Hamburg. „Hinz&Kunzt“ spricht von Vertreibung der Bettler in der City. Initiative hat anderen Vorschlag. Denn genug Gebäude stehen frei.

Das Hamburger Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“ sowie die Initiative „Solidarische Straße“ und weitere Organisationen rufen für diesen Sonnabend zu einer Solidaritäts-Demonstration für Obdachlose durch die Innenstadt auf. Beginn ist um 12 Uhr, die Demonstranten wollen vom Jungfernstieg zum Hansaplatz in St. Georg ziehen und damit auf die Situation von randständigen Menschen in der Innenstadt und rund um den Hauptbahnhof aufmerksam machen. Die Organisatoren prangern eine „Verdrängung und Ausgrenzung“ von Obdachlosen an. Das zeige sich unter anderem darin, dass die Polizei „Weckdienste“ für die Betroffenen eingerichtet habe und Platzverweise für Bettler ausspreche.

Senat und Polizei reagierten auf die „Verelendung von obdachlosen und bettelnden Menschen“ mit der Kriminalisierung von Armut. „Hinz&Kunzt“-Geschäftsführer Jörn Sturm sagte: „Der Versuch, Menschen mit dem Vorwurf des aggressiven Bettelns zu kriminalisieren, verdeutlicht die Ohnmacht des Senats.“

Obdachlose in Hamburg „kriminalisiert“?

Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) hatte im Abendblatt darauf hingewiesen, dass aggressives Betteln nicht geduldet werde. „Hier geht es immer um einen Abwägungsprozess zwischen denjenigen, die in der Stadt arbeiten, Gewerbe treiben oder einkaufen, und denjenigen, die nach Obdach suchen. Die Stadt gehört allen. Das Wegerecht wird angewandt, und aggressives Betteln ist nun einmal nicht erlaubt“, so Schlotzhauer. „Diese Entscheidung treffen allerdings die Polizei und der Bezirk vor Ort – die Sozialbehörde ist hier nicht zuständig.“

Die „Initiative Solidarische Straße“ weist darauf hin, dass in Hamburg „angemessener Wohnraum“ nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehe. Der Hamburger Architekt Gerd Streng, der als Dozent unter anderem mit Studierenden der HafenCity Universität Projekte zur Umwandlung von leeren Büro- in Wohngebäude durchgeführt hat, sagte dem Abendblatt: In Hamburg stünden nach Statistiken und Studien aktuell rund 560.000 Quadratmeter Büroflächen leer. Das werde in den kommenden Jahren zwar um weitere 200.000 Quadratmeter steigen.

Am Sonnabend gab es aus Solidarität für die Obdachlosen in der Innenstadt zu einer Demonstration.
Am Sonnabend gab es aus Solidarität für die Obdachlosen in der Innenstadt zu einer Demonstration. © Arning | Arning

Büros zu Wohnungen umbauen: Woran es hakt

Allerdings sei die Leerstandsquote in Hamburg mit 3,8 Prozent vergleichsweise niedrig. Die von vielen geforderte Umwidmung von Büro- in Wohnflächen sei aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht so leicht zu bewerkstelligen. Es gehe dabei nicht nur um bauliche Veränderungen, um beispielsweise dem Brandschutz zu genügen. Bei der Umnutzung werde ein Gebäude wie ein Neubau behandelt. Das erhöhe die Anforderungen an ein bestehendes Gebäude erheblich – und erschwere eine schnelle und vermeintlich günstige Nutzung als Wohnunterkunft.