Hamburg. Nach dem Amoklauf mit acht Toten kommen neue Details ans Licht. Jetzt soll ein Beamter seine Vorgesetzten nicht informiert haben.
Nach dem Amoklauf in einer Gemeinde der Zeugen Jehovas in Hamburg ermittelt die Polizei gegen einen ihrer eigenen Beamten. Am Dienstag wurde ein Disziplinarverfahren gegen einen Bediensteten der Waffenbehörde eröffnet. Zunächst hatte die Wochenzeitung die „Zeit“ berichtet.
„Polizeipräsident Ralf Martin Meyer hat Ende März Verwaltungsermittlungen angeordnet, um durch die Beschwerde- und Disziplinarabteilung prüfen zu lassen, ob es durch eine Person in der Waffenbehörde disziplinarrechtliche Verfehlungen gegeben hat. Nachdem dieser Vorwurf sich bestätigt hat, ist ein formelles Disziplinarverfahren eingeleitet und dem Beamten gestern eröffnet worden“, sagte Polizeisprecher Holger Vehren am Mittwoch auf Anfrage.
Amoklauf: Beamter mit Verbindungen zum Sportschützenclub
„Der Beamte wurde mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben in der Waffenbehörde entbunden und wird auf eine noch mit der Personalabteilung abzustimmende Funktion umgesetzt“, sagte Vehren. Der Beamte soll seiner Beratungs- und Unterstützungspflicht nicht nachgekommen sein.
Nach Recherchen der „Zeit“ steht der Beamte in Verdacht, einen Hinweis auf die Gefährlichkeit des Amokschützen Philipp F. fahrlässig oder bewusst nicht dokumentiert und verfolgt zu haben. Zudem soll der Beamte enge Verbindungen zu dem Sportschützenclub haben, in dem auch der spätere Amokschütze Philipp F. aktiv gewesen war. Dazu äußerte sich die Polizei nicht.
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Für Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, werden die Veröffentlichungen rund um den Umgang mit dem Amokläufer Philipp F. für Innensenator Andy Grote (SPD) immer dramatischer. „Nach offenkundigen Versäumnissen im Umgang mit dem bekannten Buch des Täters, in welchem er seine krankhaften Ideen niederschrieb, werden nun weitere Versäumnisse aufgedeckt“, sagte Gladiator am Mittwoch. „Sollten sich die Hinweise bestätigen, dass ein Mitarbeiter der Waffenbehörde Hinweise auf die Gefährlichkeit des Täters verschwieg, sind die Aussagen des Innensenators, dass diese Tat wohl nicht hätte verhindert werden können, nicht mehr haltbar.“
CDU in Hamburg: Stadt braucht einen neuen Innensenator
Es müsse jetzt alles getan werden, um die Details hinter diesem Fall vollständig aufzuklären, auch um sicherzustellen, dass solche Taten künftig verhindert werden können. „Dafür braucht Hamburg vor allem einen neuen Innensenator“, sagte Gladiator.
Ein Verwandter von Philipp F. hatte sich im Januar nach bisherigen Erkenntnissen zunächst an den Sportschützenclub gewandt, um mitzuteilen, dass der 35-Jährige psychisch krank gewesen sei und immer aggressiver wurde. Im dem Club hatte F. zuvor seine Sportschützenprüfung abgelegt und auch die spätere Tatwaffe, eine halbautomatische Pistole, bestellt.
Amoklauf in Hamburg: Sportschützenclub kontaktierte Polizei
Dem „Zeit“-Bericht zufolge gingen die Ermittler zunächst davon aus, dass der Sportschützenclub den anrufenden Verwandten lediglich an die Waffenbehörde verwies, aber nicht selbst die Polizei informierte. Bei Vernehmungen habe sich nun aber ergeben, dass es offenbar doch mindestens einen Kontakt zwischen dem Club und der Polizei gegeben habe.
Philipp F. hatte am 9. März nach einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg-Alsterdorf mit einer halbautomatischen Pistole sieben Menschen und schließlich auch sich selbst getötet. Nach einem anonymen Hinweis wenige Wochen vor der Tat war der 35-Jährige von der Waffenbehörde überprüft worden.