Hamburg. Viele Hamburger Schulen in privater Trägerschaft trumpfen auf. Wie die Schulen abschnitten und was hinter den guten Abi-Noten steckt.

Die Schülerinnen und Schüler an Hamburgs Privatschulen haben beim Abitur in diesem Jahr ungewöhnlich gut abgeschnitten. Vor allem die Rudolf-Steiner-Schulen mit ihrer Waldorf-Pädagogik, die katholische Sophie-Barat-Schule im Stadtteil Rotherbaum sowie die privaten Brecht-Schulen erzielten Durchschnitts-Abiturnoten mit einer eins vor dem Komma.

Die besten Durchschnittsnoten beim diesjährigen Abitur schafften tatsächlich Privatschulen. Die Rudolf-Steiner-Schule Bergedorf führt die Rangliste aller Hamburger Schulen mit einem Durchschnittsergebnis (!) von 1,80 an, gefolgt von den Rudolf-Steiner-Schulen in Bergstedt (1,81) und Harburg (1,85) und der Sophie-Barat-Schule am Mittelweg mit 1,87. Erst dann folgt die beste staatliche Schule: die traditionsreiche Gelehrtenschule des Johanneums mit 1,88.

Hamburgs Privatschulen schlagen staatliche Schulen bei Durchschnittsnote

Von insgesamt 8654 Abiturientinnen und Abiturienten in diesem Jahr legten 744 die Reifeprüfung an nicht staatlichen Schulen ab. Während die Durchschnittsabiturnote an staatlichen Schulen bei 2,32 liegt, ist sie an Privatschulen bei 2,13, so Zahlen der Schulbehörde.

Eine mögliche Erklärung ist das Sozialprofil der Schülerschaft bei einigen der Schulen. Die Sophie-Barat-Schule gilt als „Eliteschule“ und wird von Kindern und Jugendlichen aus unterschiedlichen Teilen der Stadt besucht. Die Brechtschulen werben mit ihrer Begabtenförderung.

Erfolgsrezept der Privatschulen: leistungsstarke Schüler, kleine Schulen

„Einzelne Schulen in privater Trägerschaft vergeben vergleichsweise gute Abiturabschlussnoten, weil es sich entweder um sehr kleine Schulen handelt, sie sich auf eine sehr bildungsnahe Elternschaft (Rudolf-Steiner-Schulen) oder sich vom Schulprofil her ohnehin auf sehr leistungsstarke Schüler beschränken (Brecht-Schulen)“, sagte Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde, auf Anfrage. „Die (katholische) Sophie-Barat-Schule (Gymnasium) hat eine sehr ähnliche Zusammensetzung und Ausrichtung wie etwa das Johanneum oder Christianeum, erwartungsgemäß liegen auch die Durchschnittsnoten zwischen 1,87 und 1,89 sehr nah beieinander.“

So haben die Privatschulen bei den Durchschnitts-Abiturnoten in diesem Jahr abgeschnitten:

  • Rudolf-Steiner-Schule Bergedorf: 1,80
  • Rudolf-Steiner-Schule Bergstedt: 1,81
  • Rudolf-Steiner-Schule Harburg: 1,85
  • Sophie-Barat-Schule: 1,87
  • Privates Gymnasium Brecht: 1,88
  • Niels-Stensen-Gymnasium: 1,89
  • Privates Abendgymnasium Brecht: 1,89
  • Rudolf-Steiner-Schule Nienstedten: 1,92
  • Private Stadtteilschule Brecht: 2,03
  • Joseph-Carlebach-Schule (Stadtteilschule): 2,12
  • Rudolf-Steiner-Schule Altona: 2,18
  • Bilinguales Gymnasium Phorms Hamburg: 2,20
  • Sankt-Ansgar-Schule: 2,27
  • Wichern-Schule (Gymnasium): 2,32
  • Bugenhagen-Schule Alsterdorf (Stadtteilschule): 2,41
  • August-Hermann-Francke-Schule Uhlenhorst: 2,49
  • Katholische Stadtteilschuloberstufe Nord-West an der Sophie-Barat-Schule: 2,57
  • Katholische Stadtteilschuloberstufe Süd am Niels-Stensen-Gymnasium: 2,79
  • Bugenhagen-Schule im Hessepark (Stadtteilschule): 2,79
  • Katholische Stadtteilschuloberstufe Nord-Ost an der Sankt-Ansgar-Schule: 2,87

Lehrer können Oberstufenzeit unterschiedlich bewerten

Um das Abitur gerechter zu gestalten, wurde 2014 in Hamburg in fast allen Schulfächern das erweiterte Hamburger Zentralabitur eingeführt. Seitdem müssen alle Stadtteilschulen und Gymnasien in 27 Fächern dieselben zentral vorgegebenen Hamburger Abituraufgaben im schriftlichen Abitur einsetzen. Das erweiterte Zentralabitur umfasst auch klar vorgegebene Bewertungsraster für die korrigierenden Lehrkräfte. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass das schriftliche Abitur an allen Hamburger Schulen gleich schwer ist.

