Hamburg. Mehr Schüler, weniger CO2: Der Kohlendioxid-Ausstoß bezogen auf Schülerzahlen hat sich seit 2012 um 20 Prozent verringert.
Der Start vor rund zehn Jahren war etwas holprig, inzwischen gilt das Sondervermögen Schulbau Hamburg als Erfolgsmodell, das zum Beispiel von Berlin kopiert wird. Auf 3,5 Milliarden Euro wurde der Sanierungsstau der vielen maroden staatlichen Schulen in Hamburg geschätzt. Seit 2011 sind knapp drei Milliarden Euro in den Schulbau investiert worden, rund 40 Prozent davon in die Sanierung der Altbauten.
Der deutliche Anstieg der Investitionen in den Schulbau, der vom SPD-geführten Senat vor acht Jahren eingeleitet wurde, hat eine bislang wenig beachtete ökologische Komponente. Erstmals hat die Schulbehörde eine Umweltbilanz aller Schulgebäude gezogen, die Zahlen liegen dem Abendblatt exklusiv vor.
Mehr Schüler, weniger Kohlendioxid
Danach ist der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) von 2012 bis 2018 bezogen auf die Zahl der Schülerinnen und Schüler um knapp 20 Prozent reduziert worden. Die Zahl der Schüler stieg in diesem Zeitraum von 163.291 auf 178.001 an – rund neun Prozent. Dennoch sank der CO2-Ausstoß aller Gebäude der 369 staatlichen Schulen um knapp 13 Prozent: von 117.761 Tonnen 2012 auf 103.218 Tonnen im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Bundesweit ging der Kohlendioxid-Ausstoß in diesem Zeitraum um nur vier Prozent zurück.
„Das ist ein großer Erfolg unserer 2011 begonnenen Schulbauoffensive. Statt wie andere über den Klimaschutz nur zu reden, haben wir gehandelt und die Investitionen in den Schulbau mehr als verdoppelt“, sagt Schulsenator Ties Rabe (SPD).
Der Satz ist auch eine Replik auf die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), die im Abendblatt-Sommerinterview gesagt hatte, die SPD kneife beim Klimaschutz, wenn es konkret werde. „Wir könnten beim Klimaschutz schon deutlich weiter sein, hätten nicht die Vorgängersenate zehn Jahre lang durch Kürzungen, Einsparungen und sinnlose Schulstrukturdebatten den Schulbau stark vernachlässigt“, setzt Rabe nach. Seit 2001 stellte die CDU mit Ole von Beust den Ersten Bürgermeister. Von 2008 bis 2010 wurde Hamburg von Schwarz-Grün regiert. In diese Phase fiel die Gründung von Schulbau Hamburg.
Moderne, energetische Schulgebäude
Von 2000 bis 2010 wurden in den Schulbau jährlich nur rund 155 Millionen Euro investiert. „Seit 2011 haben wir die Investitionen um das 2,3-Fache auf 360 Millionen Euro jährlich gesteigert“, sagte Rabe. Um die zusätzlichen Schüler unterzubringen, wurden bestehende Schulen nicht nur erweitert, sondern auch neue Schulen gebaut: zum Beispiel die Stadtteilschule Rissen, die Stadtteilschule Ilse Löwenstein (Barmbek) und das Gymnasium Hoheluft.
Die CO2-Reduzierungen wurden einerseits möglich, weil die neuen Schulgebäude nach modernen energetischen Standards errichtet wurden. Andererseits wurden auch bereits zahlreiche Gebäude des Bestands energetisch saniert, indem neue Fenster eingebaut, veraltete Heizungsanlagen ersetzt und Wärmedämmungen von Dach, Keller und Außenwänden verbessert wurden.
Noch immer sanierungsbedürftige Altbauten
Dass sich die CO2-Gesamtbilanz der Schulgebäude noch weiter verbessern lässt, zeigt eine Untersuchung der Schulbaufirma HEOS. Die Projektgesellschaft hat im Auftrag der Stadt 15 berufliche Schulen saniert oder neu gebaut. Die alten Berufsschulgebäude verbrauchten vor der Erneuerung oder dem Umbau 151 Kilowattstunden Wärmeenergie pro Quadratmeter, danach nur noch 56 Kilowattstunden.
„Dieser Vergleich zeigt, dass wir den CO2-Ausstoß der Schulgebäude durch Sanierung und Neubau um fast zwei Drittel senken können“, sagt Rabe. Es gibt noch immer zahlreiche sanierungsbedürftige Schul-Altbauten, die in die Gesamtbilanz des CO2-Ausstoßes mit einfließen.
Auch der Stromverbrauch der Schulen ist gesunken. Trotz des Anstiegs der Schülerzahlen und höheren Verbrauchs unter anderem durch den verstärkten Einsatz von Computern konnte der Stromverbrauch in den vergangenen drei Jahren von 55.939 auf 54.001 Megawattstunden reduziert werden. Zahlreiche Lampen wurden auf LED-Beleuchtung umgerüstet, vor allem in Sporthallen. Der Strom kommt nach Angaben der Schulbehörde zu 100 Prozent aus regenerativen Energien wie Wasser-, Wind- und Sonnenenergie.
Für die Zukunft sind 14 neue Blockheizkraftwerke geplant
Schulbau Hamburg will in Zukunft verstärkt Photovoltaik-Anlagen und Blockheizkraftwerke zur Eigenversorgung der Schulen mit Strom und Wärme errichten. Bislang gibt es rund 100 kleinere Photovoltaik-Anlagen auf Schuldächern, die überwiegend von Schülern gebaut wurden. Acht neue große Anlagen sowie 14 Blockheizkraftwerke sind in Planung oder Bau. Über große Photovoltaik-Anlagen verfügen bereits die Grundschule Sternschanze und das Heinrich-Heine-Gymnasium (Poppenbüttel). Die Gebäude des Schulzentrums „Tor zur Welt“ in Wilhelmsburg wurden als CO2-neutrale Passivhäuser errichtet. Das Walddörfer-Gymnasium, die Walddörfer-Stadtteilschule und die Grundschule Ahrensburger Weg (Volksdorf) sollen im Rahmen eines Pilotvorhabens eine Kombination aus Blockheizkraftwerk, Wärmepumpe und Eisspeicher erhalten.
„Allein 2019 und 2020 werden jährlich sogar rund 450 Millionen Euro in den Schulbau investiert. Bis 2030 umfasst das Schulbauprogramm mehr als vier Milliarden Euro“, sagt Rabe. „Nachhaltigkeit und Klimaschutz spielen beim Hamburger Schulbau eine enorm wichtige Rolle, dies gilt für den Neubau und die Sanierung ebenso wie für die laufende Unterhaltung des Gebäudebestands“, sagt Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), dessen Behörde Schulbau Hamburg unterstellt ist. „Unsere Bilanz kann sich sehen lassen. Mit weiteren Maßnahmen wie etwa unserer Gründach-Offensive, die wir in den nächsten Jahren weiter vorantreiben, sorgen Hamburgs Schulen für gutes Klima in der Stadt.“
Die SPD hat mit dem Sondervermögen Schulbau inzwischen erkennbar ihren Frieden gemacht. Rabe hatte 2008 als damaliger Oppositionspolitiker das Finanzierungsmodell des schwarz-grünen Senats zunächst skeptisch beurteilt. „Der Ausweg Sondervermögen heißt zugleich, Schulden zu machen. Auf Pump kann jeder“, sagte Rabe damals.