Hamburg. Die dänische Sängerin wird beim ersten ihrer zwei Konzerte in der Laeiszhalle frenetisch bejubelt und ist sichtlich gerührt.
Das Saallicht ist schon an, da kommt Tina Dico am Montagabend (das erste von zwei Konzerten hier) noch einmal zurück auf die Bühne der Laeiszhalle. Extra-Zugabe! Ihre Hamburger Fans sind derartig aus dem Häuschen, dass die dänische Sängerin ihnen einfach einen weiteren Song schenken muss.
Konzert Hamburg: Bei Tina Dico sind die Fans völlig aus dem Häuschen
„Wir haben dieses Lied eigentlich nicht im Programm und wenn ich den Text vergesse, könnt ihr sicher helfen“, sagt sie und stimmt, „Room With A View“ an, eine Ballade, die sie vor 20 Jahren herausgebracht hat. Das Publikum singt passagenweise mit, und als Dico sich ein letztes Mal verbeugt, ist sie sichtlich gerührt von der Euphorie, die sie ausgelöst hat. Zu Beginn des Abends hatte sie gesagt, dass Konzerte in Hamburg immer etwas Besonderes für sie seien. Keine Floskel, wie Musiker sie gern in jeder Stadt vor jedem Publikum benutzen, sondern eine ehrliche Sympathiebekundung.
Geschickt baut Dico den zweieinhalbstündigen Abend auf. Pünktlich um 20 Uhr erscheint sie in einem langen schwarzen Kleid, die langen blonden Haare zu zwei Zöpfen geflochten, auf der Bühne und wird mit Ovationen überschüttet. Sie beginnt den Abend mit einem Lied, das sie vor 30 Jahren als 16-Jährige geschrieben hat. „Diese Lieder waren damals wie ein Tagebuch. Ich konnte mit ihnen die Zeit anhalten“, erzählt sie und singt dann „Back When We Started“.
Auftritt Laeiszhalle: Beim sechsten Stück ist Tina Dicos Bands komplett
Für die nächste Nummer „You Know Better“ holt sie Dennis Ahlgren dazu. Der Gitarrist war damals einer der Jungs, der sie überredet hat, ihre Songs öffentlich zu spielen. Als Nächster kommt ihr Ehemann Helgí Jónsson auf die Bühne geschlendert. Mit ihm singt sie das Duett „Goldhawk Road“, beim sechsten Stück „Sacre Coeur“ ist die sechsköpfige Band dann komplett.
Dramaturgisch geschickt führt Dico jedes Bandmitglied mit ein paar Sätzen ein, gleichzeitig steigert sie die Intensität ihrer Songs. Was akustisch und sanft begonnen hat, entwickelt sich mehr und mehr zu einem Konzert mit Elementen aus Blues, Country und Rock. Tina Dicos Band klingt wie eine Americana-Combo, nur dass sie aus Skandinavien stammt und nicht aus Nebraska. Auch der vielstimmige Harmoniegesang hat amerikanische Vorbilder und erinnert an viele Westcoast-Bands.
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Komplettiert wird der Chor durch Marianne Lewandowski, mit der Dico ebenfalls schon lange zusammenarbeitet. Musikalisch ist das Programm abwechslungsreich austariert, eine besondere Qualität liegt aber in den sympathischen Erklärungen und Moderationen von Dico. Wegen ihrer natürlichen Art, der jedes Stargehabe fehlt, fliegen ihr die Herzen zu.
Konzert Hamburg: Ein Abend ist voller besonderer Momente
Im vergangenen Jahr hat Tina Dico ein neues Album herausgebracht, allerdings auf Dänisch. „Eigentlich ist Englisch meine poetische Sprache, aber ich dachte, ich muss mal Songs auf Dänisch schreiben, um den Zugang nicht zu verlieren“, erzählt sie. Die Heimat hat sie bereits vor vielen Jahren verlassen, mit Jónsson und ihren beiden Kindern lebt sie auf Island.
„Lykken er“ und „Menneskedyr“ singt sie im Original, den Titelsong „Bitte sma ryk“ hat sie ins Englische übersetzt: „Tiny Little Twists“ heißt die druckvolle Nummer nun. Der Konzertabend ist voller besonderer Momente: Einen sehr schönen gibt es im Zugabenteil, als Dico, Jónsson und Lewandowski mit baumelnden Beinen am Bühnenrand sitzen und unverstärkt „No Time To Sleep“ singen. Mit „The Road“ endet der Auftritt eigentlich, aber dann kommt Tina Dico noch einmal zurück – für diesen ganz speziellen Hamburg-Moment.