Die Saga/GWG nutzt den Spielraum von 20 Prozent Erhöhung voll aus, sagt Andy Grote (SPD). Er fordert eine sozial verantwortliche Politik.
Hamburg. In den vergangenen acht Jahren sind die Mieten in Hamburg um durchschnittlich 15, 95 Prozent gestiegen. Bis 2008 hob dagegen die Saga/GWG ihre Mieten um durchschnittlich 25,5 Prozent an. Ist ausgerechnet das städtische Wohnungsunternehmen ein Mietentreiber? Ja, sagt Andy Grote (SPD), der diese neuen Zahlen mittels einer Kleinen Anfrage an den Senat öffentlich gemacht hat. Er fordert die Saga/GWG auf, wieder eine "sozial verantwortlichere Mietenpolitik" zu betreiben.
Auch unter den Bewohnern der Saga-Wohnungen mehrt sich der Widerstand gegen die stetigen Mieterhöhungen. Sie wollen dies "nicht mehr einfach hinnehmen" und kündigten gestern an, sich "wehren" zu wollen. Ihr größter Kritikpunkt neben den Mieterhöhungen: Die Gewinne, die das Unternehmen dadurch erwirtschaftet, fließen nicht in den Wohnungsbau, sondern in ein Sonderinvestitionsprogramm des Senats. Daraus werden unter anderem Großprojekte in Hamburg wie die Elbphilharmonie finanziell unterstützt.
Das eigentliche Ziel des städtischen Unternehmens ist die Förderung des sozialen Ausgleichs in den Wohnquartieren, betont Andy Grote. Dazu gehöre es, "angemessenen Wohnraum zu erschwinglichen Preisen für breite Bevölkerungsschichten zur Verfügung zu stellen". Diesen Auftrag erfülle das Unternehmen seiner Meinung nach schon lange nicht mehr. Tatsächlich sank der Anteil der preisgebundenen Sozialwohnungen am Gesamtbestand von 53 Prozent im Jahr 2001 auf 41 Prozent im Jahr 2009. Neben den Mietsteigerungen ist dies ein weiteres deutliches Zeichen für Grote, dass sich die Struktur des Wohnungsunternehmens verändere. "Die Saga/GWG orientiert sich immer stärker an Rentabilität und wird immer mehr wie ein normales Wohnungsunternehmen aufgestellt und nicht wie ein Unternehmen mit öffentlichem Auftrag", sagt Grote. Es habe nur dann einen Sinn, ein städtisches Wohnungsunternehmen zu haben, wenn es ein soziales Regulativ am Markt sei.
Genau andersherum mache es aber derzeit die Saga/GWG. Sie nutze die Spielräume für Mieterhöhungen als Erste aus - und zwar meist in vollem Umfang von bis zu 20 Prozent. Es ist erklärtes Ziel der Saga/GWG, sich künftig am Mittelwert des Mietspiegels zu orientieren. Die Gründe für diese veränderte Politik werden zumindest hinter vorgehaltener Hand recht deutlich formuliert. Das Unternehmen musste sich neu aufstellen, um nicht verkauft zu werden. Wie viele andere öffentliche Wohnungsunternehmen stand auch die Saga/GWG unter dem Druck, privatisiert zu werden. Um dies zu verhindern, hat das Unternehmen seine Rentabilität so erhöht, dass hohe Millionenbeträge an den Senat abgegeben werden konnten. Ein gutes Argument für Hamburgs Finanzsenatoren, von einem Verkauf abzusehen.
Die Zeche für diese neue Politik zahlen jetzt die Mieter. Die Arbeitsgemeinschaft (AG) Mieten des Netzwerks "Recht auf Stadt" will deshalb die Bewohner von Saga-Wohnungen zusammenbringen. Mehr als 10 000 Mieter wurden angeschrieben und für Donnerstag, 25. März, um 19 Uhr ins Centro Sociale (Sternstraße 2) eingeladen, um gemeinsam gegen die veränderte Politik vorzugehen. Die AG fordert die Rücknahme der Mieterhöhung, die Investition der Gewinne dort, wo sie erwirtschaftet werden - also in den Wohnungsbau und -erhalt - sowie ein Mitspracherecht der Mieter im Aufsichtsrat der Saga/GWG. Andy Grote betont, vor allem in einer Wohnungskrise müsse das städtische Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen und deutlich mehr Wohnungen, vor allem Sozialwohnungen, bauen. Tatsächlich geht der Senat aber davon aus, dass der Gesamtbestand an Sozialwohnungen von derzeit 101 371 in den kommenden zehn Jahren auf unter 60 000 zurückgehen wird. Der Bestand der Sozialwohnungen bei Saga/GWG ging von 70 556 in 2001 auf 53 366 in 2009 zurück.