrängt hat. Rebers: „Wir müssen aufpassen, wenn sie sich Zöpfe macht …“

Als „Vertreter der radikalen Mitte“ sowie an der Glaubensfront engagierter „Gelegenheits-Jude, Freizeit-Christ und Teilzeit-Muslim“ erlaubt sich Rebers, sowohl mit dem (grünen) Spitzenpersonal in Politik als auch mit der (katholischen) Kirche abzurechnen.

(A)soziale Medien? Die können Kabarettist Andreas Rebers „komplett am Arsch liken“

Das „entsetzliche spirituelle Koma“ und die zunehmende soziale Spaltung sind Rebers zuwider, das klingt durch. Er entlarvt die „Monetarisierung der Moral“ als lukratives Geschäftsmodell. Und kommt dabei im etwas schwächeren zweiten Teil auf eine bekannte Figur früherer Programme zu sprechen. Mit seiner Nachbarin Sabine Hammer, geschiedene Sichel, Lehrerin, pensioniert, Vegetarierin, „noch praktizierend“, gründet Rebers als Mann der Basis die Partie „Wuwwi“, „Was uns wirklich wichtig ist“. Und die (a)sozialen Medien? „Die können mich komplett am Arsch liken“, meint der Spötter ganz analog.

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Im Titellied „rein geschäftlich“ singt Rebers „Ich bin zu oberflächlich für den Underground, doch es reicht gerade eben für den neuen deutschen Heimatsound.“ Nicht nur die vom Publikum erklatschten musikalischen zwei Zugaben sprachen am Ende für ihn.

„rein geschäftlich“ wieder So 19.11., 19.00, Mo 20./Di 21.11., jew. 20.00, Lustspielhaus, Ludolfstr. 53, Karten zu 30,- (erm. 20,-) bis 37,-: T. 040/55 56 55 56; www.almahoppe.de