Hamburg. Amoklauf hätte verhindert werden können. SPD-Innenpolitiker erneuern in Hamburg ihre Forderung nach psychologischen Gutachten.
Die Rollen nach der zweitägigen Konferenz aller innenpolitischen SPD-Sprecher waren am Mittwochmittag im Rathaus schnell verteilt: Der eine laut, der andere leise. Allerdings galt das nur für die Getränkewahl, als Hamburgs innenpolitischer SPD-Sprecher Sören Schumacher (mit einem Wasser ohne Sprudel) und der innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Sebastian Hartmann (mit einem Wasser mit Sprudel) im Anschluss an die Konferenz die Ergebnisse im festlichen Bürgersaal noch einmal zusammenfassten. Ihre wichtigste Botschaft nach zwei Tagen voller Gespräche, an denen auch Innensenator Andy Grote teilnahm: Die Verschärfung des Waffenrechts muss endlich kommen. Wann? „Am besten sofort“, so Hartmann.
Sowohl Schumacher als auch Hartmann machten auf der Pressekonferenz keinen Hehl daraus, dass die beiden SPD-Politiker beim Thema des Waffenrechts noch immer unter dem Eindruck des Amoklaufs von Alsterdorf standen, bei dem am 9. März in einem Gemeindezentrum der Zeugen Jehovas sieben Menschen erschossen wurden, ehe sich Täter Philipp F. selbst richtete. „Im Nachhinein des Amoklaufs wurde uns noch einmal vor Augen gehalten, dass es ein psychologisches Gutachten für Antragsteller einer Waffe nicht gibt“, sagte Schumacher. „Bei all dem, was wir aus dem letzten Innenausschuss wissen, wäre es eine Chance gewesen, mit so einem Gutachten den späteren Täter vorab genauer anzuschauen.“
Amoklauf: FDP bislang gegen Verschärfung des Waffengesetzes
Tatsächlich sieht die bisherige Gesetzeslage lediglich vor, dass bislang ausschließlich unter 25-Jährige ein psychologisches Gutachten einholen müssen, um eine Waffe besitzen zu dürfen. Genau das wollen die Grünen schon länger ändern – und auch die SPD sieht da mittlerweile Handlungsbedarf. Das Problem: Ampel-Koalitionspartner FDP bewertet die Sachlage noch immer anders. Strengere Regeln müssten dazu dazu beitragen, dass Taten wie in Hamburg nicht wieder passieren, hatte der Fraktionsvize Konstantin Kuhle in der „Tagesschau“ kurz nach dem Amoklauf gesagt. Hier bestünden „große Fragezeichen“.
Sebastian Hartmann machte am Mittwoch deutlich, dass er dieses FDP-Fragezeichen gern gegen ein Ausrufezeichen tauschen würde: „Es gibt in Deutschland kein verfassungsmäßiges Recht, eine Waffe zu tragen. Und die Freiheit führt auch nicht dazu, dass man beliebig Waffen haben darf. Wir wollen uns da auch gar nicht auf die Diskussion einlassen, ob es da ein Vollzugsdefizit gibt.“
Bundesinnenminister wollen zügige Verschärfung
Bereits seit Oktober sei die SPD in Gesprächen darüber, ob das Waffenrecht verschärft werden muss. Der Amoklauf von Alsterdorf habe laut Hartmann und Schumacher nun dazu geführt, dass man diese Überlegungen nun noch einmal intensiviert. Die Frage, wann genau eine Gesetzesänderung in den Bundestag eingebracht werden könnte, konnten die SPD-Politiker allerdings nicht beantworten. „Es ist ein erklärter Wille aller Bundesinnenminister und des Ministeriums, zügig zu einer Verschärfung des Waffenrechts zu kommen“, sagte Hartmann.
Schuhmacher ergänzte, dass die Waffenbehörde künftig neben Polizei und Sicherheitsbehörden auch bei Gesundheitsbehörden abfragen können soll, ob dort Bedenken im Hinblick auf die persönliche Eignung eines Antragstellenden vorliege. Auch die Nutzung von Schießstätten soll stärker reguliert werden. Zur Erinnerung: Täter Philipp F. war Mitglied im Hanseatic Gun Club, bei dem er sein Sachkundenachweis erlangt hatte.
SPD-Politiker für Digitalisierung der Kriminalitätsbekämpfung
Die Verschärfung des Waffenrechts war aber natürlich nicht das einzige Thema der zweitägigen Konferenz. Die Innenpolitiker sprachen sich zudem für einen Asyl- und Migrationspakt aus, der eine Vereinheitlichung des Europäischen Asylsystems mit rechtsstaatlichen Verfahren überall in der EU vorsieht. Drittes Schwerpunktthema der Tagung war die Digitalisierung der Kriminalitätsbekämpfung.
„Die Auswertung riesiger Datenmengen gehört mittlerweile zum Kerngeschäft der Sicherheitsbehörden“, sagte Sören Schumacher, für den – auch unter dem Eindruck des in der vergangenen Woche in Hamburg festgenommenen mutmaßlichen Islamisten – besonders eines wichtig war: „Datenschutz und Aufklärungsinteresse der Sicherheitsbehörden sind hier in Einklang zu bringen.“
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So sollen die Sicherheitsbehörden einem 28 Jahre Syrer, der in der vergangenen Woche in St. Georg durch Spezialkräfte der Bundespolizei verhaftet wurde, nur durch Hinweise aus den USA auf die Spur gekommen sein. Dem Vernehmen nach soll die National Security Agency (NSA) den deutschen Behörden die entscheidenden Hinweise gegeben haben durch eine sogenannte Selektorensuche im Internet. Diese ist deutschen Nachrichtendiensten aus Datenschutzgründen nicht erlaubt.
„Wir können nicht weggucken mit dem Argument: ,Datenschutz über alles’“, sagte Schumacher zum Schluss. Weder laut, noch leise. Aber bestimmt.