Hamburg. Der Berliner Popmusiker beendete am Sonntag seine „April Club Tour“ in Hamburg: Für seine Fans rettete er zwei Stunden lang die Welt.

Karotten mit Quark. Darauf kann sich doch irgendwie jede und jeder einigen: Es schmeckt knackig-lecker, ist leicht verdaulich, erzeugt kein Bauchgrummeln, irgendwie hat man ein gutes, gesundes Gefühl nach dem Essen. Leichte Kost eben. So wie das Konzert von Tim Bendzko am Montagabend in Hamburg: Nur dass der deutsche Singer-Songwriter noch sympathischer daherkommt als eine Karotte.

Bendzko spielt in der nicht ganz ausverkauften Großen Freiheit 36; der Auftritt bildet den Abschluss seiner „April Club Tour“ – eigentlich hätte er bereits im Frühjahr in der Hansestadt auf der Bühne stehen sollen, doch aus gesundheitlichen Gründen musste er seine Tour abbrechen.

Tim Bendzko in Hamburg: Support-Act ist seine Version auf Englisch

Bevor der 37-Jährige mit den blonden Wuschelhaaren auftritt, kommt die jüngere Version von Tim Bendzko auf die Bühne – ohne Wuschelhaare: der versteckte Support-Act Thilo unter einer dieser zu kurz geratenen Mützen, von der die Ohren nichts haben. Der Musiker ist schon die gesamte Tour dabei, Hamburg ist seine zwölfte Show. Die Erfahrung in Sachen Bühnenpräsenz ist ihm anzumerken, er bewegt sich so selbstverständlich-locker über das Parkett als wären die Menschen nur für ihn hier.

Dazu passt es auch, dass er das Publikum bereits zu einem solch frühen Zeitpunkt auffordert, die Taschenlampen – ihre Handys – anzuschalten und diese hin- und herzuschwenken – circa 30 Prozent folgen. In seiner Musik verschmelzen Pop, schlichter R’n‘B und Elektro-Beats, die Texte sind unkompliziert, die Melodien eingängig. Also ganz ähnlich wie der Hauptact – nur dass Thilo auf Englisch singt. Der Song „Heaven“ sticht heraus, den er zusammen mit dem spanischen Rapper Purin Work Flako aufgenommen hat und der auf TikTok viral gegangen ist.

Tim Bendzko in Hamburg: Sanfte und klare Stimme weckt Frühlingsgefühle

Es ist viertel vor neun, mystische Töne und ein Sternenhimmel auf dem großen Bühnenbildschirm erhöhen die Spannung im Raum. Und dann, endlich, erscheint der Berliner Popmusiker: Tim Bendzko eröffnet mit dem Titelsong seines im Frühjahr erschienenen Albums „April“. „Komm aus dem Winterschlaf“ und „Werd‘ mich wie ’n Phönix aus der Asche neu entfalten“ heißt es im Text, was bei dem Ekelwetter im Oktober eher wie ein Aprilscherz wirkt.

Doch ein wenig frühlingshafte Wärme umgibt das Herz schon bei der klaren und sanften Stimme von Bendzko. Die Menge ruckelt hin und her, das Bühnenbild ist geschmückt mit Leuchtstäben, die mal in tiefem Blau, im kalten Weiß oder in Neongrün erscheinen. „Freut euch nicht zu früh“, verkündet Bendzko grinsend, als er erzählt, dass dies seine letzte Show der Tour ist: „Das heißt, dass wir heute alle Energie dalassen.“

Tim Bendzko singt über Herzschmerz – seine Hamburger Fans jubeln

Er wirkt so nahbar und sympathisch, es ist kaum vorstellbar, dass ihn jemand nicht mögen könnte (unabhängig von seiner Musik). Vor allem beim Song „Alleine in Paris“ möchte man ihn am liebsten ganz fest drücken: „Das ist so ähnlich wirklich so passiert, mit meiner Ex-Ex-Ex-Freundin aus Hamburg. Ich hatte damals einen Urlaub geplant, wir waren beide zusammen am Flughafen, doch im Flugzeug war ich dann alleine“, erzählt er.

Im Musikvideo, das im Hintergrund läuft, sieht man Bendzko, wie er alleine durch die französische Hauptstadt stapft: Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, melancholischer Blick. Bedröppelt sitzt er vor einem Kinderkarussell und futtert Zuckerwatte – die Fans bejubeln seinen offen ausgelebten Herzschmerz.

Tim Bendzko lässt seine Fans nicht in traurige Stimmung kommen

Überhaupt sorgt sich der Köpenicker den ganzen Abend lang um die seelische Verfassung seines Publikums: Auch als er die Akustikgitarre auspackt und traurigere Songs spielt, soll es bloß nicht zu traurig werden, die herbstliche Depression darf gerne draußen bleiben. Bendzko bewegt sich gekonnt über die Bühne, tänzelt mit minimalistischen Bewegungen von rechts nach links.

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Zwölf Jahre nachdem sein Hit „Nur noch kurz die Welt retten“ erschien, ist die Welt zwar weit davon entfernt gerettet zu sein, doch den Songtext haben seine Fans noch immer drauf. Auch bei Liedern wie „Keine Maschine“, „Kein Problem“ und „Hoch“ wird lautstark mitgesungen.

Tim Bendzko in Hamburg: Seine Fans wirken rundum zufrieden

Einen wertvollen Lebenstipp gibt Tim Bendzko auch noch mit auf den Weg, mit seinem Song „Leichtsinn“: „Du kannst das Leben leicht nehmen, auch wenn es das nicht ist“, singt er, und man nimmt ihm irgendwie ab, dass dieses Motto bei ihm funktioniert.

Die Fans sind rundum zufrieden. Ein erwartungsgemäß leicht verdaulicher Abend, der ein wohliges Gefühl im Bauch hinterlässt. Und das muss man in diesen Zeiten erst mal schaffen.