Das Pilotprojekt soll noch in diesem Jahr starten. Im Hamburger Umland und in Berlin wurden damit gute Erfahrungen gesammelt.
Hamburg. Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) sagt Schwarzfahrern den Kampf an. Zumindest in den Bussen soll das Fahren ohne Ticket schon bald der Vergangenheit angehören. Der HVV plant, dass alle Fahrgäste künftig vorne beim Fahrer einsteigen und dort ihre Fahrkarte vorzeigen müssen. Das bestätigte HVV-Sprecherin Gisela Becker auf Abendblatt-Anfrage: "Uns entgehen innerhalb des HVV jährlich rund 20 Millionen Euro Fahrgeldeinnahmen durch Schwarzfahrer. Deshalb müssen wir handeln."
Seit 2002 gilt der Vorne-Einstieg bei Bussen innerhalb Hamburgs nur montags bis sonnabends ab 21 Uhr. An Sonn- und Feiertagen ganztags: "Wir haben mit Einführung dieser Regelung rund drei Millionen Euro Mehreinnahmen durch Fahrkartenverkäufe direkt bei den Fahrern erzielt. Durch eine Ausweitung dieser Maßnahme erhoffen wir uns zusätzliche Einnahmen", sagt HVV-Sprecherin Becker. Bei den Schnellbuslinien und Buslinien im Umland muss generell vorne eingestiegen werden. Noch in diesem Jahr soll nun in Hamburg ein Pilotprojekt gestartet werden. Die hinteren Türen sollen dann nur noch zum Aussteigen genutzt werden. Ausnahmen werden für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen gelten.
Mit entsprechenden Piktogrammen am Bus sollen die Fahrgäste auf diese Regelung hingewiesen werden. "Wir führen derzeit Gespräche mit den Verkehrsunternehmen, wie wir dieses Konzept umsetzen können. In der Praxis wird sich dann zeigen, inwiefern wir den generellen Vorne-Einstieg flächendeckend auf allen Buslinien einführen können", sagt Becker.
Aber auch ohne Testphase ist sie sicher, dass Schwarzfahrten massiv eingeschränkt werden können. Allein die Hochbahn geht laut Sprecher Christoph Kreienbaum von etwa 14 Millionen Schwarzfahrten im Jahr aus. 2009 erwischten die Kontrolleure der Hochbahn 94 240 Kunden ohne gültiges Ticket. Das ist ein leichter Anstieg gegenüber 2008. Das geplante Pilotprojekt innerhalb des HVV wollte Kreienbaum zunächst nicht kommentieren.
Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) haben bereits im Dezember 2008 eingeführt, dass die Fahrgäste im Stadtverkehr Ahrensburg ganztägig direkt beim Busfahrer einsteigen und ihre Fahrkarte vorzeigen müssen. "Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht, und die Einnahmen sind gestiegen", sagt VHH-Sprecher Kay Goetze.
Die VHH bedient mit ihrem Schwesterunternehmen Pinneberger Verkehrsgesellschaft (PVG) in Hamburg zahlreiche Metrobuslinien und unterstützt das HVV-Pilotprojekt: Aber Goetze sagt auch: "Wir müssen natürlich testen, ob dieses Vorhaben auch in den stark frequentierten Hauptverkehrszeiten umsetzbar ist." Denn es kann natürlich zu Stauungen und damit Verzögerungen kommen.
In Berlin dürfen die Fahrgäste bereits seit April 2004 nur noch direkt beim Busfahrer einsteigen und müssen das Ticket vorzeigen oder direkt beim Fahrer erwerben - mit guten Erfahrungen "Es läuft reibungslos und beschert uns im Jahr etwa 4,5 Millionen Euro Mehreinnahmen", sagte Petra Reetz, Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Das geplante Pilotprojekt des Hamburger Verkehrsverbundes stößt auch bei CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse auf Anklang: "Dadurch, dass der Fahrer jeden einzelnen Fahrgast in Augenschein nehmen kann, steigt so auch das Sicherheitsgefühl für alle Beteiligten." Aber natürlich sei es vor allem eine geeignete Maßnahme, um das Problem des Schwarzfahrens einzudämmen, so Hesse weiter.