Tim Bendzko im Interview über die Rettung der Welt und die Herausforderungen des Vaterseins. Am 8.4. singt er in Hamburg.
Es ist ein Titel, der zeitlich ziemlich gut passt: Tim Bendzko hat sein neues Album „April“ genannt. Am 8.4. tritt er in der Großen Freiheit 36 auf. Es gibt noch Karten.
Einer der Songs auf Ihrem neuen Album heißt „Wer rettet die Welt für mich“ und ist damit auch eine Anspielung auf den Überhit „Nur noch kurz die Welt retten“ …
Tim Bendzko: Auf den werde ich auch heute noch mindestens einmal pro Woche angesprochen. Dann sagen Leute zu mir: „Mensch Tim, du wolltest doch die Welt retten! Warum hast du es noch immer nicht getan?“ Abgesehen davon, dass sie den Text des Songs bis heute nicht wirklich verstanden haben, zeigt mir das auch, dass es in der menschlichen Natur liegt, darauf zu hoffen, dass irgendjemand anderes kommt, um für uns die Welt zu retten.
Wahrscheinlich auch deshalb, weil sich viele Menschen sagen: Was kann ich als einer unter Milliarden schon groß verändern …
Ehrlich gesagt ist es in meinen Augen unrealistisch, dass sich das Bewusstsein auf der Erde so schnell wie nötig verändert, dass zum Beispiel alle den Verbrenner zukünftig stehen lassen. Ich würde es mir natürlich sehr wünschen – aber es wird nicht passieren! Viele Länder, die einen besonders großen CO2-Ausstoß haben, zählen auch zu den ärmsten. Und die interessiert es leider überhaupt nicht, was wir hier gerade planen, weil die ganz andere Probleme haben… Deswegen wird es nicht die Lösung sein, dass wir mit dem Finger aufeinander zeigen und sagen: Wenn ihr euren Müll nicht trennt, mit dem Auto fahrt oder mit dem Flugzeug fliegt, dann seid ihr schlechte Menschen.
„Es wird auf der Welt leider noch viel kaputtgehen und Leid entstehen“
Was brauchen wir stattdessen?
Eine preiswerte, grüne Energiequelle wäre die Lösung aller Probleme. Dass nach so einer Quelle bereits heute wild geforscht wird, steht für mich außer Frage. Und mit steigendem Druck werden auch die Anstrengungen erhöht. Ich bin sehr optimistisch, dass die Menschheit es schaffen wird – auch wenn bis dahin leider noch viel kaputtgehen und Leid entstehen muss.
Sie gehen jetzt mit Ihrem neuen Album im Gepäck auch auf Tour …
… und diesmal möchte ich in dieser Zeit keine einzige Nacht mehr in einem Hotel übernachten, sondern mit einem Camper in Deutschland umherreisen.
Woher kommt bei Ihnen diese Abneigung gegen Hotels?
Grundsätzlich habe ich gar keine Abneigung und habe auch schon in vielen wirklich tollen Hotels übernachtet. Das Problem ist nur, dass ich dort nie wirklich gut schlafen konnte. Entweder war das Zimmer zu kalt oder zu warm und manchmal lag es an einer vierspurigen Straße…und jetzt, wo ich langsam auf die 40 zugehe, möchte ich es auf Tour unbedingt so bequem haben wie möglich.
Der Song „Für Dich“ ist eine Liebeserklärung an Ihren inzwischen zweijährigen Sohn. Was ist für Sie das Tollste am
Papa-Sein?
Das sind zu viele Dinge, um sie hier jetzt aufzuzählen. Ich erwische mich auf jeden Fall immer wieder, wie ich mit offenem Mund dasitze, meinen Sohn betrachte und es nicht so richtig glauben kann, dass ich zu diesem Wunder etwas beigetragen haben soll. (lacht) Seit ich Vater bin, erlebe ich gerade ganz besonders oft wieder die Magie des ersten Mals. Das ist ein wahres Feuerwerk. Allein bei der Geburt mit dabei gewesen zu sein, hat mich komplett umgehauen.
Was ist die größte Herausforderung in Ihrem neuen Leben?
Dass ich immer wieder ins kalte Wasser springen muss. Du kannst im Vorfeld noch so viele Bücher über das Thema lesen, am Ende weißt du beim ersten Kind trotzdem so gut wie nichts. Auch ich konnte nicht wissen, wie ich mich am Ende auf die neue Situation einstellen würde und ob ich das in Sachen Stress auch wirklich gut handhaben kann. Niemand kann im Vorfeld wissen, wie seine Partnerin oder sein Partner mit diesem komplett neuen Leben umgeht. Es ist im Grunde ein großes Experiment, bei dem beide hoffen, dass es am Ende auch hinhaut.
„Wenn es richtig stressig wird, bin ich meistens sehr klar im Kopf“
Wie stressresistent sind Sie?
Ich habe einen ganz guten Notfallmodus in mir: Gerade in herausfordernden Situationen als Papa, in denen es richtig stressig wird, bin ich meistens sehr klar im Kopf. Dann fokussiere ich mich total auf den Moment und versuche alles so ruhig wie möglich anzugehen.
Ein Beispiel?
Ich müsste eigentlich dringend Schreibkram erledigen – und der Kleine dreht durch. Dann gelingt es mir bislang ganz gut, mich nicht in den Genervt-Modus hineinzusteigern, sondern sage dann still zu mir: Okay Tim, du kannst deine Arbeit jetzt einfach nicht weitermachen. Du wirst es heute nicht schaffen, weil jetzt einfach eine unvorhergesehene Situation eingetreten ist. Ich glaube, das lernen alle Eltern schnell. Ganz egal, ob sie nun ein relativ entspanntes Kind haben oder nicht.
Was halten Sie von genderneutraler
Erziehung?
Grundsätzlich soll es bitte jedes Elternpaar selbst entscheiden, wie es sein Kind aufwachsen lassen möchte. Grundsätzlich finde ich es immer gut, wenn Dinge hinterfragt und alte Gesellschaftsbilder aufgebrochen werden. Natürlich dürfen heute Jungen mit Puppen spielen und Mädchen mit einem Spielzeugrennwagen. Wenn sie Lust darauf haben! Grundsätzlich bin ich der Überzeugung, dass Erziehung vor allem Vorleben ist.
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Was meinen Sie konkret?
Kinder gucken sich am Ende das ab, was die Eltern sagen und tun. Wenn ich zum Beispiel den ganzen Tag in Lila herumlaufen würde, würde das mein Sohn wahrscheinlich auch irgendwann cool finden.
Wir halten Sie Ihr inneres Kind lebendig?
Dafür muss ich gar nichts tun, da ich mein inneres Kind bis heute eher bremsen muss, weil es sonst viel zu viel Quatsch anzettelt (lacht). Ich kann mich einfach gut für Dinge motivieren und habe immer einen riesigen Spaß dabei. Wenn ich in einen leeren Raum komme, finde ich das supergeil und habe sofort Tausend Ideen.
Konzert: Sa 8.4., 19.30, Große Freiheit 36, Karten zu 49,95 Euro im Vorverkauf