Hamburg. Die Sorgen um die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie waren extrem groß. Doch das Ergebnis ist besser als gedacht. Die Gründe.
Damit hat kaum jemand gerechnet: Hamburg hat das Corona-Krisenjahr 2021 mit einem kräftigen Gewinn abgeschlossen. Der „Konzern Hamburg“, zu dem außer der reinen Verwaltung auch die öffentlichen Unternehmen gehören, schloss das Jahr mit einem Überschuss von 623 Millionen Euro ab. Knapp die Hälfte davon – 299 Millionen – entfiel auf die Kernverwaltung, also Behörden, Ämter und andere öffentliche Einrichtungen.
Finanzen Hamburg: Überraschender Geschäftsbericht 2021
Im ersten Corona-Jahr 2020 hatte die Kernverwaltung noch einen Verlust von 426 Millionen Euro verbucht, sodass auch der Konzern Hamburg mit 322 Millionen Euro ins Minus gerutscht war. In den Jahren davor hatte die Stadt Überschüsse erwirtschaftet. „2021 ist uns die Trendumkehr gelungen“ sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und sprach von einer „beachtlichen Entwicklung“. Hamburg sei gut gerüstet für die kommenden schwierigen Zeiten mit steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten: „Wir sind wirtschaftlich so gut durch die Corona-Krise gekommen, dass uns die jetzige Lage nicht aus den Schuhen haut.“
Dressel bekräftigte den Plan des Senats, die Kunden der städtischen Energiewerke von der vom Bund geplanten Gas-Umlage befreien zu wollen. Für Kunden anderer Unternehmen solle ein Härtefallfonds eingerichtet werden. In Kürze sollten dazu Weichen gestellt werden.
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Die befürchteten „Horrorzahlen“, so Dressel, wonach die Verschuldung der Stadt von rund 23 Milliarden Euro vor Corona bis 2024 auf bis zu 33 Milliarden Euro steigen könnte, hätten sich nicht bewahrheitet. Stattdessen seien die Verbindlichkeiten der Kernverwaltung im Jahr 2021 nur um knapp 500 Millionen auf 25,5 Milliarden Euro angestiegen. Damit entfallen auf jeden der 1,9 Millionen Hamburger und Hamburgerinnen gut 13.000 Euro Schulden.
Finanzen Hamburg Gutes Ergebnis wegen Steuereinnahmen
Dass die Verschuldung trotz eines Überschusses gewachsen ist, ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch: Anders als fast alle anderen Bundesländer stellt Hamburg seit einigen Jahren kaufmännische Bilanzen auf, in denen auch Abschreibungen, etwa auf Immobilien oder Brücken, enthalten sind, ebenso wie Rückstellungen, etwa für künftige Pensionszahlungen. In dieser Betrachtungsweise wird auch das Anlagevermögen der Stadt dargestellt – und das ist 2021 stärker gewachsen als die Verschuldung, daher stand unterm Strich ein positives Ergebnis.
Ursächlich dafür waren nach Dressels Worten insbesondere die überraschend hohen Steuereinnahmen. War zu Beginn der Corona-Krise noch ein Milliarden-Rückgang befürchtet worden, hatte sich das schon 2020 so nicht bestätigt. In 2021 stiegen die Steuereinnahmen dann gegenüber dem Vorjahr bereits wieder um fast 700 Millionen Euro und erreichten mit 13,6 Milliarden Euro nahezu das Vor-Krisen-Niveau. Dazu beigetragen hat, dass sich die Hamburger Wirtschaft relativ schnell stabilisiert hat – auch mit Hilfe staatlicher Unterstützung. „Im Rahmen des Corona-Schutzschirms wurden Hilfen in einem Umfang von über drei Milliarden Euro ausgezahlt“, berichtete Dressel. Allerdings kam ein Großteil davon vom Bund.
Positiv auf die städtischen Finanzen wirkte sich auch aus, dass etliche öffentliche Unternehmen gut durch die Krise gekommen sind – oder sogar von ihr profitiert haben. So hat die Reederei Hapag-Lloyd, an der Hamburg mit 13,9 Prozent beteiligt ist, schon in 2021 eine Dividende von 85 Millionen Euro an die Stadt überwiesen. Wie berichtet, wird für 2022 die Ausschüttung des Zehnfachen erwartet – gut 800 Millionen Euro. Auch die Hamburger Energiewerke, die 2021 aus dem Zusammenschluss von Hamburg Energie und Wärme Hamburg entstanden waren, haben gut an den steigenden Energiepreisen verdient und der Stadt rund 46 Millionen Euro Gewinn beschert. Der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen, der die Grundstücks- und Immobiliengeschäfte der Stadt abwickelt, wies sogar einen Überschuss von 155 Millionen Euro aus.
Auf der anderen Seite haben Unternehmen wie die Hochbahn unter der Corona-Krise gelitten, weil weniger Menschen Bus und U-Bahn gefahren sind. Nach Angaben der Finanzbehörde hat die städtische Beteiligungsholding HGV der Hochbahn daher einen Verlustausgleich von 150 Millionen Euro überwiesen. Auch das Minus des Flughafens von 94 Millionen Euro entfällt anteilig auf Hamburg, das 51 Prozent an dem Airport hält. An der Spitze der Zuwendungsempfänger stand die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB), die laut Geschäftsbericht gut zwei Milliarden Euro erhielt – was aber vor allem daran lag, dass das Institut alle Corona-Hilfen bearbeitet und ausgezahlt hat.
CDU: "Ausweitung städtischer Aktivitäten muss besser kontrolliert werden"
Kritik kam von CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer: „Trotz eines starken Anstiegs der Steuereinnahmen und hoher Bundesmittel hat der Hamburger Senat 2021 zusätzliche Schulden aufgenommen. Das ist erklärungsbedürftig.“ Im Konzernabschluss sei die Verschuldung um deutlich mehr als eine Milliarde Euro gestiegen: „Hier darf sich die Stadt nicht übernehmen, zumal die Zinsen nun wieder steigen.“
Kleibauer verwies zudem darauf, dass in den vergangenen drei Jahren die Anzahl der Beschäftigten im Konzern Hamburg um zehn Prozent auf über 142.000 angestiegen sei: „Diese massive Ausweitung städtischer Aktivitäten muss wirksam begrenzt und besser kontrolliert werden. Auch der Plan des Senats, mit den Einnahmen aus der Hapag-Lloyd-Dividende die Gasumlage für Kunden städtischer Unternehmen zu übernehmen, ist hier sehr fragwürdig und problematisch.“
Auch AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann sagte: „Hamburg nimmt weiter neue Schulden auf und das trotz wieder sprudelnder Steuereinnahmen. Unsere Hansestadt muss sich auf die Kernaufgaben beschränken und darf nicht noch mehr mit dem Geld der Steuerzahler um sich werfen.“
Der FDP-Landesvorsitzende Michael Kruse empfahl, „die Finanzen krisenfest zu machen“, zum Beispiel durch eine sparsame Haushaltsführung und das Aufgeben überflüssiger städtischer Beteiligungen, etwa an Hapag Lloyd.