Hamburg. Entwurf für eine Einigung von SPD, Grünen, CDU und FDP sieht kleinere Klassen an Gymnasien vor. Fällt die Rückkehr zu G9 weg?

Die monatelangen Gespräche über eine Verlängerung des 2020 auslaufenden Schulfriedens stehen kurz vor dem Abschluss. Die Senatsfraktionen von SPD und Grünen auf der einen Seite sowie die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP sind sich in ihren Positionen sehr nahe gekommen. Die Einigung hängt neben kleineren offenen Punkten jetzt entscheidend davon ab, dass die CDU darauf verzichtet, in ihrem Wahlprogramm eine Rückkehr zu G 9 am Gymnasium zu fordern.

Eine Rückkehr zu G 9, also die Wiedereinführung des 13. Schuljahres, am Gymnasium lehnen SPD, Grüne und FDP ab, weil sie befürchten, dass dadurch die Stadtteilschulen geschwächt werden, deren Alleinstellungsmerkmal der längere Weg zum Abitur ist. Außerdem würde die erneute Änderung der Schulstruktur eine erhebliche Umorganisation des Schulbetriebs an den Gymnasien bedeuten.

Der 2010 gestartete Schulfrieden gilt als Erfolg

Zur Erinnerung: CDU, Grüne und die damals oppositionelle SPD hatten im März 2010 einen zehnjährigen Schulfrieden vereinbart, dessen Kernpunkt war, dass die Schulstruktur unangetastet blieb. Die Reformpause sollte den Schulen ermöglichen, sich auf ihre Hauptaufgabe – guten Unterricht – zu konzentrieren. Zugleich beschlossen CDU, Grüne und SPD, die Klassen zu verkleinern und erheblich mehr Lehrer einzustellen. Der Schulfrieden gilt als Erfolg, auch weil sich Hamburg in dieser Zeit bei den bundesweiten Schülerleistungstests deutlich verbessert hat.

Der Entwurf für eine „Rahmenvereinbarung zur Sicherung des Schulfriedens“, der dem Abendblatt vorliegt, sieht nun vor, die „Schulstruktur bestehend aus der vierjährigen Grundschule, der Stadtteilschule sowie dem Gymnasium mit G 8 bis zum Jahr 2025 nicht zu verändern – unabhängig davon, wer regiert“. Die Beschränkung auf den Fünf-Jahres-Zeitraum entspricht einer Forderung, die die Grünen auf ihrer Mitgliederversammlung beschlossen hatten.

Die inhaltlichen Punkte, auf die sich Regierung und Opposition im Rahmen des Schulfriedens laut dem Papier einigen könnten, stellen ein deutliches Entgegenkommen von Rot-Grün gegenüber der Opposition dar. So sollen die Klassen an den Gymnasien verringert werden: statt 28 nur noch 27 Kinder in den Klassen fünf und sechs und 25 statt 28 Schüler in den Klassen sieben bis zehn. Dies war insbesondere eine Forderung der CDU gewesen. Die vorgeschriebene Klassengröße an Stadtteilschulen liegt laut Schulgesetz bei 23 Schülern. Schulen, deren Raumsituation eine Verkleinerung der Klassen nicht zulässt, sollen zusätzliche Lehrkräfte erhalten, um mehr Teilungsstunden zu ermöglichen.

Die Bildungspläne sollen bis 2023/24 überarbeitet werden

Das Papier sieht die Vereinheitlichung der Lehrergehälter vor. Danach sollen auch die verbeamteten Lehrer und Lehrerinnen an Grundschulen und Stadtteilschulen (Grund-, Haupt- und Realschullehrer) A 13 erhalten, so wie bislang nur die Gymnasiallehrer. Auch dies ist eine Forderung der CDU, die aber auch Schulsenator Ties Rabe (SPD) unterstützt. Die Besoldung der bislang nach A 12 bezahlten Lehrer soll in drei Stufen angehoben werden.

Die Bildungspläne in zentralen Unterrichtsfächern sollen bis zum Schuljahr 2023/24 überarbeitet werden. Die Kompetenzorientierung soll durch verpflichtende Unterrichtsinhalte und verpflichtendes Fachwissen ergänzt werden, was die FDP seit Langem fordert.

Ebenfalls eine Forderung der Opposition ist die Erhöhung der Zahl der Oberstufenkurse, die ein Schüler belegt haben muss, um zum Abitur zugelassen zu werden. Nach jetzigem Stand sind es in Hamburg 32 bis 36 Kurse. Die Zahl soll auf 40 Kurse erhöht werden, wie in vielen anderen Ländern üblich. Die höhere Kursverpflichtung soll eine bessere Allgemeinbildung und eine leistungsgerechtere Abiturnote ermöglichen.

CDU und FDP wollen das Sitzenbleiben wieder einführen

Lange umstritten war das Thema Sitzenbleiben, dessen Wiedereinführung CDU und FDP fordern. Laut dem Entwurf sollen Eltern eine Klassenwiederholung in den Stufen sieben bis zehn beantragen können, wenn ihr Kind ein Jahr lang an der Lernförderung „Fördern statt Wiederholen“ teilgenommen und trotzdem nach den bis 2010 geltenden Regeln sitzen geblieben wäre. Als heißes Eisen gilt auch das Thema innere und äußere Differenzierung (Teilung der Klassen in einem Fach in zwei Gruppen nach Leistung) an den Stadtteilschulen. Beide Organisationsformen sollen im Schulgesetz gleichgestellt werden. Die meisten Stadtteilschulen arbeiten nach dem Prinzip der Binnendifferenzierung.

Der Unterrichtsausfall soll an Schulen reduziert werden, indem unter anderem Klassenreisen, Projekte und Ausflüge gebündelt werden. Schulen sollen sich zu Zielen verpflichten, um den Anteil des regulären Unterrichts zu erhöhen und den Anteil der Arbeitsaufträge ohne Aufsicht zu verringern. Schließlich sollen die Lehrer von Verwaltungsaufgaben entlastet werden, indem große Schulen eine Verwaltungsleitung einstellen können. Beides haben die Liberalen in vielen Bürgerschaftsanträgen wiederholt gefordert.