Junius-Verlag veröffentlicht ein aufwendig gestaltetes Buch zum City-Hof – Bezirkschef Falko Droßmann ist der Herausgeber.
Es ist eine der seltsamsten Karrieren der Hamburger Architektur-Geschichte. Bis vor wenigen Jahren galten die vier Türme im Herzen Hamburgs als Bausünde, die besser heute denn morgen abgerissen werden sollte. Doch ein Bild hat die Debatte verändert – eine Visualisierung des Architekten Volkwin Marg hat vielen Menschen eine Vision eingepflanzt, wie der City-Hof auch aussehen könnte – nicht grau und heruntergekommen, sondern weiß und modern. Und zunehmend steht das Gebäude wie ein Symbol für ein wachsendes Unbehagen vieler Menschen angesichts eines sich rasant wandelnden Stadtbildes. Inzwischen ist es sogar zum Streitfall für das Weltkulturerbe Kontorhausviertel geworden.
Nun hat der Hamburger Junius-Verlag ein Buch zum Gebäude veröffentlicht. Und dieses könnte der Fraktion der Bewahrer neue Argumente an die Hand geben. „Je mehr wir uns dem Gebäude und den Menschen darin näherten, umso mehr begannen wir, sie wertzuschätzen“, schreiben Autorin und die Fotografen in ihrem Vorwort. Die Verfasserin Heidi Kirk schildert, wie aus dem „eindrucksvollen Blickfang“ (Abendblatt 1956) die „grauen Klötze“ (Abendblatt 2006) werden konnten. Schuld daran waren nicht nur eine völlig verkorkste „Sanierung“ in den 70er-Jahren, die die hellen Leca-Platten hinter grauen Eternit-Platten versteckten und Holz- in Kunststofffenster tauschten, sondern auch der folgende Verfall.
Die Gebäude sind in schlechtem Zustand
Heute präsentiert sich der Bau in einem schlimmen Zustand, wie die Fotos von Nicole Keller und Oliver Schumacher eindrucksvoll zeigen. Zugleich aber setzen sie eine längst vergangene Zeit in Szene. In den Türmen, die einstmals ein Versprechen der Moderne waren, ist die Zeit stehen geblieben. Zwischen Tiefgarage und Dach dauern die 70er-Jahre in manchen Nischen an. Es sind skurrile Bilder, Fotos, die Geschichte und Geschichten erzählen. Alte Telefone, Landkarten, die inzwischen historisch sind, Lichtschalter aus einem anderen Jahrtausend. Und die Patina einer Behörde mit Akten, Topfpflanzen und Computerschrott. Wieder andere Aufnahmen zeigen den erbärmlichen Zustand des Gebäudes, dass mancher Leser sich am liebsten selbst hinter das Steuer eines Abrissbaggers setzen würde.
Im zweiten Teil des Buches porträtiert die Autorin die Menschen des City-Hofs, vom Hundekontrolldienstleiter über den Abschnittsleiter IT-Angelegenheiten bis zum Fachamt Einwohnerwesen. Das alles ist liebevoll, aber nicht rasend relevant. Spannender sind die Erinnerungen der Hausmeister-Tochter Erika Diedrichsen, die ihre Jugend im City-Hof verbrachte („Damals war alles picobello“). Sie räumt auch mit der Illusion auf, die Ladenpassage im Erdgeschoss habe jemals funktioniert. Und Lieselotte Klophaus, die Tochter des Architekten, verrät, dass Richard Klophaus den City-Hof ursprünglich in Backstein bauen lassen wollte.
Das Buch will nicht Meinung machen
Auch den Mietern im City-Hof, ob Kioskbetreiber, Restaurantchef oder Schiffsmakler, setzen die Autoren ein Denkmal. Es ist ein liebevolles Buch, das sich nur leise, mit einer Dosis Nostalgie für den City-Hof einsetzt: Der Leser soll sich selbst seine Meinung bilden. Konsequent bildet ein Streitgespräch zwischen dem ehemaligen Oberbaudirektor Jörn Walter und dem Sprecher der City-Hof-Initiative, Marco Alexander Hosemann, den Abschluss des Buches. Während Walter sich vehement für die Beseitigung des „städtebaulichen Schadens, also Stadtreparatur“ einsetzt, kämpft Hosemann für den Erhalt des „bedeutenden Kulturdenkmals“.
Und Herausgeber Falko Droßmann? Der SPD-Bezirksamtsleiter will sich nicht gegen seine Partei auf die Seite der Denkmalschützer schlagen – er möchte „nicht dieser furchtbaren Trutzburg der Geschichtsvergessenheit, aber den Menschen in ihr“ ein Denkmal setzen. Er hat es aber trotzdem getan.
Falko Droßmann (Hg.): „Der City-Hof. An- und Einblicke“. 264 S., gebunden. Junius-Verlag, 29,90 Euro