Dramatischer Appell von Sozialsenator Scheele: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“ Die Situation der Flüchtlinge sei deprimierend und erbärmlich. Die Stadt plant drastische Maßnahmen.

Hamburg/München. Der Hamburger Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hat vor dramatischen Zuständen bei der Unterbringung von Flüchtlingen gewarnt. „Wir haben keine freien Plätze“, sagte Scheele der „Süddeutschen Zeitung“. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand, fest angelehnt.“ Scheele sagte, es fehlten wegen des gestiegenen Andrangs allein in Hamburg derzeit 4000 zusätzliche Plätze in Flüchtlingsunterkünften. Für 1600 dieser Plätze wisse die Stadt noch nicht einmal, wo sie gebaut werden könnten.

Auch in der Unterkunft in Harburg ist die Situation nach einem Abendblatt-Bericht dramatisch. Falls die Flüchtlingszahlen weiter steigen, „würden wir finanziell und räumlich vor unglaublichen Problemen stehen“, sagte Scheele der „SZ“. Im Schnitt müsse die Stadt 20.000 Euro investieren, um einen Platz in einer Unterkunft zu schaffen.

Die Situation in einem Containerdorf in Hamburg-Lokstedt, das er kürzlich besuchte, nannte Scheele „deprimierend“ und „ganz erbärmlich“. Es fehle aber das Geld, die Qualität der Unterkünfte zu verbessern. Dieses Problem haben laut Scheele alle deutschen Großstädte. „Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung jetzt die Wartezeit bis zur Arbeitsaufnahme auf drei Monate verkürzt“, sagte der Sozialsenator. „Wenn es gelingt, Flüchtlinge schneller in Arbeit zu bringen und zu integrieren, entlastet das die öffentlichen Haushalte und löst die Spannungen in den Unterkünften.“

Unter der angespannten Lage leiden laut Scheele auch Hamburger, die ihre Wohnung verlieren. Ihnen könnten derzeit praktisch keine Plätze in Unterkünften mehr angeboten werden, weil alle belegt seien.

Scheele bat nach eigenen Angaben bereits die Hafenbehörde Hamburg Port Authority, nach Liegeplätzen und mietbaren Wohnschiffen zu suchen. Auf solchen Schiffen brachte die Hansestadt bereits vor 20 Jahren Hunderte Flüchtlinge unter. „Mir ist es egal, ob hundert Plätze in einem Containerdorf entstehen oder auf einem Schiff“, sagte Scheele. „Hauptsache wir bekommen genügend Plätze.“

Scheele forderte die Bundesregierung auf, den Kommunen in der Flüchtlingsfrage zu helfen. „Wir müssen über eine Kostenbeteiligung des Bundes diskutieren“, sagte der SPD-Politiker. „Die finanziellen Belastungen sind extrem geworden.“