Hamburg. Bürgermeister Peter Tschentscher kommt bei seiner Wiederwahl in der Bürgerschaft auf exakt die Stimmenzahl der rot-grünen Koalition.

Es war exakt 14.52 Uhr, als Hamburg einen neuen Ersten Bürgermeister hatte, auch wenn es der alte ist. Mit der Gottesformel legte Peter Tschentscher (SPD) zum zweiten Mal nach 2018 den Amtseid ab. Zuvor hatte die Bürgerschaft den 54 Jahre alten habilitierten Labormediziner mit 87 der 123 Stimmen gewählt – eine Punktlandung, denn über genauso viele Abgeordnete verfügt die rot-grüne Koalition. Gegen Tschentscher votierten 34 Parlamentarier, zwei enthielten sich.

So erwartbar das Ergebnis, so ungewöhnlich war der Rahmen: Zum ersten Mal wählte die Bürgerschaft einen Präsidenten des Senats nicht im Plenarsaal, sondern coronabedingt im Großen Festsaal. Damit alle 123 Abgeordneten im größten Raum des Rathauses möglichst virengeschützt untergebracht werden konnten, wurden zwischen den Sitzen Plexiglas-Trennwände installiert. Auch die Senatsbank war umgerüstet worden. Die Verhältnisse waren recht beengt. Wer seinen Platz verließ, musste eine Mund-Nasen-Maske aufsetzen.

Tschentscher hatte sich dafür entschieden, alle SPD-Senatoren im Amt zu belassen

Es war das erste Mal seit der Bürgerschaftswahl am 23. Februar, dass alle Abgeordneten an einer Plenarsitzung teilnahmen. „Es ist an der Zeit, in geregelte Verfahrensweisen zurückzukehren. Die Bürgerschaft tritt endlich wieder in voller Stärke zusammen“, hatte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) in ihrer Begrüßung gesagt.

Peter Tschentscher zum Bürgermeister gewählt - und vereidigt

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Nach Tschentschers Wahl wurde die Sitzung unterbrochen, und der Bürgermeister berief seine Senatorinnen und Senatoren. Erstmals dabei: der bisherige Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks als Verkehrssenator und die Grünen-Landesvorsitzende Anna Gallina als Justizsenatorin. Tschentscher hatte sich dafür entschieden, alle SPD-Senatoren im Amt zu belassen. Lediglich Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) hatte erklärt, dem neuen Senat nicht mehr angehören zu wollen. Tschentscher war aus seiner Partei dafür kritisiert worden, dass nur zwei Frauen, aber sechs Männer dem Senat auf SPD-Seite angehören.

Bei der erforderlichen Bestätigung des Senats durch die Bürgerschaft stimmten 83 Abgeordnete mit Ja, 38 votierten mit Nein und zwei enthielten sich. Mindestens vier Abgeordnete von SPD und Grünen hatten dem Senatsta­bleau ihre Zustimmung verweigert.

Stimmung wegen Corona-Abstandsregeln „deutlich weniger emotional“

Der Freude bei SPD und Grünen tat das keinen Abbruch. Und doch war die Begeisterung etwas gedämpfter als sonst aus diesem Anlass üblich. Das mag an den geltenden Abstandsregeln gelegen haben. Sicherlich spielte auch eine Rolle, dass bis auf wenige Journalisten und Rathausmitarbeiter keine Zuschauer zugelassen waren. Es war beinahe wie beim Fußball: Spiel ohne Publikum.

Die Stimmung sei wegen der Abstandsregeln „deutlich weniger emotional“ gewesen als 2015, sagte Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) nach ihrer erneuten Wahl. Es sei ihr sehr schwergefallen, auf Umarmungen nach Glückwünschen von Abgeordneten zu verzichten. Fegebank sprach trotzdem von einem „sehr schönen Moment“. Zu den ersten Gratulanten des Bürgermeisters gehörte sein Vorgänger, Olaf Scholz (SPD). „Ein großartiger Erster Bürgermeister für eine großartige Stadt“, twitterte der Vizekanzler wenige Minuten nach Tschentschers Wiederwahl. „Macht was draus.“

Vereidigung und Schwur - Hamburgs neue Senatoren im Amt

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CDU-Bürgerschaftsfraktionschef Dennis Thering gratulierte Tschentscher und wünschte „gutes Gelingen für unsere Stadt Hamburg“. Doch der Oppositionsführer befand auch sogleich: „Der alte und neue Bürgermeister und rot-grüne Senat starten allerdings mit schwerer Hypothek ins Amt. Mitten in der größten Pandemie und Wirtschaftskrise wird mit der Gesundheitsbehörde ausgerechnet die Behörde abgeschafft, die während der Corona-Epidemie bisher gute Arbeit geleistet hat.“

Linken-Fraktionschefin verband ihre Gratulation mit Kritik

Auch Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus verband ihre Gratulation mit Kritik: „Es ist aber doch mehr als peinlich, dass er und seine SPD es wieder nicht schaffen, gleich viele Frauen wie Männer in den Senat zu bringen.“ Anna von Treuenfels-Frowein (FDP) sagte: „Die Voraussetzungen für eine gute Senatspolitik sind nicht nur wegen des weithin vagen Koalitionsvertrages nicht vielversprechend.“ Die AfD-Fraktionschefs Dirk Nockemann und Alexander Wolf wünschten Tschentscher „im Inter­esse Hamburgs eine glückliche Hand; möge er Ansprechpartner für alle Hamburger sein“.

Die AfD hatte zu Beginn der Sitzung für eine rund 45-minütige Verzögerung gesorgt. Die Fraktion kritisierte, dass SPD, Grüne, CDU und Linke sehr kurzfristig eine Verfassungsänderung zur Stärkung der Minderheitenrechte eingebracht hatten und forderte die sofortige Einberufung des Ältestenrats – das Recht jeder Fraktion. Die AfD verlangte die Absetzung des Tagesordnungspunktes, um vor einer Abstimmung genügend Zeit zur Beratung zu haben.

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Nach einer Diskussion im Ältestenrat gab es keine Annäherung. Die Verfassung soll nach dem Willen der vier Fraktionen dahingehend geändert werden, dass zum Beispiel für die Einrichtung von Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen nur noch ein Quorum von 20 statt 25 Prozent erforderlich ist. Außerdem sollen die Fraktionsgelder angehoben werden. Die Änderungen sollen in zweiter Lesung endgültig in 14 Tagen beschlossen werden.

Bürgermeister Tschentscher stellt den Koalitionsvertrag vor:

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