Hamburg. Bis zu 3800 Euro können Fahrstunden und Prüfungen kosten – lange Wartezeiten erhöhen die Kosten. Firmen bieten Azubis Zuschuss an.
Ohne die Unterstützung ihrer Großeltern hätte Emma den Führerschein noch nicht in der Tasche. Zu ihrem Glück übernahmen Oma und Opa für die 23-jährige Hamburgerin einen Teil der Kosten – 3400 Euro musste sie für den Führerschein berappen. Die junge Frau studiert Medizin, sie möchte Notärztin werden. „Das ist ohne Führerschein praktisch gar nicht möglich.“
Sie arbeite neben dem Studium als Laborkraft in einer Praxis und habe zuletzt bereits mehr Schichten übernommen. Pro Doppelfahrstunde, also 90 Minuten praktischen Unterricht, zahlte sie 126 Euro. Dafür sei fast ein Wochengehalt ihres Jobs draufgegangen, sagt Emma, die ihren richtigen Namen hier nicht nennen möchte. „Ich bin froh, dass ich die Prüfung beim ersten Versuch geschafft habe.“ Wäre die Studentin durchgefallen, hätte sie noch einmal mindestens 600 Euro zusätzlich ausgeben müssen, sagt sie.
Führerschein in Hamburg kostet oft mehr als 3000 Euro
Vor einigen Jahren zahlten junge Frauen und Männer in Hamburg noch weniger für den Führerschein, wie 2019 etwa eine Auswertung der Onlineplattform Ladenzeile ergab. Dafür waren 120 Fahrschulen in Hamburg verglichen worden. Die durchschnittlichen Gesamtkosten lagen demnach bei 1996,84 Euro; der Durchschnittspreis für eine Fahrstunde lag bei 42,44 Euro.
Mittlerweile werden in Hamburg pro Stunde zwischen 60 und 75 Euro und insgesamt etwa zwischen 2500 Euro und 3800 Euro fällig, sagt Bernd Ehlers, stellvertretender Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Hamburg. „Unter 2000 Euro ist es kaum zu schaffen.“ Der Gesamtbetrag setze sich aus drei Teilen zusammen: einer Grundgebühr von 350 bis 500 Euro für den theoretischen Unterricht in der Fahrschule, Kosten für Fahrstunden (der Hamburger Durchschnitt liege bei 25 Doppelstunden) und etwa 400 Euro für die theoretische und die praktische Prüfung inklusive Gebühren.
Fahrlehrerverband verweist auf gestiegene Spritpreise und hohe Inflation
Dem ADAC zufolge bildet die Hansestadt keine teure Ausnahme: Bundesweit könnten die Kosten für den Führerschein zwischen 2100 und mehr als 4000 Euro liegen. Bernd Ehlers verweist zur Begründung etwa auf gestiegene Treibstoffpreise. Hinzu komme die allgemeine Preissteigerung: Angestellte Fahrlehrer verlangten deshalb mehr Gehalt.
Mehr aufwenden müssten Fahrschulen auch für die Anschaffung und Unterhaltung ihrer Autos, sagt Ehlers. Etliche Firmen bieten ihm zufolge nun auch den Führerschein B197 an. Dafür absolvieren Fahrschüler manche Unterrichtsstunden im Schaltwagen, die meisten aber in einem Pkw mit Automatikgetriebe. Solche Fahrzeuge sind meist teurer, haben Ehlers zufolge allerdings Vorteile: „Zum Abwürgen des Motors vor dem Abbiegen kommt es damit nicht mehr.“ Aber: „Was die Schüler an Mehrwert bekommen, zahlen sie auch.“
ADAC: Verkehr in Hamburg komplexer als in vielen anderen Städten
Der ADAC-Hansa hält die Begründung für die hohen Führerscheinkosten für stichhaltig. Für die Hamburger Fahrschüler komme erschwerend hinzu, dass in der Hansestadt vergleichsweise viele Fahrstunden nötig seien, weil der Verkehr bei uns etwa durch sechsspurige Hauptstraßen, große Kreuzungen, viele Bus- und Fahrradstreifen sowie Baustellen und Staus komplexer sei als in vielen anderen Städten, sagt ADAC-Hansa-Sprecherin Anna Maria Dahmen.
