Hamburg. Der Bauherr dringt auf die Abrissgenehmigung. Sein Kaufangebot für die Immobilie gilt nur noch bis April 2019.
Die Entwicklung des Areals der City-Hochhäuser am Klosterwall ist wohl das am meisten diskutierte Bauvorhaben der Hansestadt. Noch immer liegt dem Investor Aug. Prien Projektentwicklung keine Abrissgenehmigung für die vier maroden Gebäude vor, in denen bis Ende Mai das Bezirksamt Mitte seinen Sitz hatte. Denn die Stadt wartet auf eine Stellungnahme der Unesco, inwiefern der Abriss der City-Hochhäuser und ein Neubau mit rötlicher Backsteinfassade möglicherweise die Aberkennung des Titels Weltkulturerbe „Speicherstadt und Kontorhausviertel mit Chilehaus“ zur Folge hätte.
Zwei Expertinnen des Unesco-Beratergremiums Icomos hatten Ende August eine Ortsbegehung gemacht und sollen jetzt einen Bericht erstellen. Sollte beschlossen werden, dass sich erst das Weltkulturerbe-Komitee mit dem Vorgang beschäftigt, würde das eine weitere Verzögerung bedeuten. Das Gremium tagt erst im Sommer 2019.
Für die Stadt könnte das empfindliche finanzielle Folgen haben. Denn die Gebäude sind noch gar nicht verkauft, und die Aug. Prien Projektentwicklung, die den Zuschlag erhalten hatte, könnte als Käufer wieder abspringen. „Wir haben entsprechend den Ausschreibungsbedingungen der Stadt ein notarielles Kaufangebot für die City-Hochhäuser gemacht. Dieses läuft Mitte April 2019 aus“, bestätigte Geschäftsführer Jan Petersen auf Abendblatt-Anfrage.
Achitektenwettbewerb kostete mehr als eine halbe Million
Den Verträgen ist zu entnehmen: Sollte die Stadt das Angebot bis dahin nicht annehmen, könnte Aug. Prien davon zurücktreten, und die Stadt müsste, so ist es vertraglich geregelt, bestimmte aufgelaufene Kosten erstatten. Dazu zählt vor allem der Architektenwettbewerb, der weltweit ausgeschrieben worden war und nach Abendblatt-Informationen mehr als eine halbe Million Euro gekostet hat. Dass an Aug. Prien ein „Erstattungsbetrag“ gezahlt werden müsste, bestätigte ein Sprecher der Finanzbehörde. Auch die Kosten für die Sicherung der Hochhäuser trägt momentan die Stadt.
Wenn sich Aug. Prien zurückzieht, dann müsste die Stadt auch die Entwicklung des Areals neu ausschreiben. Das hätte ein zeitaufwendiges Verfahren zur Folge.
Eigentlich wollte Aug. Prien bereits im Juli dieses Jahres mit den vorbereitenden Maßnahmen für den Abriss beginnen. Aber wegen der Untersuchungen des Unesco-Beratergremiums lässt der Abrissantrag auf sich warten. Petersen: „Wir hoffen, dass die Stellungnahme der Unesco zeitnah vorliegt und wir danach eine Abbruchgenehmigung erhalten und wir bis Ende des Jahres mit den Arbeiten beginnen können. Dann wäre die entstandene Verzögerung noch aufzufangen.“
Aber die Geduld des Investors ist naturgemäß begrenzt: „Wenn bis Ende des Jahres nicht absehbar ist, dass wir die Gebäude abreißen dürfen, müssen wir gemeinsam mit der Stadt entscheiden, wie wir mit dieser neuen Situation umgehen. Denn wir wissen nicht, ob zum Beispiel der Abrissunternehmer, den wir beauftragt haben, dann noch länger zur Verfügung stehen kann“, sagte Petersen und gab zu bedenken: „Einen neuen zu finden dürfte Zeit in Anspruch nehmen, weil momentan die Auftragslage aufgrund der vielen Bauvorhaben sehr gut ist.“
Außerdem beschäftigt Aug. Prien ein Projektteam, das seit Monaten für das Projekt City-Hochhäuser arbeitet: „Auch deshalb brauchen wir natürlich eine belastbare Perspektive“, sagte Petersen.
Seit Jahren wird über den Abriss der in den 1950er-Jahren erbauten denkmalgeschützten Hochhäuser gestritten. Schließlich hatte der Senat den Abriss im März beschlossen. Die Stadtentwicklungsbehörde kündigte damals an, das im zweiten Quartal die „baurechtliche Abbruchgenehmigung“ folgen soll.
Es sollen Wohnungen, Büros, Hotel und Läden entstehen
Auf dem Filetgrundstück sollen 140 Mietwohnungen, rund 15.000 Quadratmeter Bürofläche und ein Novotel mit 220 Zimmern entstehen. Auch Hamburgs höchster Kindergarten in der achten Etage mit Dachterrasse ist geplant sowie im Erdgeschoss Flächen für Einzelhandel, Gastronomie und Kultur. Der Projektentwickler hat 35,2 Millionen Euro für die City-Hochhäuser geboten, die Gesamtinvestition liegt dem Vernehmen nach bei rund 250 Millionen Euro. Für Petersen steht trotz der Widrigkeiten fest: „Die Entwicklung dieses Grundstücks ist ein sehr wichtiges Projekt für die Stadt und für unser Unternehmen. Wir wollen hier im Herzen der Stadt gemeinsam die Aufenthaltsqualität im Kontorhausviertel verbessern.“