Hamburg. Rot-grüne Bodenpolitik: Senat hat 67 Hektar aufgekauft und mehr Erbbaurechte vergeben. Opposition spricht von „Sozialismus light“.

Im Oktober 2019 hat der rot-grüne Senat seine neue soziale Bodenpolitik ins Leben gerufen. Ziel ist die Vergrößerung des Anteils städtischer Flächen zum Zwecke des Wohnungsbaus durch verstärkten Ankauf.

So sollen Bodenspekulation verhindert und die Mieten langfristig stabil gehalten werden. Jetzt hat Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) eine erste Zwischenbilanz gezogen, die zeigt, wie mühsam die Umsteuerung ist.

Im vergangenen Jahr hat der zur Finanzbehörde gehörende Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) 67,6 Hektar durch Ankäufe und die Ausübung von Vorkaufsrechten erworben. Umgekehrt wurden Flächen im Umfang von 21,1 Hektar verkauft.

Wohnungsbau Hamburg: Kampf gegen Spekulanten – Stadt kauft mehr Flächen auf

Im Saldo ist die Gesamtfläche, die im Besitz der Stadt und im Grundbuch eingetragen ist, von 29.345 auf 29.397 Hektar (Wasserflächen eingeschlossen) gewachsen, wobei in diese Statistik auch noch Aktivitäten aus 2021 eingeflossen sind. Dabei sind die Grundstücke, die den zahlreichen öffentlichen Unternehmen gehören, noch nicht mit eingerechnet.

Insgesamt hat der LIG für die Flächenankäufe 157 Millionen Euro ausgegeben und aus den Verkäufen 59 Millionen Euro eingenommen. „Mehr Grund und Boden in öffentlicher Hand – das sichert der Stadt Handlungsoptionen für die nächsten Jahrhunderte, es dämpft die Bodenpreisentwicklung und bekämpft Bodenspekulation“, sagte Dressel.

Wohnungsbau Hamburg: Gut 30 Hektar für Natur- und Landschaftsschutz erworben

Andererseits: Angesichts einer Gesamtfläche Hamburgs von 75.500 Hektar nimmt sich der städtische Flächenzuwachs um 52 Hektar noch recht bescheiden aus. Es kommt hinzu, dass nicht alle erworbenen Flächen dem Wohnungsbau zugutekommen werden.

Allein 30,8 Hektar hat der LIG für den Natur- und Landschaftsschutz sowie für Grünflächen angekauft. Größte Akquise im Bereich Baugrundstücke ist der Erwerb von 3,9 Hektar für das Projekt Science City Bahrenfeld, dessen Stadtentwicklungskonzept eine Mischung aus Forschung und Wissenschaft sowie Wohnungsbau vorsieht.

Finanzsenator Dressel lobt die SAGA, die verstärkt Wohnungen aufkaufen will

Dressel betonte, dass die öffentlichen Unternehmen in die soziale Bodenpolitik des Senats einbezogen werden. „Die öffentlichen Unternehmen leisten schon jetzt einen wichtigen Beitrag“, sagte der Finanzsenator. Ausdrücklich lobte der SPD-Politiker das Engagement der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA, die verstärkt Flächen zum Zwecke des Wohnungsbaus und Wohnungen aufkaufen will.

Anders als bisher müssen künftig alle öffentlichen Unternehmen Flächen und Immobilien, die sie nicht mehr benötigen und verkaufen wollen, dem LIG melden. Wenn der LIG nicht zugreift, dürfen die Unternehmen die Grundstücke vorrangig im Erbbaurecht verkaufen. Ein jährliches Monitoring soll das neue Verfahren überwachen. „Die Leine zu den öffentlichen Unternehmen wird etwas kürzer gezogen“, sagte Dressel.

