Bereits am Donnerstag stimmt die Bürgerschaft über den Antrag zur Wiedereinsetzung des Ausschusses zur Elbphilharmonie ab.
Hamburg. Die Hamburger SPD drängt auf eine möglichst schnelle Wiederaufnahme der Untersuchungen zur Kostenexplosion der Elbphilharmonie. Bereits kommenden Donnerstag soll die Hamburgische Bürgerschaft über einen Antrag zur Wiedereinsetzung des Ausschusses abstimmen, wie die Sprecherin der SPD-Fraktion sagte. Der Antrag werde von allen Fraktionen außer der CDU getragen.
Die Elbphilharmonie ist seit Jahren Streitobjekt in Hamburg. Die Bürgerschaft bewilligte bisher 323,5 Millionen Euro für das Vorhaben. Ursprünglich waren 77 Millionen Euro veranschlagt worden. Wegen der vorgezogenen Neuwahlen hatte der frühere Untersuchungsausschuss im Februar 2011 vorzeitig seine Arbeit eingestellt. Aus dem Abschlussbericht ging hervor, dass das Konzerthaus voraussichtlich noch teurer werde als bisher bekannt. Die Kosten wurden darin auf mindestens 351,3 Millionen Euro beziffert.
Auch der Eröffnungstermin hat sich seit der Grundsteinlegung im April 2007 immer wieder verschoben. Zuletzt hieß es, das Konzerthaus in der Hafencity solle November 2013 eröffnet werden.
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Elbphilharmonie: Und noch ein Jahr später
"Das ist ein Unding. Wir werden das prüfen und dann in die Konfrontation gehen." Im vermeintlich schützenden Windschatten der Präsentation des neuen Senats wartete der Geschäftsführer der Realisierungsgesellschaft (ReGe), Heribert Leutner, am Donnerstag mit einer weiteren verheerenden Prognose zum Bau der Elbphilharmonie auf: Im neuen Terminplan des Baukonzerns Hochtief steht, dass sich die Gesamtfertigstellung um fast ein Jahr auf Ende November 2013 verschiebt. Bislang war von Januar 2013 die Rede gewesen. Unklar ist, bis zu welchem Datum sich damit die Eröffnung verspätet.
Dieser Terminplan, den Hochtief selbst laut Leutner als unvollständig bezeichnet habe, wurde der Stadt am 10. März übergeben - aber nur, weil eine gerichtliche Volllstreckungsmaßnahme drohte. Beide Parteien klagen seit Monaten gegeneinander, um Klarheit über Nachforderungen, Probleme und deren Verursacher zu erzielen. Bislang beläuft sich die vereinbarte maximale Schadenersatzsumme auf 40 Millionen Euro. Sollte das nach Meinung der Stadt nicht als Kompensation für Verzögerung und Kollateralprobleme ausreichen, behält man sich weitere Eskalationsschritte vor. Auf die Frage nach möglicherweise drohenden Kostensteigerungen meinte Leutner: "Wir sind im Budget." Bislang hat die Bürgerschaft 323,5 Millionen Euro bewilligt.
Hochtief hat auch in der Bauprognose drastische Änderungen vollzogen. Denn jetzt heißt es, dass der Große Saal ganze fünf Monate vor der Gesamtfertigstellung vollendet sein werde. Bislang hieß es immer, das Schwierigste am Projekt sei dieses komplexe Herzstück des Gebäudes, der Rest sei relativ einfach. Der Große Saal sollte bislang Ende 2012 zur Einspielphase bereit sein.
Als einen Grund für die vertagte Erstellung des Terminplans gab Hochtief einen Datenverlust an, der die Erstellung behindert habe. Leutner überzeugt das nicht: Noch bis zum Januar sei nicht die Rede davon gewesen, dass derartige Verzögerungen drohen würden. Damals habe es geheißen, die Stadt habe mit dem umstrittenen Terminplan vom April 2010 "ausreichende Planungssicherheit". Auch die Richtigkeit des knapp 100 Seiten starken Plans (mit DIN-A0-Blättern) wird von der ReGe bestritten. Von den rund 13 000 Einzelvorgängen, die darin aufgelistet sind, seien 1900 falsch dargestellt, so Leutner. 4000 Planungsdetails fehle die Vernetzung. "Was wir und das Gericht verlangt haben, ist überhaupt nicht erfüllt", so Leutner. "Die Gründe für die Veränderungen sind nicht von Hochtief zu vertreten", sagte dagegen ein Konzernsprecher.
+++ Elbphilharmonie: Verrechnet +++
In den kommenden Wochen soll diese Ablaufliste von der ReGe überprüft werden. Dort vermutet man, dass hinter den von Hochtief angekündigten Ablaufverschiebungen eine Strategie steckt, um eigene Nachzahlungsforderungen besser durchzudrücken. Rückendeckung erhielt die ReGe aus dem Rathaus. Bei der Vorstellung seiner Mannschaft hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sich dort klar dazu geäußert, an der Verantwortung für die Elbphilharmonie nichts zu ändern.
"Die Zuständigkeit bleibt in der Kulturbehörde", sagte Scholz. "Darüber kann man unter verschiedenen Gesichtspunkten nachdenken - auch über den, wie es von Anfang an hätte sein sollen. Ich denke aber, bei einem hoffentlich fast fertigen Bauprojekt wäre es falsch, jetzt alles neu zu machen. In der Kulturbehörde sitzen nun die Leute mit der Kompetenz, die würde man sonst ja auch nur verlagern."
+++ Kommentar: Neues Jahr, neues Unglück +++
Betroffen von der neuen Runde beim Termine-Raten ist auch Generalintendant Christoph Lieben-Seutter, der seine Eröffnungssaison-Ideen erneut überarbeiten und den Spielbetrieb noch länger in den Belegungsplan der Laeiszhalle pressen muss. "Keiner weiß genau, was die bei Hochtief meinen. Man schwimmt da rum, ein äußerst frustrierender Zustand. Und das Argument mit dem Datenverlust ist lächerlicher Kinderkram." Für den Konzerthauschef ohne neues Konzerthaus bedeutet diese Hiobsbotschaft "einen Neustart. Wieder mal". Lieben-Seutters Vertrag läuft derzeit bis 2015. Ein bisschen Luft hat er also noch.