Hamburg. Die Bußgeldstelle wertet das Treffen des Innensenators als verbotene Veranstaltung. Die Opposition fordert seinen Rücktritt.

Nun also doch: Anders als wochenlang von ihm behauptet, hat Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) mit seinem Umtrunk mit 30 Gästen in einem Club in der HafenCity gegen die von ihm selbst mit erlassene Corona-Eindämmungsverordnung verstoßen. Die Bußgeldstelle verhängte jetzt ein Bußgeld von 1000 Euro gegen den 52-Jährigen.

Am 10. Juni hatte Grote seine erneute Vereidigung als Senator mit Freunden in der Bar Toni des „Club 20457“ gefeiert. Das Abendblatt hatte damals zuerst exklusiv über das in Coronazeiten ungewöhnliche Treffen berichtet.

Bußgeldstelle wertet Grote-Umtrunk als verbotene Veranstaltung

Die Bußgeldstelle von Grotes eigener Behörde wertete das Ganze nun als verbotene Veranstaltung oder Versammlung. Denn laut Grote selbst habe er gegen Paragraf 2, Absatz 1 der damals gültigen Verordnung verstoßen. Darin heißt es „Öffentliche und nicht ​öffentliche Veranstaltungen und Versammlungen sind untersagt, soweit sie nachstehend nicht gestattet sind.“

Grote hatte stets beteuert, das Treffen sei keine Veranstaltung gewesen, sondern eine „gemeinsame Verabredung zu einem Gastronomiebesuch“ – und damit legal. Auch aus dem Rathaus hatte es zunächst geheißen, Grotes Umtrunk sei zwar sehr unglücklich, aber aufgrund einer „Regelungslücke“ womöglich legal gewesen. Zuletzt hatte Bürgermeister Peter Tschentscher klargemacht, dass er an Grote unabhängig vom Ausgang des Bußgeldverfahrens festhalten wolle.

Tschentscher: Grotes Fehler darf sich nicht wiederholen:

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    Grote: „Das Treffen war ein schwerer Fehler“

    „Nach erkennbar intensiver und sorgfältiger Prüfung des Sachverhalts durch die Bußgeldstelle ist mir nun der abschließende Bescheid zugegangen“, teilte Grote nun am Dienstag per Pressemitteilung mit. „Die Bußgeldstelle hat die Zusammenkunft am 10. Juni entgegen der dem Verfahren zugrunde liegenden anonymen Anzeige nicht als Feier bewertet. Sie ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass von mir ,eine private Zusammenkunft veranstaltet worden sei, und hat wegen Verstoßes gegen § 2 Abs 1 der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung der Corona-Eindämmungsverordnung ein Bußgeld in Höhe von 1000 Euro festgesetzt.“

    Er akzeptiere das Ergebnis ohne Einschränkungen und habe das Bußgeld umgehend überwiesen. „Das Treffen war in jedem Fall ein schwerer Fehler, der mir aufrichtig leidtut“, so Grote. „Ich werde meine ganze Kraft dafür einsetzen, dass wir als Stadt weiter gut durch diese Krise kommen, die uns allen viel abverlangt.“

    Opposition fordert Rücktritt Grotes

    Die Opposition forderte am Dienstag einhellig den Rücktritt bzw. die Entlassung des Innensenators. „Schuldig im Sinne der Anklage – die Ermittler der Innenbehörde kommen gegenüber ihrem obersten Dienstherrn zu einem eindeutigen Ergebnis“, sagte CDU-Innenpolitiker Dennis Gladiator.

    „Der Innensenator hat mit seiner Party in der Hochphase der Corona-Pandemie gegen geltendes Recht verstoßen. Das und seine wochenlangen Ausflüchte und Falschbehauptungen gegenüber den Hamburgerinnen und Hamburgern haben dem Senat und dem Kampf gegen das Corona-Virus schweren Schaden zugefügt. Selbst der Bürgermeister hat an Glaubwürdigkeit eingebüßt.“

    Gerade bei wieder steigenden Infektionszahlen „müssen die geltenden Regeln aber besonders glaubwürdig vertreten, eingehalten und strikt kontrolliert werden“, so Gladiator. „Das ist mit diesem Innensenator nicht mehr möglich. Da Innensenator Grote selbst bisher zu keinem Zeitpunkt echte Einsicht gezeigt hat, die Hamburger über Wochen getäuscht hat und nicht bereit war, Verantwortung zu übernehmen, müssen jetzt andere Konsequenzen gezogen werden. Wir fordern den Ersten Bürgermeister auf, Herrn Grote unverzüglich zu entlassen und damit weiteren Schaden vom Senat, der Politik insgesamt und dem entscheidenden Kampf gegen das Coronavirus abzuwenden.“

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    „Grote hat die Hamburgerinnen und Hamburger hinters Licht geführt“

    Linken-Innenpolitiker Deniz Celik sagte: „Nun ist es amtlich: Andy Grote hat die Hamburgerinnen und Hamburger hinters Licht geführt, als er behauptet hat, die Corona-Regelungen eingehalten zu haben.“ Schon die Veranstaltung einer Party während der Pandemie hätte zu seinem Rücktritt führen müssen, so Celik. Grote habe sich stattdessen „an sein Amt geklammert und rausgeredet, obwohl der Verstoß gegen die Corona-Regelungen offensichtlich war“, so Celik. „Jetzt gilt erst recht: Andy Grote muss zurücktreten.“

    AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann sagte: „Das Bußgeld bedeutet den totalen Verlust der Glaubwürdigkeit. Grote sollte jetzt seinen Hut nehmen und zurücktreten. Tut er das nicht, dann muss der Erste Bürgermeister ihn entlassen. Entlässt er ihn nicht, dann wird der Fall Grote endgültig zum Fall Tschentscher. Es steht der letzte Rest Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.“

    Tschentscher äußerte sich nicht zum Bußgeld

    Bürgermeister Tschentscher wollte sich am Dienstag nicht selbst zu dem Bußgeld für seinen Innensenator äußern. Senatssprecher Marcel Schweitzer teilte aber mit: „Der Bürgermeister bleibt bei seiner Einschätzung, die er ausdrücklich unabhängig vom Ausgang des Bußgeldverfahrens bereits Anfang Juli kommuniziert hat: Herr Grote hat in den letzten Jahren gezeigt, dass er ein sehr guter Innensenator ist, und deshalb rechtfertigt ein solcher einmaliger Fehler keinen Rücktritt – und keine Entlassung.“

    Gegen den Wirt oder Besitzer des Clubs in der HafenCity wurde nach Auskunft der Bußgeldstelle kein Bußgeld verhängt – auch nicht gegen Gäste. An der nun als illegal eingestuften Veranstaltung des Innensenators hatten nach Auskunft der SPD-Bürgerschaftsfraktion unter anderen die Bürgerschaftsabgeordneten Arne Platzbecker, Hansjörg Schmidt, Julia Barth und Annkathrin Kammeyer teilgenommen – ebenso wie der Bezirksabgeordnete Yannick Regh.

    Aus der Innenbehörde hieß es am Dienstag, Grote bereue seinen Fehler sehr. Er habe daher auch bereits in der vergangenen Woche vor der Zustellung des Bußgeldbescheides 1000 Euro an die Corona-Hilfe der evangelischen Stiftung Alsterdorf gespendet.