Hamburg. Das letzte Album von Saxofonist Jimmy Heath ist sein Abschiedsgruß geworden: Was für eine erhebende Platte.

Wenn der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind und der Output unübersichtlich wird, dann kann schon mal ein Klassiker in spe in Vergessenheit geraten – so war es jedenfalls bei „Just Coolin’“, einem im März 1959 für das Label Blue Note eingespielten Album von Art Blakey & The Jazz Messengers. Der Schlagzeuger nahm damals in zahllosen Sessions mit seinem Ensemble so viel Bahnbrechendes auf, dass dieses Meisterstück tatsächlich bis heute unveröffentlicht blieb. Dabei ist das Album schon deshalb besonders interessant, weil es eine Übergangsphase der Band dokumentiert: Saxofonist Benny Golson war gegangen, Gründungsmitglied Hank Mobley kehrte zurück und steuerte auch gleich drei Kompositionen bei.

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Zu hören ist mitreißender Hard Bop, getrieben von Art Blakey (1919–1990), der sich zwar nicht in den Vordergrund spielt, bei „Jimerick“ aber andeutet, was passiert, wenn er das Gaspedal mal richtig durchtritt. Das kommt schon ziemlich nah an die pulsierenden Livescheiben der Jazz Messengers heran. Ein tolles Zeitdokument, das trotz seines Alters auch mit hervorragendem Sound punktet. Mobley blieb übrigens nicht lange: Als er zu einem Festivalauftritt der Band nicht antrat, ersetzte ihn Blakey kurzerhand durch Wayne Shorter.

Eigentlich hätte parallel auch noch ein neues Album von Thelonious Monk, ein unveröffentlichter Live-Mitschnitt aus dem Jahr 1968, erscheinen sollen, doch obwohl Onlinehändler in den USA schon erste Exemplare verschickt hatten, wurde „Palo Alto“ (Impulse!/Universal) wegen eines Rechtestreits vorerst auf Eis gelegt. Schade.

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Und wo wir gerade bei Legenden sind, darf das letzte Album von Saxofonist Jimmy Heath nicht fehlen, der Anfang des Jahres im Alter von 93 Jahren starb. „Love Letter“ (Verve) ist nun sein Abschiedsgruß geworden, und was für eine erhebende Platte das ist … Ausschließlich Balladen sind hier zu hören, Nummern, die sich sofort ins Herz schmeicheln wie Dizzy Gillespies „Con Alma“ oder die Billie-Holiday-Nummer „Don’t Explain“, Highend-Modern-Jazz, für den Jimmy Heath sich ein paar echte Luxus-Gäste gegönnt hatte: Sängerin Cécile McLorin Salvant, Siegerin im Jahrespoll des Fachmagazins „Downbeat“, Sänger Gregory Porter und Trompeter Wynton Marsalis. Dazu kommt eine Band, aus der Pianist Kenny Barron heraussticht. Und dann ist da eben Heath selbst, dessen betörend tiefer Saxofonsound bisweilen die entspannende Wirkung eines warmen Wannenbads hat – eintauchen und genießen. Jimmy Heath mag die Bühne für immer verlassen haben, doch „Love Letters“ wird sein Andenken noch lange ehren.