Hamburg. Opposition erhebt Vorwürfe: Abgeordnete erhalten nicht rechtzeitig Akteneinsicht, Gegner dürfen nicht an Ortsbegehung teilnehmen.
Die Kritik am Vorgehen des Senats in puncto City-Hof reißt nicht ab. Jetzt stößt sich die Opposition an den Vorbereitungen und an der geplanten Durchführung der sogenannten Advisory Mission. Wie berichtet, werden dafür am 30. August Vertreter von Icomos, dem beratenden Organ des Unesco-Welterbezentrums, nach Hamburg kommen. Auf einer Ortsbegehung und einer Anhörung soll die Frage geklärt werden, welchen Einfluss der Abriss des denkmalgeschützten City-Hofs auf den außergewöhnlichen universellen Wert des Weltkulturerbes „Speicherstadt und Kontorhausviertel mit Chilehaus“ hätte.
Zu dem Besuch hatte die Kulturbehörde neben Vertretern der zuständigen Behörden, des Bezirksamts und der Liegenschaftsverwaltung auch Vertreter der Bürgerschaftsfraktionen, des beteiligten Bauunternehmens und sowie Mitglieder verschiedener Denkmalschutz-Initiativen eingeladen.
Durch die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bürgerschaftsfraktion Die Linke kommen jetzt Details ans Licht, die deren Vorsitzende Heike Sudmann ärgern. „Offenbar tut der Senat alles, um zu verhindern, dass sich die Icomos-Vertreter eine ausgewogene Meinung bilden können.“ So werde die Zahl der Abrisskritiker auf sechs Teilnehmer begrenzt (jeweils ein Vertreter von Denkmalrat, Denkmalverein, Initiative City-Hof, Die Linke, CDU und FDP) – ihnen gegenüber ständen aber sechs Behörden mit Vertretern, deren Zahl der Senat trotz Nachfrage nicht nannte.
Ortsbegehung ohne Abrissgegner
Ihre Argumente können Abrissgegner und -befürworter auf einer zweistündigen Anhörung darlegen, die am Nachmittag des 30. August im Chilehaus stattfinden wird. Eine Teilnahme der Abrissgegner an der Ortsbegehung selbst ist auf Senatsantwort nicht geplant. Auch das stößt bei Sudmann auf Ärger. „So kann niemand vor Ort die vom Senat veröffentlichten Darstellungen der Sichtachsen korrigieren.“ Diese, behauptet sie, seien fehlerhaft. Dass der Neubau Sichtbeziehungen beeinträchtigen oder vernichten würde, sei aber wichtig für das Welterbe – und Teil der Kritik der Abrissgegner.
Ein weiteres Problem hat Sudmann mit dem Termin am 30. August. Dieser sei „mit heißer Nadel gestrickt“, denn die Bürgerschaftsabgeordneten könnten bis dahin keine Akteneinsicht nehmen. Jens P. Meyer, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, teilt die Kritik. „Der Senat führt diesen Termin so eilig herbei, dass man glaubt, er will die Sache schnell hinter sich bringen.“ Eine Akteneinsicht vor der Mission sei wichtig, um die Einschätzung des Senats zum Denkmalwert des City-Hofs beurteilen zu können. Meyer moniert auch, dass die Oppositionsparteien nur jeweils einen Vertreter zur Anhörung schicken dürfen. „In jeden Ausschuss gehe ich mit einem Fachkollegen. Das habe ich hier auch vor.“
Kulturbehörde: Öffentlichkeit nicht gewünscht
Die Kulturbehörde verweist darauf, dass alle für die Mission wichtigen Argumente auf der Behördenwebsite und im Transparenzportal zugänglich seien. Darüber hinaus lege Icomos sowohl die Dauer der Beratungsmission als auch die der Anhörung fest – eine Öffentlichkeit bei der Ortsbegehung sei von dem Gremium nicht gewünscht. „Es handelt sich um ein reines Arbeitstreffen“, betont Sprecher Enno Isermann. An der Ortsbegehung würden neben den Icomos-Vertretern nur eine Handvoll Vertreter der beteiligten Behörden und des Bezirksamts teilnehmen.
Ein letzter Punkt, der Heike Sudmann irritiert, ist, dass zu der Anhörung auch der Betriebsrat des Bezirksamts Hamburg-Mitte eingeladen wird. „Sie brauchen offenbar einen Zeugen für den schlechten Gebäudezustand. Dabei steht doch überhaupt nicht infrage, dass der City-Hof in seinem jetzigen Zustand nicht erhalten werden soll.“ Der geplante Umbau würde auch gute Arbeits- und Wohnverhältnisse schaffen. Damit spielt sie auf den Entwurf an, den der Hamburger Architekt für das Investorenkonsortium Matrix Hochtief angefertigt hat. Im Wettbewerbsverfahren für die Umgestaltung des City-Hof-Areals war dieser als einziger Entwurf, der den Erhalt und die Sanierung des Ensembles vorsah, in die Endrunde gekommen – dann aber wegen eines Verfahrensfehlers rausgeflogen.
Der mögliche Abriss des Denkmals City-Hof sei „eine große Nummer im bundesdeutschen Denkmalschutz“, so Ullrich Schwarz von der Hamburgischen Architektenkammer. Die Kammer ist übrigens nicht bei der Anhörung dabei – laut Kulturbehörde wurde nur eingeladen, wer sich schon einmal schriftlich zum Thema City-Hof an die Unesco oder das Auswärtige Amt gewandt habe.