Hamburg. CDU-Kreisverband stellt sich Ploß entgegen und fordert: Die Aufnahme von AfD-Funktionsträgern darf sich nicht wiederholen.

Die Aufnahme des früheren AfD-Landesvorsitzenden Jörn Kruse wird zur Machtprobe innerhalb der Hamburger CDU. Der Kreisverband Altona um Marcus Weinberg, den früheren Landesvorsitzenden und CDU-Spitzenkandidaten zur Bürgerschaftswahl 2020, stellt sich nun CDU-Chef Christoph Ploß entgegen. Dessen Kreisverband Nord hatte Anfang der Woche überraschend Kruse in die Union aufgenommen. Nicht nur das Ob, sondern auch das Wie erzürnte manche Parteimitglieder. Eine solch wichtige Personalie hätte im Landesvorstand diskutiert werden müssen, lautet die Kritik.

Nun hat sich der Kreisverband Altona am Donnerstagabend mit großer Mehrheit gegen die Aufnahme von ehemaligen AfD-Funktionären in die CDU ausgesprochen. „Das formale Aufnahmerecht haben die Kreisverbände“, heißt es in dem Antrag. „Diese sind in der Gesamtverantwortung, Wirkungen auf die Hamburger CDU zu bedenken und gegebenenfalls Abstimmungsprozesse vorzunehmen.“ Die Aufnahme eines ehemaligen Landesvorsitzenden der AfD verstoße gegen die Grundsätze und die Glaubwürdigkeit der CDU. „Die klare Abgrenzungsstrategie zur AfD wird so unterlaufen“, heißt es im Antrag.

Kruse zur CDU? Altona sieht Verstoß gegen die Satzung

Die CDU Altona fordert den Landesvorsitzenden Ploß auf, zeitnah eine Sitzung des Landesvorstands zur Causa Kruse einzuberufen. „Die CDU ist nicht Sammelbecken für ehemalige AfD-Mandatsträger.“ Altona will erreichen, dass sich solche Aufnahmen künftig nicht wiederholen und behält sich vor, einen entsprechenden Antrag im Landesausschuss zu stellen. Der Landesvorstand hat sogar laut Satzung das Recht, Einspruch gegen den Beschluss eines Kreisvorstandes einzulegen. Nach Auffassung der CDU Altona liegt sogar ein Verstoß gegen die Satzung vor, weil der Landesvorstand nicht über den Mitgliedsantrag informiert worden sei.

Christoph Ploß wiederum reagierte mit einer knappen Erklärung zum Vorstoß aus Altona: „Ich habe den Antrag zur Kenntnis genommen und werde dem Landesvorstand einen Vorschlag für das weitere Verfahren machen“, sagte er am Freitag. Dort dürfte es zeitnah zu einer heftigen Debatte kommen – denn seine Vizevorsitzende Anke Frieling ist zugleich Chefin des Kreisverbandes Altona.

Auch Fraktionschef Dennis Thering zeigte sich über die Aufnahme Kruses verwundert. Den Kurs von Ploß stützen ausdrücklich der Ehrenvorsitzende Dirk Fischer und den Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries, ebenfalls stellvertretender Landeschef.

Kruse: "Persönliche Ambitionen habe ich nicht"

Setzt sich Altona mit seinem Antrag durch, dürften „grundsätzlich keine Personen“ mehr aufgenommen werden, die in der AfD Mandats- oder Funktionsträger gewesen sind. Für Kruse selbst gilt die Unvereinbarkeitsklausel, sollte sie kommen, im Übrigen wohl nicht: Er ist bereits CDU-Mitglied. Er hatte dem Abendblatt gesagt: „Seit Friedrich Merz Partei- und Fraktionsvorsitzender ist, kann ich mich mit der CDU gut identifizieren. Jetzt wird die Partei wieder eine marktwirtschaftliche Agenda haben, die sie seit Ludwig Erhard einmal hatte.“ Zugleich stellte er klar: „Persönliche Ambitionen habe ich nicht.“

Der Machtkampf dürfte ohnehin weit über die Personalie Kruse hinausgehen – liberale Vertreter der Union hadern mit dem ihrer Ansicht nach „konservativen Kurs“ und fühlen sich übergangen. Marcus Weinberg hatte von einer Belastung für die Partei gesprochen und betont: „Es gibt den Grundsatz in der Partei, über diffizile Personalien vorher auch im Landesvorstand zu sprechen. Die Aufnahme eines früheren AfD-Chefs ist diffizil und wirkt auf die gesamte Hamburger CDU.“

Andererseits ist unwahrscheinlich, dass Ploß eine so wichtige Personalie ohne Berliner Rückendeckung entschieden hat. Seine Vertrauten halten Weinberg noch immer das Ergebnis der Bürgerschaftswahl 2020 von 11,2 Prozent vor. Und verweisen darauf, dass der Antrag aus Altona etwas überraschend anmutet: Denn in dem Kreisverband machte der frühere Schill-Abgeordnete Stephan Müller einst Karriere und zog 2008 sogar für die Union in die Bürgerschaft ein.