Die in Hamburg lebenden Lampedusa-Flüchtlinge bekommen prominente Unterstützung. Ärzte-Punkrocker Bela B. und Regisseur Fatih Akin zählen zu den Unterzeichnern des Manifests.
Hamburg. Bela B, Schlagzeuger und Sänger bei der Punkrock-Band Die Ärzte, hat nicht lange gezögert und den öffentlichen Appell mitunterzeichnet. Es geht um das „Lampedusa-Manifest“, das am Montagmittag vor dem Flüchtlingszelt am Hauptbahnhof vorgestellt worden ist. „Mir geht es gut. Warum soll es nicht auch anderen gut gehen“, sagt der Musiker, der bürgerlich Dirk Albert Felsenheimer heißt. Den Lampedusa-Flüchtlingen zu helfen, das sei für ihn ein „Akt der Menschlichkeit“.
Zwar möge in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden sein, dass für die meisten westafrikanischen Kriegsflüchtlinge eine Lösung gefunden worden sei, so die Initiatoren, doch dies sei keineswegs der Fall. „Die Zivilgesellschaft dieser Stadt mag es nicht, wie die SPD mit den Flüchtlingen umgeht“, kritisierte Mitinitiator Christoph Twickel. Der Aktivist meint: „Lampedusa wird zum Wahlkampfthema in Hamburg.“
In dem Papier unterstützen prominente Hamburger die Flüchtlinge aus Lampedusa, deren Schicksal in Hamburg noch immer ungeklärt ist. Die Menschen müssten eine dauerhafte Zukunft in Hamburg haben, fordern sie. Zu den Unterzeichnern gehören auch Amelie Deuflhard, die Intendantin von Kampnagel, der Publizist Roger Willemsen, die Schriftstellerin Peggy Parnass, Dirigent Justus Frantz sowie Regisseur Fatih Akin. Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier meinte: „Ich bin ein wenig erstaunt darüber, dass sich diese weltoffene Stadt in so einer Extremsituation auf eine Gesetzeslage allein beruft.“ Sie hoffe, dass durch die Öffentlichkeit eine Diskussion darüber entstehen kann.
Wie Vertreter der Gruppe Lampedusa in Hamburg sagten, lebten derzeit 100 bis 150 Lampedusa-Flüchtlinge in der Hansestadt auf der Straße. Ihr Aufenthalt in privaten und kirchlichen Unterkünften sei abgelaufen. „Sie leben unter unmenschlichen Verhältnissen", sagt Asuquo Udo, Sprecher der Gruppe Lampedusa in Hamburg. Das Problem dieser Menschen sei keinesfalls gelöst, sondern habe sich jetzt noch einmal verschärft.
Das Manifest kritisiert vor allem die Politik des SPD-Senats. Bis dato verweigere er jedes konstruktive Gespräch über eine weitere Lösung, heißt es in dem Papier. „Mit der Weigerung, eine politische Lösung herbeizuführen, will der Senat jede Hoffnung im Keim ersticken, dass selbst organisierter Widerstand von Flüchtlingen sich lohnen könnte.“ Die Unterzeichner unterstützen die Forderung der Flüchtlingsgruppe nach einem „Lampedusa in Hamburg Haus“ – also einem Ort, der Unterkunft, soziale und politische Infrastruktur bieten kann. „Wir suchen einen Ort an dem wir arbeiten können. Wir wollen keine Sozialleistungen, sondern arbeiten. Wir kämpfen weiter für unsere Rechte in Hamburg“, sagte Flüchtlingssprecher Asuquo Udo. In diesem Zusammenhang wurde auf ein Haus im Karolinenviertel als mögliche Bleibe verwiesen. Amelie Deuflhard, Intendantin von Kampnagel, bezeichnete es als ein „Unding, wie der Senat“ mit diesem Konflikt umgehe.
Auf Abendblatt-Anfrage erklärte ein Sprecher der Innenbehörde, dass es im vergangenen Jahr neben den Gesprächen mit der Leitung der Nordkirche zwei persönliche Treffen hochrangiger Vertreter der Innenbehörde mit Libyen-Flüchtlingen gegeben habe. Zudem fanden weitere Begegnungen mit den Rechtsanwälten der Flüchtlingen statt. „Das Ergebnis waren die in der sogenannten Verfahrensbeschreibung enthaltenen Zusagen.“ Allerdings lasse sich über „Recht und Gesetz nicht verhandeln“. Wer einen anderen Eindruck erwecke, mache den Betroffenen falsche Hoffnungen.
Bislang haben nach Senatsangaben 51 Personen aus der Lampedusa-Gruppe einen Antrag auf Bleiberecht aus humanitären Gründen gestellt und im Zuge des Verfahrens auch ihre Fluchtgeschichte erzählt. Wer sich bei den Behörden meldet und einen Antrag stellt, hat Anspruch auf Unterkunft, Verpflegung und ein rechtsstaatliches Verfahren. Dazu gehöre, dass man nach einer gewissen Wartezeit auch arbeiten dürfe, hieß es.
Nach Ansicht des Senats sind alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Mit einer umfangreichen Verfahrensbeschreibung und den darin enthaltenen Regeln nehme der Senat bereits im „größtmöglichen Maße“ Rücksicht auf die besondere Situation jener Männer, die legal aus Italien nach Deutschland gekommen sind. Die Afrikaner waren 2011 über die italienische Insel Lampedusa vor dem Krieg in Libyen geflohen. Anfang 2013 strandeten etwa 300 in Hamburg. Ein Jahr lang fanden 80 von ihnen Obdach in der St.-Pauli-Kirche. Die Unterbringung dort ist inzwischen beendet.