Hamburg. Erstmals schildert Christian Olearius im Untersuchungsausschuss seine Sicht der Dinge – und beklagt sich über den Umgang mit ihm.

Eine Bank, die sich im Recht sieht, die die Politik nie um etwas gebeten und in der man das Gefühl hat, inhabergeführte Bankhäuser sollten „vernichtet“ werden – so hat Warburg-Mitinhaber Christian Olearius erstmals vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Cum-ex-Affäre seine Sicht der Dinge geschildert, beziehungsweise schildern lassen.

Denn nach mehrfachem Hin und Her hatte der Bankier sich entschieden, auf die Fragen des PUA nur schriftlich zu antworten – und das Vortragen seinem Anwalt Peter Gauweiler überlassen. „Wir waren und sind von unserem rechtmäßigen Handeln überzeugt“, zitierte der frühere CSU-Politiker seinen Mandanten. Nur das habe ihm die Kraft gegeben, dem „vorverurteilendem Verfolgungseifer standzuhalten“.

Cum-Ex: Olearius äußert sich auch zu Scholz

Mit „Verbitterung“ kritisierte Olearius, dass sich die Ermittlungen allein auf seine Bank konzentrierten und nicht auch auf andere an Cum-ex-Geschäften beteiligte Finanzinstitute und, dass seine von Ermittlern beschlagnahmten Tagebücher im Zuge „einer strafbaren Informationshehlerei“ an Medien gelangt seien. Er bitte den PUA daher, „sich nicht zum Werkzeug einer unlauteren Verdachtsberichterstattung machen zu lassen“.

Der Ausschuss soll aufklären, warum die Hamburger Finanzbehörden 2016 darauf verzichtete hatten, rund 47 Millionen Euro an erstatteten Kapitalertragssteuern von der Warburg-Bank zurückzufordern und welche Rolle die Politik dabei spielte. Olearius betonte, dass die Bank inzwischen sämtliche Steuerbescheide bezahlt habe. Er räumte ein, dass er gute Kontakte zum damaligen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte und sich in der Sache zweimal mit ihm getroffen habe – zu einem Zeitpunkt, als das Finanzamt noch zur Rückforderung tendierte.

Dabei habe man aber keinerlei Erwartungen geäußert, und der Bürgermeister habe auch nichts versprochen. „Die Vorstellung, dass ich Herrn Scholz um einen unrechtmäßigen Vorteil gebeten hätte, ist schließlich nicht zuletzt auch deshalb abwegig, da ich mich in diesem Fall zugleich selbst implizit einer Straftat bezichtigt hätte“, so Olearius.

Olearius: Spenden an SPD haben nichts mit Cum-Ex zu tun

Der heutige Bundeskanzler und sein Nachfolger als Bürgermeister hatten stets zurückgewiesen, Einfluss auf die Entscheidung in dem Steuerfall genommen zu haben. Auch die Teilnehmer des entscheidenden Gesprächs in der Finanzbehörde hatten durchweg bestätigt, dass sie frei von politischem Einfluss eine Sachentscheidung gefällt hätten.

Dem stehen etliche Indizien gegenüber, etwa zwei Treffen von Scholz mit den Warburg-Chefs, ein Schreiben von Olearius an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher, der kurz darauf erfolgte Sinneswandel der zuständigen Finanzbeamtin und spätere Spenden aus dem Bank-Umfeld an die SPD. Er habe auch der CDU und der FDP „immer wieder gespendet beziehungsweise sonstwie geholfen“, teilte Olearius mit, und das „seit Jahrzehnten“. Diese Unterstützung habe nichts mit dem Steuerverfahren zu tun.

Cum-Ex: Vorermittlungen gegen Olaf Scholz

Im Vorfeld der Sitzung hatte ein Medienbericht für Wirbel gesorgt, wonach die Hamburger Staatsanwaltschaft seit Februar 2020 ein Vorermittlungsverfahren gegen Olaf Scholz geführt hat. Grund seien neun Strafanzeigen von Bürgern im Zusammenhang mit Scholz’ Rolle in der Cum-ex-Affäre gewesen, berichtete das „Manager Magazin“.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte auf Abendblatt-Anfrage den Vorgang und erklärte, dass das Verfahren am 7. September 2021 – also knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl – „ohne Einleitung von Ermittlungen eingestellt“ worden sei. Demnach hätten sich „keine zureichenden Verdachtsmomente für Straftaten“ ergeben.

Während das auf SPD-Seite als weiterer Beleg dafür gewertet wird, dass Scholz – ebenso wie Tschentscher – keinen Einfluss auf das Finanzamt genommen habe, ist die Opposition erzürnt, dass die Ermittlungen dem PUA nicht bekannt waren. Allerdings hieß es auch aus dem Umfeld des Bürgermeisters, dass man im Rathaus nichts von den Ermittlungen gewusst habe.