Hamburg. Hamburgs Wasserreserven geraten unter Druck. Die Spartipps des Sängers haben deshalb einen sehr ernsten Hintergrund.

Jetzt muss auch Jan Delay („Wir Kinder vom Bahnhof Soul“) ran, um in seiner Heimatstadt Hamburg Wasser zu sparen. Drei Minuten und 39 Sekunden dauert sein „Oh Jonny“. Neun Minuten duschen die Hamburgerinnen und Hamburger im Durchschnitt. Wer kurz vor dem Aufdrehen der Wasserzufuhr die Play-Taste drückt, mitsingt und bei Liedende ausgeduscht hat, der spart im Vergleich zum Mittelwert etwa fünf Eimer kostbarstes Trinkwasser, haben Experten ausgerechnet. Jedes Mal, bis zu jedem Schlussakkord.

Die Hamburger Wasserwerke haben Jan Delays Namen – mit Erlaubnis des Künstlers – auf Plakate drucken lassen, um den sich abzeichnenden Wasser-Notstand infolge von Klimawandel, hohen Verbräuchen in Privathaushalten, Landwirtschaft und Industrie sowie angespannter Brunnen-Suche im Stadtgebiet zu thematisieren. Hamburg setzt beim Trinkwasser-Nachschub voll auf Grundwasser. „Rein“, wie Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) bei einem Besuch des Wasserwerkes Baursberg in Blankenese sagte.

Wasser sparen: Warum Jan Delays „Oh Jonny“ fürs Duschen geeignet ist

Die Einrichtung mitsamt ihren Brunnen wurde 1859 gegründet, dänisch kontrolliert, und später nach Hamburg eingemeindet. Vom Hamburger Wasser profitieren heute insgesamt 2,24 Millionen Menschen, weil etwa die Ergüsse aus Baursberg nicht nur bis Bahrenfeld und Othmarschen, sondern auch über die Landesgrenzen nach Schenefeld herüberschwappen.

„Unsere Reserven geraten unter Druck.“, warnte Kerstan. Nicht nur der Pro-Kopf-Verbrauch der Metropole steige wieder. Da an allen Ecken und Enden der Stadt gebaut werde, erhöhe sich auch der Bedarf an Trinkwasser insgesamt. Und durch die Trockenheit in den vergangenen Frühjahren, in denen sich die Grundwasserspeicher eigentlich immer gut auffüllten, fehlt schlicht Menge.

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In diesem Jahr mit seiner aktuell sehr langen Trockenphase dieser Tage wachse der Verbrauch auf ein bedenkliches Niveau, sagte Hamburg-Wasser-Geschäftsführer Ingo Hannemann. 300.000 bis 330.000 Kubikmeter Verbrauch pro Tag seien normal. 2023 habe es bereits Tage mit mehr als 400.000 Kubikmetern gegeben. Bei 450.000 gehen die Leitungssysteme in die Knie. „Die Netze schaffen das gerade noch“, sagte Hannemann.

Hamburg Wasser bohrt nach neuen Brunnen

Hamburg Wasser sucht überall in der Stadt nach neuen Brunnen – Probebohrungen hier und dort. Kerstan machte sehr diplomatisch deutlich, dass es offenbar in Wahrheit ein buchstäblicher Verteilungskampf um geeignete Flächen ist. Der wird augenscheinlich innerhalb des Senats und zwischen Behörden und Privatinteressen sowie denen der Wirtschaft ausgetragen. Kerstan muss für Hamburg Wasser die Hand auf Flächen legen, die der Senat eigentlich anders vergeben würde – und möglicherweise für Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) einträglicher.

Und wo etwas bereits privatisiert ist, wird es schwieriger und kostspieliger, den Bohrer anzusetzen. Hannemann blieb jedoch dabei: In einigen Generationen würden es die Hamburger der heutigen danken, wenn es ausreichend Brunnen zur Trinkwasserversorgung gebe. „Wasser ist das wichtigste Lebensmittel“, sagte Kerstan.

Wasser sparen: CDU Hamburg kritisiert Kerstans Jan-Delay-Kampagne

Das schmeckt nicht allen. Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Sandro Kappe, sagte: „Umweltsenator Jens Kerstan scheitert seit Jahren mit Kampagnen, Erhöhungen beim Wasserpreis und erklärten Bewässerungsverboten an die Hamburgerinnen und Hamburger. Wir brauchen endlich Maßnahmen statt Kampagnen und Verbote!“ Man solle stattdessen bei Behörden und öffentlichen Unternehmen „Einsparungspotenziale“ erheben sowie moderne Armaturen mit Sensoren fördern. Kappe sprach von „Verboten“ der Grünen.

Kerstan hatte allerdings ausdrücklich gesagt: Man solle das eigene Verhalten beim Trinkwasser und Duschen überdenken. „Der erhobene Zeigefinger bringt es nicht.“ Der Umweltsenator weiß Jan Delay auf seiner Seite. Der mahnt in einem seiner Hits nicht etwa, überflüssige, stromfressende Leuchten sofort auszuschalten, sondern weist faktisch darauf hin: „Auf St. Pauli brennt noch Licht.“