Allerdings: Zwei Drittel der Abiturnote machen die Kursergebnisse aus der Oberstufe aus – hier sind die Lehrerinnen und Lehrer freier in ihrer Benotung. „Erfahrungswerte zeigen, sowohl für private wie staatliche Schulen, dass es durchaus Unterschiede in der Bewertung und im Leistungsanspruch gibt“, so Behördensprecher Albrecht. Die Ergebnisse der – schriftlichen und mündlichen – Abiturprüfungen fließen zu einem Drittel in die Abiturnote ein.

Katholische Schulen setzen auf „Spirit der Gemeinsamkeit“

Christopher Haep, Leiter der Abteilung Schule und Hochschule des Erzbistums, sagt: „Es sind letztlich drei entscheidende Aspekte, die die Grundlage für das gute Abschneiden der katholischen Schulen bilden: Erstens die bewusste Entscheidung der Eltern, die unsere Schulen wegen der hohen Bildungs- und auch Sozialkompetenzen anwählen. Und die sie eben auch erwarten können. Zweitens die Fähigkeit und Bereitschaft unserer Lehrkräfte, eben diese hohen Bildungsstandards engagiert umzusetzen.

Auch aus den Rückmeldungen unserer Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst spüren wir immer wieder, dass ihnen dieses besondere Engagement an den katholischen Schulen sofort auffällt. Sie spüren den Spirit der Gemeinsamkeit, das gemeinsame Wirken in den Kollegien. Drittens sind wir als privater Schulträger sehr nah an unseren Schulen dran und achten auf die regelmäßige Absicherung der pädagogischen Qualität. Und das macht sicherlich einen wesentlichen Unterschied aus.

Andreas Haase, Geschäftsführer der Brecht-Schule in St. Georg, weist darauf hin, dass deren Klassen jeweils zur Hälfte aus normal und besonders begabten Schülerinnen und Schülern zusammengesetzt ist. „Eine einfache, aber auch genauso falsche Erklärung für das gute Abschneiden ist, dass ein Schwerpunkt der Brecht-Schule die Hochbegabtenförderung ist und gute Abschlüsse damit eigentlich programmiert und selbstverständlich sind“, sagt Haase.

„Richtig ist aber vielmehr, dass die Brecht-Schule über ein besonders motiviertes und engagiertes Kollegium verfügt, für das die individuelle Förderung ein Hauptelement des Unterrichtskonzepts ist. Für die Schülerinnen und Schüler führt dieses zu einer sehr persönlichen Atmosphäre und einem Wohlfühlklima mit Freude am Lernen“, sagt der Brecht-Geschäftsführer.

Die Brecht-Schule besuchen je zur Hälfte normal und besonders begabte Kinder

„Ganz wesentlich für eine gelingende Bildungs- und Erziehungsarbeit ist auch eine konstruktive und vertrauensvolle Kooperation zwischen Schule und Elternhaus. Ziel der Brecht-Schule ist es ganz deutlich nicht, eine reine Elite herauszubilden, sondern viel wichtiger ist die Erziehung der Schülerinnen und Schüler zur demokratischen Mitwirkung und zur Verantwortungsübernahme. Man könnte daher – wenn überhaupt – von der Herausbildung einer Verantwortungselite sprechen“, sagt Haase.

Die besten Abiturzeugnisse an den staatlichen Gymnasien:

  • Gelehrtenschule des Johanneums in Winterhude (1,88)
  • Christianeum in Othmarschen (1,89)
  • Heisenberg-Gymnasium in Eißendorf (1,98)
  • Wilhelm-Gymnasium in Harvestehude (1,99)
  • Walddörfer-Gymnasium in Volksdorf (2,04).

Bei den staatlichen Stadtteilschulen vorne dabei sind:

  • Max-Brauer-Schule in Ottensen/Bahrenfeld (2,04)
  • Stadtteilschule Bergedorf (2,08)
  • Stadtteilschule Winterhude (2,08)
  • Erich-Kästner-Schule in Farmsen (2,25)
  • Stadtteilschule Kirchwerder (2,26).

Der Anteil der Schüler an privaten, allgemeinbildenden Schulen geht weiter zurück auf 8,6 Prozent. Vor einigen Jahren lag er noch bei zehn Prozent. Grund hierfür ist die voranschreitende Schließung katholischer Privatschulen durch den Schulträger Erzbistum Hamburg.