Der Hamburger Senat will trotz des Streits um Windenergiemesse mit Schleswig-Holstein zusammenarbeiten. Verhältnis sei weiterhin gut.
Hamburg. Während die Kieler Politiker das Verhältnis zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein gestört sehen, einen verbalen Giftpfeil nach dem anderen in Richtung Olaf Scholz (SPD) abschießen, bleibt Hamburgs Bürgermeister betont gelassen. Das Verhältnis zwischen Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und ihm sei weiterhin gut, teilte Senatssprecher Christoph Holstein auf Nachfrage mit. Der Bürgermeister "bemühe sich weiter um ein gutes Verhältnis". Hamburg sei "weiterhin gesprächsbereit" und auch die Schleswig-Holsteiner seien an Gesprächen interessiert, so Holstein.
Letzteres klang zumindest in den aktuellen öffentlichen Äußerungen der Kieler Landespolitiker anders. Von einer "pfeffersäckischen Mentalität" sprach der grüne Fraktionschef Robert Habeck. Der Bürgermeister kenne "zwischen sich und der Sonne keine weitere Ebene" mehr.
Auslöser für den Streit war die Tatsache, dass Hamburg künftig eine Windenergiemesse veranstalten wird. Bisher fand die weltgrößte Messe dieser Art in Husum statt. Nach Informationen des Abendblatts hat Hamburg ein öffentliches Ausschreibungsverfahren vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) vor Hannover und Husum gewinnen können. Der Verband ist nach Aussagen von Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) auf Hamburg zugekommen. Diese Konkurrenz zur Husum-Messe sehen die Schleswig-Holsteiner aber als "massiven Angriff auf die Wirtschaftsinteressen" des Landes. Tatsächlich könnte langfristig eine große Windenergiemesse in Hamburg das Aus für die Husumer bedeuten. Schon jetzt gibt es dort allerdings massive Platzprobleme. Sowohl für die Aussteller als auch für Messebesucher, die kaum genügend Übernachtungsmöglichkeiten finden.
+++ Grüne kritisieren Hamburgs "Pfeffersäckische Mentalität" +++
Auch darauf reagiert Hamburg sachlich. "Es ist eine Frage von Standortpolitik. Wenn Hamburg es nicht versteht, das Potenzial der Windenergiebranche für sich zu nutzen, werden es andere Städte wie Hannover oder sogar Barcelona tun", sagte Holstein. Die Husumer seien die Leidtragenden der Atomkatastrophe in Fukushima - Ursache dafür, dass die Branche in solch rasantem Tempo wachse.
Der Hamburger Senat sieht die Angriffe aus dem Norden auch unter dem Gesichtspunkt der bevorstehenden Wahlen. Die CDU in Schleswig-Holstein könne nicht leugnen, dass die Situation auch mit der politischen Stimmung in der eigenen Partei zusammenhänge, sagte der Senatssprecher.
Hamburgs GAL-Fraktionschef Jens Kerstan wertet die Situation anders. "Olaf Scholz hat im Verhältnis zu Schleswig-Holstein in kürzester Zeit viel Porzellan zerschlagen", sagte Kerstan dem Abendblatt. Beim Thema Windmesse sei Scholz zusammen mit seinem Wirtschaftssenator Frank Horch "ohne jedes Fingerspitzengefühl" vorgegangen. "Der Bürgermeister hätte wissen müssen, wie sensibel das Thema angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung für Schleswig-Holstein ist. Durch sein hochmütiges Auftreten hat er Hamburgs Nachbarn verprellt", sagte Kerstan. Er forderte den Bürgermeister auf "jetzt schnell Schadensbegrenzung" zu betreiben und die Wogen zu glätten, "sonst gefährdet er die für Hamburg so wichtige Kooperation in der Metropolregion".
Ähnlich wertet das auch Roland Heintze, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion. "Das Vorgehen des Senats ist kritisch", sagte Heintze. Die Schleswig-Holsteiner hätten nicht vergessen, "dass vor 2001 öfter mit ihnen in dieser Weise umgegangen worden ist". Nach der Regierungsübernahme der CDU im Jahr 2001 sei es "eines der schwierigsten Dinge gewesen, das Verhältnis zu Schleswig-Holstein zu verbessern", sagte Heintze. Er appellierte an den Bürgermeister, auf die Schleswig-Holsteiner zuzugehen.
Die Hamburger SPD-Fraktion wertet die verbale Auseinandersetzung eher als "Sturm im Wasserglas". Fraktionschef Andreas Dressel sagte dem Abendblatt: "Aus meiner Sicht ist das Verhältnis zwischen den Ländern überhaupt nicht belastet." Als Beleg nannte er die länderübergreifende Zusammenarbeit der SPD-Fraktionen, die in der vergangenen Woche beschlossen worden war. Nur eine Partnerschaft der Länder sei eine Erfolg versprechende Strategie. Nicht zielführend sei hingegen eine gegenseitige Abgrenzung.