Hamburg sollte Schleswig-Holstein nicht verstimmen
Es ist wohl eine Mischung aus verletztem Stolz, Wahlkampf-Geplänkel und Neid auf den reichen Nachbarn. Schleswig-Holsteins Politiker scheinen jedenfalls ein neues Lieblings-Feindbild gefunden zu haben: Hamburg. Die CDU sieht das Land einem "Frontalangriff" durch die Hansestadt ausgesetzt, die Grünen beklagen "Pfeffersack-Mentalität". Zwar hören sich die Kommentare nach dem Abschalten der Mikrofone schon deutlich freundlicher an, doch eindeutig ist: Die Beziehungen der Nachbarn sind auf einem Tiefpunkt angelangt.
Der Anlass ist schnell erzählt. Es geht um die weltgrößte Windenergiemesse in Husum. Mit der Branche ist auch die Messe rasant gewachsen - zu rasant für die kleine Stadt. Was liegt da näher als der Wechsel nach Hamburg, dem selbst ernannten europaweit wichtigsten Windenergie-Standort? Dass Hamburg sogleich Interesse signalisiert hat, ist verständlich. Hat aber einen Nerv getroffen.
Dazu muss man wissen, dass Schleswig-Holstein in Sachen Windkraft immer Vorreiter war. Schon Ende der 80er-Jahre gab Kiel das Ziel aus, 50 Prozent des Energiebedarfs aus Windrädern gewinnen zu wollen. Damals taten das die meisten als Öko-Spinnereien ab. Schleswig-Holstein war seiner Zeit voraus - und sieht sich im Sog der Metropole um die Früchte der Arbeit gebracht. Da das Land aufgrund seiner Finanzschwäche in vielen Bereichen den Anschluss an Hamburg zu verlieren droht, schmerzt das umso mehr.
In dieser Situation hat Hamburg eine besondere Verantwortung, damit die Verstimmungen nicht zu einer Eiszeit führen. Im Rathaus sollte auch niemand unterschätzen, wie sehr die Stadt auf ihren Nachbarn angewiesen ist - der Hamburg übrigens schon oft aus der Patsche geholfen hat. Die Airbus-Landebahn konnte nur gebaut werden, weil es Naturschutzausgleichsflächen in Schleswig-Holstein gab. Und der Elbvertiefung hat Kiel schon frühzeitig zugestimmt - ganz im Gegensatz zur Landesregierung in Hannover, die bis heute das Projekt torpediert. Hamburg sollte nicht vergessen, den Schleswig-Holsteinern bei passender Gelegenheit etwas zurückzugeben.