Das wirkt sich womöglich auf die praktischen Prüfungen aus. Wie Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes von 2022 zeigen, hat Hamburg im Bundesvergleich die höchste Durchfallquote: 45,1 Prozent der praktischen Fahrprüfungen missglückten hier. Seit 2021 gilt bundesweit die „Optimierte Praktische Fahrerlaubnisprüfung“, womit sich die Prüfung von 45 auf 55 Minuten verlängert hat.
Fahrschüler müssen in Hamburg mitunter lange auf die Prüfung warten
Nicht hinnehmbar sei, dass Fahrschüler in Hamburg mitunter monatelang auf Fahrprüfung warten müssen, sagt Anna Maria Dahmen. Das bringe etliche junge Leute dazu, zusätzliche Fahrstunden zur Überbrückung zu buchen, was die Kosten weiter in die Höhe treibe. „Das ist ein Problem seitens der Fahrschulen, das behoben werden muss“, sagt Dahmen. „Hier ist der Verbraucher eindeutig benachteiligt.“ Auch Studentin Emma erzählt, sie habe sieben Wochen warten müssen und in dieser Zeit drei Doppelstunden genommen, um in der Übung zu bleiben.
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Auf finanzielle Unterstützung können Azubis in Hamburg hoffen. „Wir beobachten, dass sich Handwerksbetriebe immer häufiger an den Kosten für einen Führerschein beteiligen oder diese sogar ganz übernehmen“, sagt Christiane Engelhardt, Sprecherin der Handwerkskammer. Das diene dazu, als Ausbildungsbetrieb attraktiver zu werden und sei sinnvoll, wenn junge Leute keinen Führerschein haben, „ihn aber zur Ausübung eines Handwerksberufs, etwa zum Führen von Montage-, Werkstatt- und Servicefahrzeugen, brauchen“.
Gebäudedienstleister übernimmt Kosten für Führerschein bis 2500 Euro
Wie die Lehrstellenbörse der Kammer zeigt, unterstützt etwa der Gebäudedienstleister Piepenbrock Azubis nach bestandener Probezeit mit bis zu 2500 Euro für den Führerschein. Auch die M & M Elektroservice GmbH bietet die „Möglichkeit zur Kostenübernahme“ für den Führerschein Klasse B.
Menschen mit Schwerbehinderung können über die Kraftfahrzeughilfe einen Zuschuss zum Führerschein bekommen, sagt Klaus Wicher, Landesvorsitzender des Sozialverbands SoVD. Das gelte auch für Auszubildende, Studierende und Arbeitslose mit Aussicht auf einen Arbeitsplatz, die kein Einkommen oder Vermögen haben: Sie können beim Sozialamt einen Zuschuss beantragen.
Linken-Abgeordnete fordert erneut kostenlosen HVV für bedürftige junge Leute
„Nach wie vor fragen viele Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch, ob ein Führerschein vorhanden ist“, sagt Wicher. „Auch wenn das Geld knapp ist und der Führerschein zu teuer, darf dies nicht zu einer Benachteiligung führen. Leider handelt es sich bei den Jobcentern um eine reine Ermessensentscheidung, ob die Kostenübernahme bewilligt wird. Hier muss es eine vernünftige rechtliche Grundlage geben.“
Wichtig für die soziale Teilhabe seien ein niedriger HVV-Preis und gute Bus- und Bahnanbindungen, sagt die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann. „Selbst das 19-Euro-Ticket für Menschen mit Anspruch auf Sozialrabatt ist für viele bedürftige junge Leute noch zu teuer – für sie müsste der HVV kostenlos sein.“