Hamburg. Das hat bislang kaum jemand geschafft. Noch vor Ablauf der 100 Tage währenden Schonfrist für Neulinge im Amt steht Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus vor einem Scherbenhaufen. Am 96. Tag hat der Grünen-Koalitionspartner dem CDU-Politiker, der so gern ein Bürgermeister „zum Anfassen“ wäre, das Vertrauen entzogen und den Austritt aus Deutschlands erster schwarz-grüner Koalition auf Landesebene angekündigt.
Dabei hätte es so glatt laufen können für den gebürtigen Heidelberger. Stets bescheiden hatte der 40-Jährige nie öffentlich Anspruch auf das höchste Regierungsamt im hanseatischen Stadtstaat erhoben. Als Innensenator stand der in der Hamburger Union gut vernetzte Vorsitzende des einflussreichen CDU-Kreisverbandes Nord seinem damaligen Chef Ole von Beust (CDU) stets loyal gegenüber.
Dabei könnten die beiden Politiker unterschiedlicher kaum sein. Beust hatte einen neuen Stil von CDU-Politiker verkörpert - großstädtisch, liberal und weltoffen. Ahlhaus dagegen steht für den bürgerlich-konservativen Flügel der Partei. So wurde der gelernte Bankkaufmann mit juristischem Staatsexamen bereits als Bürgerschafts-Innenpolitiker häufig als Hardliner wahrgenommen.
Als Innensenator in der schwarz-grünen Koalition gab sich der verheiratete Politiker dann deutlich zurückhaltender, um sich als Bürgermeister dann gar als Mann mit einem „grünen Herz“ zu outen. Genützt hat es dem gelernten Bankkaufmann mit juristischem Staatsexamen jedoch nichts. Vor allem seine aus Sicht der Grünen einsamen Personalentscheidungen führten zum Ende des bundesweit beachteten Koalitionsexperiments.
Aber auch das wachsende Misstrauen der Grünen tat sein Übriges. Denn Ahlhaus' Image war bei der Ökopartei noch nie das beste. So fand diese es überhaupt nicht erfreulich, dass Ahlhaus bei der Heidelberger „Turnerschaft Ghibellinia“ – eine schlagende Studentenverbindung – als eine Art Gastmitglied geführt worden war. Die Gemüter beruhigten sich erst, als sich Ahlhaus von der Turnerschaft ausdrücklich distanzierte.
Für Aufsehen sorgte Ahlhaus aber auch mit hohen Ausgaben. So wurde im April bekannt, dass die Sicherungsmaßnahmen an seiner neu erworbenen Privatvilla den Steuerzahler rund eine Million Euro kostet. Ahlhaus erklärte, er folge nur den Empfehlungen des Landeskriminalamtes. Ähnlich hatte er schon 2009 argumentiert, als ihm vorgeworfen wurde, nach einer Sicherheitskonferenz in Paris Privatfahrten im Dienstwagen nicht gesondert abgerechnet zu haben.
Aufgeben will Ahlhaus nun jedoch nicht. Er hat zwar nie die Popularitätswerte seines Vorgängers Beust erreicht und mit Olaf Scholz fordert ihn ein durchaus prominenter SPD-Politiker heraus. Gleichwohl erklärte der CDU-Vorstand noch am Tag der einseitig verkündeten Scheidung durch die Grünen, dass er Ahlhaus einstimmig als Spitzenkandidat für eine Neuwahl nominiert hat.