Hamburg/Lübeck. Wohnungswirtschaft schätzt Lage überwiegend als schlecht ein, Mieten dürften steigen. Was der VNW jetzt fordert und was Hoffnung macht.

Dass die Stimmung in der Wohnungswirtschaft auch in Hamburg und Umgebung nicht gut ist, war schon länger klar. Wie schlecht die Unternehmen die Lage einschätzen und welche Folgen das haben könnte, wurde jetzt auf der Tagung des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) in Lübeck deutlich. Demnach stehen in Norddeutschland mehr als 2500 Neubauwohnungen auf der Kippe. Bei weiteren 1700 Wohnungen droht eine Verschiebung der Sanierung oder gar ein Verzicht darauf.

Vier von fünf befragten Unternehmen (78 Prozent) bewerten die Lage nach Mitteilung des VNW als „sehr schlecht“ oder „schlecht“. 19 Prozent erklärten, die Bedingungen seien befriedigend – kaum ein Unternehmen schätzt seine Lage also als „gut“ ein. Als Folge wollen 56 Prozent der Unternehmen den Neubau von Wohnungen verschieben oder darauf verzichten, weitere 28 Prozent sind sich dessen noch nicht sicher.

Mieten Hamburg: Neubau von 2500 Wohnungen im Norden auf der Kippe

Lediglich 16 Prozent der Unternehmen, die an der Studie teilnahmen, halten an ihren geplanten Neubauprojekten fest, so der VNW, der diese Umfrage unter seinen Mitgliedern zwischen dem 4. und 12. September durchgeführt hat. 80 von 296 befragten Unternehmen nahmen daran teil. Insgesamt vertritt der Verband in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein 418 Genossenschaften und Wohnungsgesellschaften, die 686.000 überwiegend günstige Wohnungen mit einer durchschnittlichen Nettokaltmiete von 6,41 Euro pro Quadratmeter verwalten.

Im vergangenen Jahr stellten die VNW-Unternehmen im Norden insgesamt 3549 Wohnungen fertig, darunter allein 2095 in Hamburg. Wenn sie jetzt mehr als 2500 Neubau-Wohnungen bedroht sehen, darunter knapp 1000 in der Hansestadt, ist das also keine Kleinigkeit.

Hohe Zinsen und komplexe Bauvorschriften erschweren Neubau im Norden

Die drei größten Probleme seien derzeit die hohen Zinsen, hohe Baupreise und „komplexe sowie kontraproduktive Bauvorschriften und Baustandards“, so der VNW. Auch die verschlechterte staatliche Förderung sei ein wichtiger Grund dafür, dass die Unternehmen die Finger vom Neubau lassen.

„Die sozialen Vermieter, die gut 40 Prozent aller bezahlbaren Mietwohnungen in Norddeutschland anbieten, wissen sich angesichts des Gegenwindes nicht mehr anders zu helfen, als das Geld zusammenzuhalten und auf Neubauten zu verzichten“, sagte VNW-Direktor Andreas Breitner. „Das erfüllt fast schon den Tatbestand der Notwehr.“

Unternehmen verzichten im Norden aus „Notwehr“ auf den Wohnungsbau

Das sei vor allem angesichts des steigenden Bedarfs an bezahlbaren Wohnungen eine schlechte Nachricht, so Breitner. „Schon jetzt ist der Wohnungsmarkt angespannt. Ich fürchte, wir werden in den kommenden Jahren eine Zunahme der Verteilungskonflikte erleben.“

Vor allem im Segment der frei finanzierten Wohnungen seien weitere Mietsteigerungen zu erwarten. „Das wird dazu führen, dass mehr Menschen mit mittlerem oder geringem Einkommen nach einer preisgünstigeren Wohnung suchen werden und so die Lage auf dem Wohnungsmarkt verschärfen.“

Der VNW-Direktor forderte eine deutliche Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren: „Leider passiert das Gegenteil“, so Breitner, „die Zahl der Vorschriften steigt nach wie vor. Dabei wäre der Abbau von Bürokratie ohne millionenschwere öffentliche Investitionen machbar und müsste eigentlich für jede Partei ganz oben auf der Prioritätenliste stehen.“

Mieten Hamburg: Höhere Förderung für Sozialwohnungen scheint zu wirken

Immerhin: Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) berichtete auf der Tagung, dass aufgrund der deutlich erhöhten sozialen Wohnraumförderung vermehrt Unternehmen frei finanzierte Wohnungen in sozialen Wohnungsbau umwandeln. Bislang seien das rund 400 Wohnungen, die jetzt öffentlich gefördert würden.