Rot-Grün: Ziel ist, dass die Hälfte der Gesamtfläche Hamburgs der Stadt gehört

Ziel des Senats sei es, dass die Hälfte der Gesamtfläche Hamburgs im Besitz der Stadt und der öffentlichen Unternehmen sei. Derzeit liege die Quote, so Dressel, bei gut 48 Prozent. „Die 50 Prozent sind für uns kein Pokal, den wir in der Hand halten wollen. Es ist ein reizvoller Beifang, über den wir uns freuen, wenn wir 50 Prozent haben“, sagte LIG-Geschäftsführer Christof Otto. „Wir wollen in erster Linie qualitätvoll ankaufen. Wir haben begrenzte Ressourcen“, sagte Otto. „Groß und billig zu kaufen“ heiße nicht immer automatisch „gut für die Stadt“.

Zentraler Baustein der neuen Bodenpolitik ist die Vergabe städtischer Flächen im Wege des Erbbaurechts. Im vergangenen Jahr wurden Erbbaurechte für 16,8 Hektar bestellt. Nach Angaben der Finanzbehörde hat sich die Zahl der Erbbaurechtsverträge von 4350 (2021) auf 4380 (2022) leicht erhöht.

Wie berichtet, hatten die private Wohnungswirtschaft und die Wohnungsgenossenschaften massiv gegen die Ankündigung des Senats protestiert, Flächen für den Wohnungsbau künftig nur noch im Wege des Erbbaurechts zu vergeben. Wohnungsneubau lohne sich dann nicht mehr, lautete das zentrale Argument.

Dressel: „Hamburg hat deutschlandweit die besten Erbbaurechtskonditionen“

„Wir sind auf die Sorgen der Wohnungswirtschaft eingegangen. Hamburg hat jetzt deutschlandweit die besten Erbbaurechtskonditionen“, sagte Dressel. Der Erbbauzinssatz werde trotz der Zinswende auf dem Kapitalmarkt auf 1,3 Prozent für das Wohnen und 1,6 Prozent für Gewerbe bis Ende 2025 festgeschrieben. Zudem erhielten die Vertragspartner durch eine wiederkehrende Verlängerungsoption um 40 Jahre nach Ablauf von 100 Jahren quasi ein ewiges Erbbaurecht.

„Während am Kapitalmarkt die Bauzinsen steigen, sinkt der Erbbauzins bei uns. Wir schaffen damit in schwierigen Zeiten am Bau zusammen mit verbesserter Wohnungsbauförderung bestmögliche Rahmenbedingungen“, sagte Dressel. Allerdings werde das Erbbaurecht nie ein „Massengeschäft“ werden.

Erneut wies der SPD-Politiker das Ziel der Volksinitiative „Hamburg enteignet“ energisch zurück, die die Vergesellschaftung aller privaten Wohnungsunternehmen mit mehr 500 Wohnungen fordert.

Opposition kritisiert „Sozialismus light“ der rot-grünen Wohnungspolitik

„Hamburg hat deutschlandweit die besten Erbbaurechtskonditionen. Das Problem ist nur, dass die Wohnungswirtschaft generell kein Interesse hat, dieses Instrument zu nutzen. Also wird es weiterhin so sein, dass die Unternehmen versuchen werden, im Hamburger Umland Wohnungsbau zu betreiben“, sagte Anke Frieling, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

„Die Bodenpolitik des Senats bleibt sozialistisch und schreckt Investoren ab. Das Erbbaurecht legt den Wohnungsbauunternehmen Steine in den Weg. Hamburg hat eine Wohneigentumsquote von gerade einmal 23 Prozent. Der Königsweg ist: mehr Eigentum, weniger Steuern, Baukosten senken und zügige Baugenehmigungen, damit bezahlbare Wohnungen errichtet werden können“, sagt AfD-Vizefraktionschef Alexander Wolf.

„Angesichts der selbst verschuldeten Krise des Hamburger Wohnungsbaus wird jetzt vom Finanzsenator mühsam nachgebessert. Mit Konditionsverbesserungen versucht er, das Desaster nachträglich zu heilen. Eine Wende zum Besseren im Wohnungsbau wird bestenfalls teilweise gelingen, solange der falsche Ansatz des ,Sozialismus light’ nicht grundsätzlich korrigiert wird“, sagt die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein.